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Der Drache am Himmel

Der Drache am Himmel

Titel: Der Drache am Himmel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Sommer
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voll unter den Lebenden. Aber meinetwegen. Ich sage Henry, dass du da bist. Kann aber auch sein, dass er schon schläft.«
    Barbara kam die Treppe herauf und klopfte vernehmlich an den Türrahmen. »Schläfst du schon, Henry?« Rief es und schloss die Tür hinter uns.
    »Ach, mein Lieber. Ich lass dich schlafen«, kicherte sie. »Leben und Tod stehen vor der Tür.« Wir umfingen uns und küssten uns zärtlich, bis sie sich mir entzog: »Also? Wie soll ich sie abwimmeln? Mit dem Bügeleisen oder lieber mit dem Feuerhaken?«
    Eisen, Feuer, Haken! Schwer zu erklären, aber in dieser Sekunde wusste ich, dass es um Aldo ging und darum, dass Shandar möglicherweise tatsächlich in Lebensgefahr schwebte. Ich eilte zur Tür.
    »Was ist denn los?«, rief Barbara. »Du willst Réa doch nicht etwa …«
    Ich erklärte ihr hastig, dass es wirklich um Leben und Tod ging.
    »Dass du ständig für Hinz und Kunz zur Verfügung stehst, macht mich ganz fertig«, empörte sie sich.
    »Vertrau mir!«
    »Das tue ich doch. Außerdem steht Réa ja eh auf Neger.« Barbara war stinkwütend und ich verfluchte mich wieder einmal dafür, dass ich sie mit meinem Experiment derart hinters Licht führte. Einige Male war ich versucht gewesen, sie zumindest teilweise einzuweihen. Dafür sei es aber längst zu spät, hatte mir die Meisterin erklärt, und teilweises Vertrauen gebe es nicht. Aber ich begann mich vor dem Ende meines Gastspiels zu fürchten. Barbara würde zweifellos zu den Leidtragenden gehören.
    Meine Frau löste die Spannung auf. Wenn überhaupt, sei sie wegen der Dame dort unten erbost und das mit dem Neger sei natürlich ein dummer Ausrutscher gewesen. »Nun geh schon. Bin ja durchaus geschmeichelt, dass du als Held so gefragt bist. Ich verzieh mich ins Bett. Ach, Henry, ich liebe dich. Und vielleicht ist es ja wirklich etwas Ernstes. Glücklich hat Réa jedenfalls nicht dreingeschaut.«
    Réa und ich, Wohnzimmer. Réa sprach von Zufällen, die keine sein konnten.
    Vor drei Tagen ist Shandar bei ihr eingezogen. Ihre vorgestrige Nacht ist in den frühen Morgenstunden von einem Anruf gestört worden. Eine Männerstimme erkundigt sich, ob sie ihr Flüchtlingsheim im Griff habe. Dazu im Hintergrund ein fauchendes Geräusch. Shandar schläft und bekommt nichts mit. Sie horcht, der Anrufer schweigt, nur das Fauchen hält an, bis die Verbindung unterbrochen wird. Obwohl Réa aufgewühlt ist, weckt sie Shandar nicht. Sie sucht nach einer Erklärung. Es kann eine rassistische Attacke sein, aber das scheint ihr wenig plausibel. Das Geräusch geht ihr nicht aus dem Sinn. Unbehagen wird zu Angst. Was kann das bloß gewesen sein? Eine Pumpe vielleicht? Irgendwie aber auch tierischer. Das Telefon klingelt ein zweites Mal. Réa nimmt nicht ab, geht aber und weckt Shandar. Der reagiert seltsam. Zuerst will er ihr einreden, sie habe sich das Klingeln nur eingebildet. Als sie ihm das fauchende Geräusch beschreibt, reagiert er panisch. Schießt hoch und in die Kleider und tigert durchs Zimmer, erklärt sich nicht. Kein dritter Anruf.
    Schließlich beruhigt sich Shandar und legt sich wieder neben sie. Allerdings behält er die Kleider an. Sie spürt seine Unruhe. Kann lange nicht einschlafen. Sie hat immer noch das Fauchen im Ohr. Als sie aufwacht, ist es schon hell. Shandar nicht mehr da. Er hat ihr keine Nachricht hinterlassen. Sie ruft ihn auf dem Handy an. Es klingelt bei ihr im Flur. Dort liegt es unter einer Zeitung. Lange hält sie es in der Hand, beschämt, dass sie mit dem Gedanken gespielt hat, seine Kontakte zu checken. In diesem Augenblick summt die Sprechanlage. Nach einer Schrecksekunde antwortet sie. Es ist der Postbote. Sie lässt ihn ins Haus. Dass er mit strahlender Laune die Treppe hochsteigt, bringt sie vollends aus dem Gleichgewicht … Ein Brief, eingeschrieben. Sie quittiert den Empfang, der Postbote geht, sie liest. Loretan fordert sie ultimativ auf, die ihr zur Verfügung gestellten Büros zu räumen. Das »Verhalten gewisser Kreise in Ihrem Umfeld« sei untragbar. Besonders verletzt sie, dass Loretan sie siezt. Unwillkürlich greift sie wieder nach Shandars Handy, klickt sich durch die eingegangenen Anrufe und hört die Mailbox ab. Drei neue Nachrichten. Die zweite ist Schweigen, deutlich vernehmbar nur das Fauchen. Plötzlich empfindet Réa eine Riesenwut auf Shandar. Was fällt ihm ein, mitten in der Nacht zu verschwinden und sie so ungeschützt allein zu lassen. Sie fährt mit dem Fahrrad ins Atelier, kann aber nicht

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