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Der Drache am Himmel

Der Drache am Himmel

Titel: Der Drache am Himmel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Sommer
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iese Fluggesellschaft verschlampe jeden Start, ließ mich meine schwarze Sitznachbarin wissen, als die Maschine der Ghana International Airways mit fünfzig Minuten Verspätung abhob. Ich war müde, sie gesprächig und bester Laune. Sie setzte sich durch und wir hatten ein Gespräch, so bunt wie ihr Kleid: der Wechselkurs des Cedi, die ghanaischen Männer im Allgemeinen, Emmanuel Kotoka als Namensgeber des Airports in Accra, Moses Yeboah als sein Meuchelmörder und ob es Schwierigkeiten geben könnte, weil ich keine Bescheinigung über eine Gelbfieberimpfung vorweisen konnte. Ada, so hieß meine Sitznachbarin, beruhigte mich, auch diese Kontrolle würde »verlässlich verschlampt«. In der Abendsonne zogen wir über goldbraune Gebirgsketten, auf meinen Knien lag blütenweiß die Serviette, aber ich hatte keinen Appetit. Ada schon. Sie aß genießerisch und kam auf die ghanaischen Männer im Besonderen zu sprechen. Ihr waren wohl einige unerfreuliche Vertreter dieser Spezies begegnet.
    Ich hatte immer noch keine Ahnung, warum Aldo im Gefängnis saß, und daher auch keinen blassen Schimmer, was mich in Accra erwarten würde. Mein morgendlicher Gesprächspartner aus Marokko hatte wenig Verbürgtes gewusst, mir aber die Adressen eines Hotels und eines Anwaltes namens Aziz Akonnor zugesteckt. Und im Innenfutter meines Handkoffers steckten einige Bündel Dollarnoten. Der Eilbedürftigkeit wegen hatte ich mich direkt an Loretan gewandt, der alles vorbereitet und tapfer vermieden hatte, mich nach den Gründen zu fragen. Dafür wollte er mir aber auch nicht verraten, wie es ihm innerhalb von nur vier Stunden gelungen war, mir ein Visum zu beschaffen.
    Wir flogen jetzt durch nächtliche Dunkelheit. Ich verlangte nach einer Decke und versuchte, die schöne Ada mit ihrem verlässlich fließenden Englisch auf eine Gesprächspause vorzubereiten. Ich müsse etwas schlafen und zweifellos habe sie mit Männern ein gewisses Pech gehabt. Aldo fiel mir ein. Hatte auch er nur Pech gehabt? Steckte er bloß aufgrund unglückseliger Fügungen in Schwierigkeiten? Während sich meine Rücklehne senkte und ich mich in die Decke hüllte, bestätigte mir Ada ihr Liebespech. Es war bequem, erste Klasse, denn ich hatte nur noch diesen Platz buchen können. Ich vernahm noch Adas Dank für mein Verständnis und dämmerte weg. Unter meinen Lidern lieferten sich Reflexe und Lichtflecken einen flimmernden Kampf. Um ihn zu dämmen, presste ich die Augen noch fester zusammen, nur flimmerte jetzt plötzlich Liliths Gesicht vor mir. Sie blickte mich starr und ungeheuer ernsthaft an. Als ich ihren Blick wegpressen wollte, fingerte sie an meinen Lidern, um sie anzuheben. Es war aber nur der Kitzel aus der Luftdüse, die auf mein Gesicht gerichtet war. Liliths Blick verschwand, als der Kapitän leichte Turbulenzen ankündigte und ich aufschreckte. Vielleicht hatte ich mich verhört; ich döste wieder ein.
    Es war nur ein Halbschlaf, durch den der Marokkaner geisterte. Ich hatte erfahren, dass er persönliche Geschäftskontakte nach Ghana pflegte und dass er und Aldo in Accra gemeinsame Bekannte hatten. Aldo hatte ihn von einem Polizeiposten aus anrufen können, weil einer dieser Bekannten mit Charme und Geld interveniert hatte. Im Grunde wusste er nichts Genaues. Dafür erwähnte er viele Erinnerungen an Salvatore, le grand Salvatore , wie er ihn nannte. Dem wäre ein malheur dieser Art nie passiert. Beim Abschied hatte er mich herzhaft umarmt und mir geraten, großzügig zu sein: »Ein Scheinchen zu wenig ist manchmal tödlich.« Also stand es wohl ernst um Aldo.
    Ich musste eingeschlafen sein. Als mich eine Durchsage des Kapitäns weckte, lag Adas Hand auf meinem Bauch. » Some heavy turbulence «, flüsterte sie mir zu. Sie hatte sich ebenfalls hingelegt, ihr Gesicht berührte beinahe meine Schulter. Ich drehte mich weg und schlief weiter. Der Marokkaner verwandelte sich unversehens in meine Meisterin. Ihr ausdrucksloses Gesicht war von einer weißen Richterperücke eingefasst. Obwohl sie die Lippen nicht bewegte, vernahm ich ihre Stimme. Sie verlas einen Urteilsspruch. Er galt zweifellos mir. Nur deklamierte sie so wohlklingend und sprachgewandt, dass mir die Aussage zunächst entging. Erst nach und nach begriff ich, dass ich der teuflischen Verweigerung überführt sei. Ich hätte mich aus meiner Verantwortung gestohlen . Unbarmherzig sei, wie ich den Menschen alle Schuld aufbürde . Sie sprach von perfider Zertrümmerung eines ausbalancierten Systems,

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