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Der Dorfpfarrer (German Edition)

Der Dorfpfarrer (German Edition)

Titel: Der Dorfpfarrer (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Honoré de Balzac
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Familie gebildeten Gruppe ausging, und in welcher der junge Priester an diesem Uebermaße von Herzeleid die Familie Tascheron erkannte, ohne sie jemals gesehen zu haben. Zuerst waren da gegen die Wand geschmiegt zwei greise, mindestens siebzigjährige Leute mit tieffaltigen und unbeweglichen Gesichtern, die wie Florentiner Bronzen gebräunt waren. Die beiden Personen, stoisch aufrechtstehend wie Statuen in ihren alten geflickten Gewändern, mußten des Verurteilten Großvater und Großmutter sein. Ihre roten und glasigen Augen schienen Blut zu weinen, ihre Arme zitterten so sehr, daß die Stöcke, auf die sie sich stützten, ein leises Geräusch auf den Fliesen vollführten. Bei ihnen zerflossen Vater und Mutter, das Gesicht in ihren Taschentüchern verborgen, in Tränen. Um diese vier Familienhäupter scharten sich kniend zwei verheiratete Töchter mit ihren Ehemännern. Fünf kniende kleine Kinder, deren ältestes kaum sieben Jahre alt war, verstanden zweifelsohne nicht, worum es sich handelte, sie blickten umher, hörten mit der anscheinend stumpfen Neugierde zu, welche dem Bauern eigentümlich, aber die bis zur äußersten Spitze getriebene Beobachtung der physischen Dinge ist. Endlich die auf das Verlangen der Justiz eingekerkerte arme Tochter, die zuletzt gekommene, jene Denise, eine Märtyrerin ihrer Bruderliebe, lauschte mit einer Miene, die Verwirrung und Ungläubigkeit zugleich ausdrückt. Wunderbar stellte sie jene der drei Marien dar, die nicht an Christi Tod glaubt, obwohl sie den Todeskampf mit erleidet. Bleich, mit trocknen Augen, wie die von Leuten, die viel gewacht haben, hatte ihre Frische weniger durch die ländlichen Arbeiten als durch den Kummer gelitten; aber sie besaß noch die Schönheit der Landmädchen, derbe und volle Formen, schöne rote Arme, ein ganz rundes Gesicht und klare Augen, die in diesem Augenblick vom Blitze der Verzweiflung entzündet waren. Unter dem Halse zeigte ein festes und weißes Fleisch, das die Sonne nicht gebräunt hatte, an mehreren Stellen eine reiche Hautfarbe und eine verborgene Weiße. Die beiden verheirateten Töchter weinten, ihre Männer, geduldige Landwirte, waren ernst. Die drei anderen Söhne hielten ihre Augen tieftraurig auf die Erde gesenkt. Auf diesem furchtbaren Gemälde der Ergebung und des hoffnungslosen Schmerzes zeigten Denise und ihre Mutter allein eine aufrührerische Farbe. Die anderen Bewohner nahmen teil an dem Kummer dieser respektablen Familie durch ein aufrichtiges und frommes Mitleid, das allen Gesichtern den gleichen Ausdruck verlieh, und der sich bis zum Entsetzen steigerte, als der Pfarrer durch seine Worte zu verstehen gab, daß in diesem Augenblicke das Messer auf den Kopf des jungen Mannes fiele, den alle kannten, hatten geboren werden sehen, und der Begehung eines Verbrechens gewißlich für unfähig gehalten hatten. Die Schluchzer, welche die einfache und kurze Ansprache unterbrachen, die der Priester an seine Pfarrkinder halten mußte, verstörten ihn derartig, daß er sofort aufhörte, indem er sie zu einem inbrünstigen Gebete aufforderte. Obwohl dies Schauspiel nicht solcher Natur war, einen Priester zu überraschen, war Gabriel de Rastignac doch zu jung, um nicht tief gerührt zu sein. Er hatte das Priesteramt noch nicht ausgeübt, wußte sich zu anderen Schicksalen berufen; er hatte nicht durch alle sozialen Breschen zu gehen, wo einem das Herz angesichts der Leiden, die sie anfüllen, blutet; seine Mission war die des hohen Klerus, der den Opfergeist unterstützt, die bedeutende Intelligenz der Kirche darstellt und bei glänzenden Gelegenheiten dieselben Tugenden auf größeren Schaubühnen entfaltet, wie die berühmten Bischöfe von Marseille und Meaux, wie die Erzbischöfe von Arles und Cambrai.
    Diese kleine Schar weinender Landleute, die für den beteten, den sie auf einem großen öffentlichem Platze hingerichtet zu werden wähnten, vor Tausenden von Leuten, die von allen Seiten herbeigeströmt waren, um die Todesstrafe durch eine ungeheure Schande noch zu vergrößern, dies schwache Gegengewicht von Sympathien und Gebeten, die dieser Menge wilder Neugierden und gerechter Verwünschungen entgegenstand, war solcherart, daß es, besonders in dieser armen Kirche, ihn rühren mußte. Abbé Gabriel fühlte sich versucht zu den Tascheron zu sagen: »Euer Sohn, euer Bruder hat einen Aufschub erhalten!« hatte aber Furcht, die Messe zu stören; überdies wußte er, daß diese Frist die Hinrichtung nicht verhindern würde.

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