Der Domino-Killer
also einmal an, diese Person wäre tatsächlich eine Frau», sagte ich. «Wenn sie wirklich seine Komplizin ist, muss sie eine Verbindung zum Gefängnis haben, was meinst du? Das würde erklären, wie es JPP zweimal gelungen ist zu fliehen. Und um es noch konkreter zu formulieren, sie muss etwas mit den Staatsgefängnissen von New Jersey zu tun haben.»
«Oder sie hat eine Verbindung zu jemandem mit Verbindung zu den Gefängnissen. Oder eine Verbindung zu jemandem, der eine Verbindung hat zu jemandem mit einer Verbindung …»
«Mac! Hör auf.»
«Entschuldigung, das ist einfach alles so frustrierend. Die SOKO untersucht diese Möglichkeit bereits; sie klappern die gesamte Liste telefonisch ab, aber bisher hatte jede weibliche Angestellte der Gefängnisse ein solides Alibi für den 4. Juli. Grillen. Feuerwerk. Haben alle fröhlich gefeiert.»
Wie er das sagte: Jedes seiner Worte klang schrecklich zynisch. Als ob Frohsinn und Feiern an sich nun etwas Undenkbares geworden wären. Nicht, dass ich anders empfand; trotzdem tat es mir weh, ihn so reden zu hören.
«Mac …»
Er schüttelte den Kopf, als wollte er den Pessimismus abschütteln, der früher oder später jeden Polizisten heimsuchte. «Wie wäre es mit einem Kaffee? Ich könnte einen gebrauchen.» Er stand auf und ging zur Tür. Ich erhob mich ebenfalls, aber bevor er die Klinke herunterdrücken konnte, legte ich ihm eine Hand auf den Arm und hielt ihn davon ab.
«Ich habe darüber nachgedacht, worüber wir uns vorhin unterhalten haben, und ich glaube nicht, dass uns etwas anderes übrig bleibt.» Wir hatten überlegt, ob wir Martin Price noch ein zweites Mal verhören sollten, die Idee dann aber verworfen. Die Überprüfung unserer verschiedenen Theorien würde viel Zeit kosten, also sollten wir die nicht mit einem Mann verschwenden, der bekanntermaßen gerne Spielchen spielte. Doch angesichts des knappen Materials der Videokameras und ohne jeden Hinweis auf Susannas Verbleiben kamen wir einfach nicht mehr weiter. Wir saßen fest und das tat weh . Wenn wir besser einschätzen konnten, ob seine Geschichte mit dem Komplizen wirklich stimmte, erhöhte das vielleicht unsere Chancen darauf, den Täter zu finden.
Mac nickte. «Mal sehen, ob wir etwas aus ihm herausbekommen.»
Sobald wir die technische Abteilung verließen und auf den Flur hinaustraten, schallte uns schon das Klingeln zahlloser Telefone entgegen. Alles besorgte Bürger, die auf die öffentlichen Suchaufrufe reagierten. In Situationen wie diesen war die Polizei in erster Linie damit beschäftigt, Hinweise zu sammeln. Wir gingen am Konferenzraum vorbei, in dem die personell erstarkte SOKO angestrengt arbeitete. Durch die Glaswand konnten wir die Kollegen zwar sehen, aber nicht hören: Alan, müde und in zerknautschen Sachen, gestikulierte in Richtung des FBI-Verbindungsmanns. Dabei stand er vor einer abwaschbaren Tafel, auf der Zahlen aufgelistet waren, während ein Dutzend anderer sowohl weiblicher als auch männlicher Detectives vor dem Computer oder am Telefon hing. Ein weiteres Dutzend war zurzeit draußen unterwegs.
In der winzigen Küche am Ende des Flurs lief gerade der Kaffee durch. Wir stellten uns vor die Maschine und warteten.
«Wenn du mit JPP redest», sagte ich, «denk immer daran, dass er mit dir spielt. Geh ihm nicht auf den Leim. Du darfst dabei nicht an mich oder Jackson oder Cece oder die Aldermans oder so etwas denken. Stell ihm nur einfach deine Fragen.»
«Glaubst du wirklich, dass du mir das extra nochmal sagen musst? Wenn ich daran denken würde, kämen wir nicht zum Reden – dann würde ich den Kerl mit bloßen Händen umbringen.»
Der Kaffee war so heiß, dass ich mir die Zunge verbrannte. Aber er tat gut: machte uns wieder wach. Mac ging direkt an die Arbeit, stellte sofort einen Eilantrag auf ein Verhör mit Martin Price. Innerhalb einer Stunde erhielten wir Bescheid: Der Gefangene sei nun zu einer Stellungnahme bereit, allerdings wolle er immer noch nicht mit Mac oder irgendjemand anderem von der Polizei sprechen.
Er sei ausschließlich bereit, mit mir zu reden.
Als ich aus der Damentoilette kam, reichte Mac mir ein Kaugummi. Pfefferminzgeschmack. Ich packte es aus und schob mir den Streifen in den Mund, um den üblen Geschmack darin zu vertreiben. Ich hatte mich gerade schon zum zweiten Mal übergeben müssen, seit wir das Revier verlassen hatten. Vor der Toilette stand eine Gefängniswärterin – eine magere Frau in blauer Uniform mit roten flachen
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