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Der Domino-Killer

Der Domino-Killer

Titel: Der Domino-Killer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kate Pepper
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sagte ich, dabei wussten wir beide, dass ich ihr nichts dergleichen versprechen konnte.
    Andrea starrte nur die Wand an, während sie gemeinsam mit David weinte, bis ich aufgab und das Zimmer verließ.
    Jon war in der Küche, und als ich hereinkam, redete er mit einem Detective, den ich nicht kannte. Der Mann machte sich Notizen über Susanna: wie sie aussah, was sie an diesem Tag angehabt hatte, welche Spielsachen sie am liebsten mochte, wie sie sich in schwierigen Situationen verhielt. Während einer kurzen Gesprächspause stellte ich mich vor und erfuhr, dass er neu bei der SOKO war. Als er meinen Namen hörte, starrte er mich kurz an, bevor er schnell wieder wegschaute. Er war klug genug, nicht auch noch laut auszusprechen, dass er ganz offensichtlich über mich Bescheid wusste. Stattdessen stellte er sich nun seinerseits als Detective Gerry Mober vor, dann redete er weiter mit Jon.
    Ich ließ die beiden allein und kam mir dumm und nutzlos vor. Hier brauchte mich niemand; ich war nur im Weg und erinnerte alle genau daran, woran keiner denken wollte – nämlich auf welch schreckliche Art diese Entführung enden konnte. Ich ging wieder nach draußen – war dankbar für die gnadenlose Hitze –, überquerte den Rasen und lief an Kelly vorbei, wobei ich spürte, wie sie mich die ganze Zeit beobachtete. Ich hielt den Blick gesenkt. Im Augenblick wollte ich mit niemandem reden, konnte nicht ertragen, dass alle mich ansahen, weil hier jeder meine Geschichte kannte. Alle wussten, dass ich durch meinen ehemaligen Beruf und meine eigene Tragödie dieses Unglück über die Familie meines Bruders gebracht hatte. Seine unschuldige Familie. Ich hatte das Monster angefüttert, sodass es wieder Hunger bekam, und jetzt war es nicht einmal mehr allein. Machte es da einen Unterschied, dass ich Jon und seine Familie mehr liebte als mein eigenes Leben? Wohl kaum. Susanna war verschwunden, und das war meine Schuld. Alles andere spielte keine Rolle. Ich hätte leichten Herzens mein Leben für das von Susanna gegeben, wenn das nur möglich gewesen wäre. Ich hätte wirklich alles dafür getan, um sie zu uns zurückzubringen. Die Frage war nur, wie. Nie zuvor hatte ich mich so hilflos und schuldig gefühlt. Ich glaubte zu spüren, wie alles mich vorwurfsvoll anstarrte … ich hob den Kopf und sah mich um, obwohl ich Angst hatte, zur Salzsäule zu erstarren, nur weil ich es wagte, überhaupt noch am Leben zu sein. Tatsächlich aber beachtete mich niemand. Erleichtert stellte ich fest, dass ich mit meinen Gedanken und Gefühlen ganz allein war. Ich verdrängte mein schlechtes Gewissen, konzentrierte mich, bekam den Kopf frei und ging los, um in der Nachbarschaft nach Susanna zu suchen.
    Häuser. Vorgärten. Straßen. Autos, die vorüberfuhren. Und überall Menschen, die nach Susanna riefen. Die in jede Ecke und jeden Winkel schauten. Während aus Minuten Stunden wurden und die Stunden den Tag zur Nacht machten, gaben wir noch immer nicht auf: Hunderte Menschen waren in der ganzen Gegend an der Suche beteiligt. Da man auch aus großer Entfernung Kellys Megaphon hören konnte, musste niemand erst zum Haus zurückgehen, um mitzubekommen, dass alle Anstrengungen nichts ergeben hatten.
    Als ich wieder zum Haus zurückkam, war es dunkel. Auf der Straße hatte eine ganze Kompanie von Journalisten Stellung bezogen: fünf Ü-Wagen mit Satellitenschüsseln, Reporter, die jedem Gesprächsbereiten ein Mikrophon unter die Nase hielten, Scheinwerfer, die die Vorderseite des Hauses in grelles grünliches Licht tauchten. Aufgrund der Berichterstattung hatten sich neue Freiwillige eingefunden, die noch frisch und voller Tatkraft waren. Als ich mich beim letzten Mal einem ähnlichen Szenario gegenübergesehen hatte, war ich im Haus gewesen – in meinem Haus – und hatte um meinen Mann und mein Kind getrauert. Ich holte tief Luft, ging über den Rasen und wiederholte immer wieder: «Kein Kommentar», während ich mit Kameras und Mikrophonen verfolgt wurde. Endlich hatte ich die Eingangstür erreicht und wartete darauf, dass mir drinnen jemand öffnete.
    Schließlich kam durch einen Spalt das Gesicht meiner Mutter zum Vorschein. Sie zog mich zu sich hinein. Detective Mober hatte den Esszimmertisch zum Schreibtisch umfunktioniert, saß über einen Block gebeugt da und machte sich Notizen, während er telefonierte. Neben dem Block ein leerer Becher und eine Serviette mit Krümeln darauf. Mein Vater saß ihm gegenüber, mit seinem eigenen leeren Becher in

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