Der Drache aus dem blauen Ei
Drachenbart aus.
Ein paar Tage vor dem großen Fest saß die ganze Familie ratlos am Abendbrottisch und aß ein wenig bedrückt Lasagne. Nur Lavundel hatte beste Laune. Er hatte sich zwischen zwei Kopfhörer gekuschelt und hörte zufrieden eine Kinder- CD . So bekam er nichts von den Gesprächen mit. Anja kam sich ein bisschen wie eine Verräterin vor. Denn am Tisch ging es an diesem Abend nur um ihn und um Anjas Party.
„Also, Kinder“, begann Mama schließlich. „Papa und ich haben lange darüber nachgedacht. Aber so leid es uns tut, wir können nicht erlauben, dass Lavundel bei Anjas Party dabei ist. Niemand darf wissen, dass es ihn gibt. Das ist uns ja wohl allen klar. Es ist schon schwierig genug, ihn an ganz normalen Tagen zu verstecken. Bei einer Feier wäre das unmöglich.“
Doch Anja war fest entschlossen, für Lavundel zu kämpfen.
„Aber Yasemin und ich haben uns etwas ausgedacht“, begann sie. „Keiner wird ihn sehen. Wir setzen Lavundel auf den Schirm der Wohnzimmerlampe. Yasemin hat das bei sich zu Hause mit einer Barbie getestet und es hat prima funktioniert. Yasemins Eltern habe die Barbie immer noch nicht entdeckt. Niemand schaut nach oben! Erst recht nicht, wenn unten gefeiert wird.“
Papa und Mama sahen zu der Lampe. Es war ein bauchiges Ding aus Korbgeflecht. Oma Traudels Weihnachtsgeschenk. Aber Papa schüttelte den Kopf. „Eine schöne Idee. Aber es geht trotzdem nicht.“
„Warum nicht?“, rief Anja. „Du glaubst doch nicht, dass Lavundel ruhig da oben sitzen bleibt?“, erwiderte Papa. „Und eine schaukelnde Lampe fällt jedem auf, glaub mir.“
„Er wird ganz still sitzen“, beharrte Anja.
„Aber er ist wie ein kleines Kind“, schaltete sich Mama ein. „Wenn er aufgeregt ist, kann er nun mal nicht stillhalten!“
„Genau! Er ist ja noch ein Baby“, mischte sich jetzt ausgerechnet Bo ein. Anja warf ihrem kleinen Bruder einen wütenden Blick zu. Kleiner Verräter! Klar, er wollte sich mal wieder bei ihren Eltern beliebt machen. Deshalb musste er raushängen lassen, dass er älter war und viel mehr durfte als Lavundel!
„Und wenn ich auf ihn aufpasse?“, fragte Alexander.
„Wie denn?“, fragte Papa. „Willst du den ganzen Tag unter der Lampe stehen?“
„Nein, aber ich verkleide mich als Pirat, der ein kleines Pulverfass mit sich herumträgt. Da bohre ein paar Gucklöcher rein und setze Lavundel hinein. Bei mir weiß er genau, dass er keinen Blödsinn machen darf.“
Anja begann zu strahlen. Sie hätte sich nicht getraut, den Drachen zwischen den Gästen herumzutragen, aber die Idee war toll!
„Ich weiß nicht“, murmelte Mama.
„Es ist doch unfair, wenn er nicht dabei sein darf!“, setzte Anja hinzu. „Wir können ihn doch nicht immer von allem fernhalten.“
„Doch“, sagte Papa mit einem Seufzer. „Das müssen wir sogar.“
Anja und Alexander wechselten einen empörten Blick. Das war ja wirklich das Letzte. Lavundel war doch kein Lupi, den man einfach in einer Schublade versenkte, wenn er einem nicht in den Kram passte!
„Er ist noch zu klein und zu unvorsichtig“, sagte Mama. „Er kann nicht stillhalten.“
Langsam wurde Anja wirklich wütend. Und da rutschte ihr ein ziemlich dummer Spruch heraus. „Dann ist Lavundel aber nicht der Einzige, der nicht stillhalten kann. Sperren wir doch am besten auch gleich Bo in sein Zimmer und verbieten ihm die Party.“
Baby-Bo verschluckte sich an seinem Saft und prustete einen orangefarbenen Sprühnebel über die Lasagne.
Alexander prustete auch los – aber nicht vor Schreck, sondern vor Lachen.
„Au ja!“, rief er. „Das ist die Lösung! Wir sperren Kürbiskopf im Keller ein und setzen dafür Lavundel den gelben Helm auf. Das fällt garantiert keinem auf!“
Anja war immer noch entrüstet, aber bei der Vorstellung musste sie plötzlich auch kichern.
„Nein!“, kreischte Bo.
„Ihr Großen hört sofort auf!“, befahl Mama streng.
Aber es war schon zu spät. Anja und Alexander lachten und hielten sich die Ohren zu. Denn Bo heulte jetzt und klang dabei wie eine Kreissäge.
„War doch nur ein Witz!“, rief Alexander. Jetzt wurde Bo erst recht stinksauer.
„Blödi!“, heulte er noch lauter und stieß aus lauter Wut absichtlich die Wasserflasche um! Es klirrte und das Wasser gluckerte auf die schöne Lasagne.
„Aufhören!“, donnerte Papa. „Alle drei!“
„Ich hab doch gar nichts gemacht!“, rief Alexander.
„Das mit der Flasche war Bo!“, rief Anja ebenso
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