Der Domino-Killer
seiner Nähe hatte, jetzt neben der Wiege auf dem Boden.
Die Wiege selbst … leer.
Und wie das Wasser Andrea an den Armen herunterlief, als sie einen kleinen Pinguin aus der Wanne holte.
Nein, keinen Pinguin. Ein befracktes … Baby . Schlaff. Bewegungslos. Tropfend. Im selben Moment, als ich den Strampler wiedererkannte, den David den ganzen Tag getragen hatte, meinte ich, ihn darin stecken zu sehen. Andrea musste es genauso gegangen sein – nach dem ersten Schock allerdings merkten wir, dass es bloß eine Puppe war, die Davids Sachen trug.
« Wo ist er? », fragte Andrea uns alle, die ihrem Schrei folgend in die Küche gerannt waren: mich, Mac, Jon und einige der Gäste. « Wo ist David? »
«Er ist bei mir!», hörten wir die Stimme meiner Mutter, noch bevor sie hereinkam. David wand sich, in eine grüne Decke gewickelt, auf ihrem Arm. «Seine Windel war nass, und da habe ich ihn frisch gewickelt. Wer hat denn der Puppe seinen Strampler angezogen?»
Andrea nahm David und wiegte ihn sanft. Ihr war das Ganze offensichtlich peinlich. «Tut mir leid», sagte sie. «Ich wollte euch keinen unnötigen Schrecken einjagen. Aber ich dachte schon …» Sie verstummte, als sie Macs Gesichtsausdruck bemerkte. Ihm war das Wechselbad seiner Gefühle deutlich anzusehen: seine Überraschung, als er noch etwas anderes in der Wanne entdeckte; die Neugier, mit der er sich ihr näherte, um einen Blick darauf zu werfen; dann die Anspannung, während er sich hinhockte und den Arm ins Wasser steckte; schließlich Bestürzung, als er zwei allzu bekannte schwarze Plättchen herausholte, die mit weißen Punkten bedruckt waren.
Dominos. Zwei Stück, drei Zahlen: vier, zwei, eins.
Sie glänzten feucht auf Macs Handfläche.
«Soll das etwa ein Scherz sein?» Jon trat an Macs Seite und musterte die beiden Spielsteine. «Das gibt es doch nicht, verdammt nochmal!»
Familie und Gäste murmelten durcheinander. Wenn das mit den Dominos und der Puppe tatsächlich jemand witzig gefunden haben sollte, war er jetzt jedenfalls nicht bereit, es zuzugeben. Mein Instinkt sagte mir, dass es kein Scherz war; ich konnte mir nicht vorstellen, dass einer von uns hier auf der Party zu einer solchen Gemeinheit in der Lage gewesen wäre.
Mac schaute mich an; ohne dass er es aussprechen musste, wusste ich, was er dachte. «Er sitzt im Gefängnis», sagte ich. «Das ist unmöglich.» Aber ein schreckliches Grauen ergriff von mir Besitz.
Mac wischte sich die Hände vorn an der Jeans ab und drückte dann mit dem Daumen die Kurzwahl für Alan, seinen Partner. Eine Minute später durften wir sicher sein, dass Martin Price sich noch immer da befand, wo wir ihn vermuteten: im Staatsgefängnis von New Jersey, in Trenton.
Im Kopf spielte ich die verschiedenen Zahlenkombinationen durch: vier, zwei, eins, zwei, vier, eins, zwei, vier, zwei, vier, eins …
«Zwei vier eins», sagte ich und starrte Mac an, der es offensichtlich auch begriff. «2 4 1. Two for one . Zwei zum Preis von einem .» Und dann sah ich mich suchend in der Küche um. Alle waren verstummt.
Wo steckte sie?
Durchs Fenster sah ich ein paar Kinder, die in der Hüpfburg herumsprangen: drei Jungen und ein kleines Mädchen, das aber nicht meine Nichte war.
«Wo ist Susanna?», fragte ich.
Mac stopfte die Dominos in seine Hosentasche. «Los, macht euch alle auf die Suche!»
Einen Moment lang wurde mir schwindelig, als die Bilder wieder auf mich einstürzten: wie der große Zeiger der Uhr eine weitere Minute vorrückte; das Durcheinander, als alle begannen, Haus und Garten abzusuchen; wie ein Vater sein Kind scharf zurechtwies, weil es nun im denkbar ungünstigsten Moment seine ungeteilte Aufmerksamkeit forderte. Ich schloss die Augen, holte Luft und ging dann hinüber zu der vor Schreck versteinerten Andrea, um sie zu trösten. Ich strich über Davids weiches Haar, wunderbar warm fühlte es sich an. Er schmiegte sich gegen den Hals seiner Mutter, und sie hielt ihn ganz fest. Diese entsetzte, aber gleichzeitig ungläubige Miene: So hatte ich sie schon einmal gesehen, damals im Krankenhaus, als sie gerade erfahren hatte, dass JPP Susanna ins Visier genommen hatte und entweder jetzt schon Jagd auf sie machte oder etwas Schreckliches an ihrem Geburtstag plante.
«Ich begreife das nicht», flüsterte Andrea mit zitternder Stimme.
«Ich auch nicht», sagte ich, was allerdings nicht ganz der Wahrheit entsprach. Falls Susanna nicht bald gefunden wurde, blieben zwei Möglichkeiten, und alle beide
Weitere Kostenlose Bücher