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Der Drache am Himmel

Der Drache am Himmel

Titel: Der Drache am Himmel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Sommer
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auch für mich gezahlt?«
    Im ersten Moment begriff Rosa nicht, worauf Severin hinauswollte »Wer? Wer soll was bezahlt haben? Was meinst du?«, rief sie.
    In der Stille, die folgte, fiel es ihr ein. Severin spielte auf die Affäre im Internat an, aber das war doch unmöglich. Niemand außer ihr wusste von der Zahlung, mit der Salvatore die Dummheiten der beiden Halbstarken à la Bellini aus der Welt geschafft hatte. Sie selbst hatte es erst im Nachhinein erfahren – von Salvatore selbst, der mit den nächtlichen Eskapaden der beiden geprahlt hatte, ganz der stolze Vater, der seine Söhne auf dem rechten Weg sieht: »Über die Stränge zu schlagen, das will auch geübt sein.« Das hatte Salvatore tatsächlich gesagt.
    Rosa sitzt wie gelähmt und hört ihn wie damals. »Ein Mann muss sich auf der Pirsch bewähren!« Blödsinn , schreit sie. »Unser Severin ist ebenso wenig angepasst, wie ich es war. Man wird ihn respektieren.« Schwachsinn, empört sie sich. »Severin ist ein lautloser Einzelkämpfer.« Du bist krank im Kopf, schleudert sie ihm entgegen. Und dann geschieht es. Salvatores unsäglichen Spruch »Severin wird sich die Nacht unterwerfen wie ein Mann« kontert sie mit einer Ohrfeige. Die einzige Ohrfeige, die sie je ausgeteilt hat, galt Salvatore. Rosa seufzte, weil die Erinnerung übermächtig war. Gleich darauf hatte Salvatore ihr verraten, was Severin auf unanständigen Alleingängen getrieben hatte. »Woher weißt du das alles?«, hatte sie atemlos gefragt.
    Severin war jäh aufgestanden. Rosa erschrak derart, dass ihr ein weiteres Mal die Frage entfuhr: »Woher weißt du das alles?«
    »Von Aldo. Der Alte hat für uns beide gezahlt. Für Kind und Kegel, sozusagen. Mutter, das ist doch alles Wahnsinn!« Severin sank auf die Kirchenbank zurück. Lange blieb sein Gesicht starr. Einmal mehr schnellte seine Zunge hervor und befeuchtete die Lippen, aber er sagte nichts. Dafür verengten sich seine Augen langsam zu Schlitzen, bis sie sich ganz geschlossen hatten. Dann war nichts mehr. Regungslos seine Miene. Die Brust ohne Bewegung. Keine Anzeichen dafür, dass er atmete. Rosa starrte ihm auf die Hemdbrust. Der Stoff müsste sich doch etwas spannen, für einen Atemzug wenigstens – das Hemd straffte sich ein wenig und Severin schlug die Augen auf. Öffnete den Mund gerade so weit, dass es für ein Nuscheln reichte. »Man ist doch etwas überrascht … Stimmt das wirklich, Rosa? Mutter, das ist doch nicht die Wahrheit!«
    Und Rosa schauderte, weil sie die Versuchung spürte, ihr Geständnis jetzt gleich und für immer zurückzuziehen. Sie stand auf. Packte die Gasleuchte. Schob sich im schmalen Zwischenraum der Bänke zu ihrem Sohn und sagte bestimmt: »Zeig mir, wie die Maske funktioniert.«
    Er blickte hoch: »Du bist ja völlig übergeschnappt.«
    »Zeig es mir, Severin.«
    Er sprang auf. »Deine Hirngespinste immer! Aber jetzt gehst du wirklich zu weit!«
    Sie schrie ihn an: »Ich gehe meinen Weg, nur das. Wie du mit deiner Schuld umgehst, ist deine Sache. Den anderen hole ich raus. Nimm es als meine Abbitte. Das ist mein Ablasshandel, ganz mit mir allein. Ich war dir eine schlechte Mutter. Ich habe dich betrogen. Also lass mich. Das tue ich für mich. Und dir schadet es nicht.«
    Severin wich entgeistert zurück: »Warum in Teufels Namen bist du dir so sicher, dass ich …?«
    Rosa wurde laut: »Ich will es dir sagen: wegen Salvatore! Er hatte immer seine Spezis im Einsatz. Kontrolle war ihm alles. Die Verdächtigungen seitens der Internatsleitung genügten ihm nicht. Er wollte es genau wissen. Also setzte er damals einen seiner Männer auf dich und Aldo an. Der hat euch wochenlang beschattet. Ganz besonders dich, Severin. Und glaub ja nicht, dass Salvatore entsetzt war, als die Wahrheit zutage kam. Ganz im Gegenteil. Deine Eskapaden faszinierten ihn. Du warst eben auch ein Nachtmensch, genau wie er. So war das. Er wusste, was du damals in Pully getrieben hast. Und hat dafür gesorgt, dass auch ich es erfuhr.«
    Severin keuchte: »Damals! Das ist zwanzig und mehr Jahre her!«
    Rosa packte ihn an den Schultern: »Sei ein einziges Mal Salvatores Sohn. Vergiss deine Vorsicht und deine Scham! In die Kapelle ging ich, weil ich eine Vermutung hatte. Aus der Kapelle kam ich mit bitterer Gewissheit. Es gibt nichts zu verstecken. Jetzt gehen wir beide hin.«
    Rosa schob ihn beiseite und machte sich auf den Weg durchs Kirchenschiff und sah sich auch nicht um, als sie die Wendeltreppe erreichte. Ihr Herz tat weh

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