Der Dominoeffekt
ich gebe mir Mühe, mich wieder zu ändern, okay?«
Ulli nickte stumm.
Sie legte ihre Wange auf seinen Rücken und ließ ihre Hände sanft nach unten gleiten. Als sie die Leistengegend ihres Verlobten erreichte, wollten ihre Finger einen winzigen Moment zurückzucken, doch das ging sofort vorbei. Gleichzeitig drückte sie sich noch enger an ihn.
Zander atmete bereits heftiger, mit geschlossenen Augen legte er den Kopf in den Nacken und genoss ihre Berührungen.
»Gefällt dir das?«, flüsterte Katharina.
»Und wie.«
»Dann warte ab… es kommt noch viel besser.«
5
»Na los, du Luder, beweg deine Karre endlich aus dem Weg, woll!«, fluchte Peter Marohn und knüppelte den Schalthebel zurück in den ersten Gang. Der Smart vor ihm hoppelte ungelenk in eine Parklücke, in der ohne weiteres auch ein Siebeneinhalbtonner Platz gefunden hätte, und machte die Straße frei.
Marohn trat das Gaspedal durch, sein SLK-Cabriolet schoss nach vorn und spießte fast einen der unzähligen Fahrradfahrer auf. In Münster Auto zu fahren war kein Spaß.
Der grobschlächtige Mann hinter dem Lenkrad fluchte wieder und fuhr nun gesitteter an. Er war sowieso schon zwanzig Minuten zu spät, auf ein paar Minuten mehr kam es eigentlich auch nicht mehr an.
Langsam näherte er sich der Neubrückenstraße, in der Nähe der St.-Martin-Kirche fand er sogar einen legalen Parkplatz. Bis zu dem Café, in dem er garantiert schon erwartet wurde, war es nicht mehr weit.
Schwitzend schob er seine fast drei Zentner durch die Eingangstür des Lokals und sah sich um. Sax hatte sich bestimmt einen Tisch im hinteren Bereich gesucht. Richtig, in der Nähe der Toiletteneingänge erkannte Marohn die Umrisse seines Kumpels.
»Wird aber auch langsam Zeit«, maulte Werner Sax, als sich Marohn mit einem knappen Kopfnicken zu ihm an den Tisch hockte. »Ich warte schon eine geschlagene halbe Stunde.«
»Auf der 43 war ein Unfall«, gab Marohn zurück. »Außerdem kommt man in diesem Scheißkaff nicht richtig vorwärts. Hättest ja einen anderen Treffpunkt vorschlagen können.«
Demonstrativ sah sich Sax um. Das Durchschnittsalter der Gäste in dem Café lag bei Mitte zwanzig, die beiden Mittvierziger eingerechnet. »Hier hört wenigstens keiner mit«, meinte Sax und schob Marohn die Getränkekarte zu. »Ich warne dich, nimm bloß nicht den Kaffee. So was Erbärmliches hab ich noch nie getrunken.«
»Hatte ich eh nicht vor«, murmelte Marohn und studierte das Angebot. Am verlockendsten erschien ihm ein Cocktail, aber Sax hätte ihn gevierteilt. Bei Alkohol und Auto fahren verstand sein Boss keinen Spaß.
Als sich die Bedienung mit ihrem Tablett vor ihnen aufbaute, hefteten sich ihre Blicke auf Marohns tätowierte und muskelbepackte Oberarme – ein beeindruckender Anblick.
»Was darf ich Ihnen bringen?«, flötete die junge Frau.
»Ist der Orangensaft frisch gepresst? Oder aus der Tüte?«
»Frisch natürlich.«
»Dann nehme ich einen«, meinte Marohn und starrte der Kellnerin unverhohlen auf die Brust. Die Kleine war niedlich, aber die Klamotten ließen Marohn auf Studentin schließen: entweder Philosophie, Politik oder so ein Scheiß wie Ernährungswissenschaften.
»Gerne«, gab die Kellnerin sichtlich kühler zurück. »Möchten Sie auch noch etwas?«
Sax winkte ab.
»Geile Schlampe«, grinste Marohn, als die Männer wieder ungestört waren. »Aufm Strich oder beim Table-Dance könnte die richtig Kohle machen, woll.«
Sax verzog das Gesicht. Das kurze, lediglich aus vier Buchstaben bestehende Anhängsel, das Marohn in schöner Regelmäßigkeit an die Enden seiner Sätze anzuhängen pflegte, traf ihn regelmäßig bis ins Mark. Aber diesen, durch die westfälische Herkunft bedingten Geburtsfehler musste er seinem Kumpel wohl zugestehen. »Tu mir einen Gefallen und lass deinen Schwanz so lange in Urlaub, bis wir fertig sind.«
»Ich mein ja nur…«
»Schnauze«, befahl Sax. »Ist für heute Abend alles klar?«
Marohn nickte. »Sicher. Hab vorhin noch mal mit Juri telefoniert, ist alles vorbereitet.«
»Die Jungs wissen, was sie besorgen sollen?«
»Werner, mach dir keinen Kopp. Ist nicht der erste Bruch dieser Art, woll.«
»Immerhin soll die Lieferung an den Schweizer gehen. Du weißt, wie nervig der manchmal sein kann.«
»Aber er zahlt gut.«
Die vielleicht angehende Ökotrophologin brachte Marohn den Orangensaft und stellte das Glas wortlos auf den Tisch. Zügig machte sie dann auf dem Absatz kehrt, um sich nicht
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