Der Drachenbeinthron
Simon dachte, er sehe viel zu klein aus für das Gewicht, das auf ihm lastete.
Simon hatte gehofft, der Troll würde bei seiner Rückkehr vielleicht eine fette Holztaube oder etwas Ähnliches mitbringen. Doch er wurde enttäuscht.
»Tut mir leid, Simon«, meinte der kleine Mann, »aber wir hätten auch wenig davon gehabt. Mit nichts als nassem Gestrüpp ringsum hätten wir kein rauchloses Feuer machen können, und ich glaube, ein Feuer mit Rauchzeichen ist im Augenblick nicht günstig für uns. Iss ein Stück Trockenfisch.«
Der Fisch, schon recht knapp, war weder sättigend noch schmackhaft, aber Simon kaute missmutig auf seinem Stück herum: Wer wusste, wann er bei diesem unseligen Abenteuer das nächste Mal etwas zu essen bekommen würde?
»Ich habe nachgedacht, Simon. Deine Neuigkeit, ohne dass du daran schuld wärst, schmerzt mich. So bald nach dem Tod meines Meisters vom Ende des Doktors zu hören, eines so guten alten Mannes …« Binabik verstummte, bückte sich dann und fing an, seine Sachen wieder im Rucksack zu verstauen, nachdem er zuvor verschiedene Gegenstände aussortiert hatte.
»Das gehört dir – schau, ich habe es für dich aufbewahrt.« Er gab Simon die beiden vertrauten röhrenförmigen Bündel.
»Dieses hier …«, sagte Simon und nahm die Päckchen, »… nicht der Pfeil, sondern das da …«, er reichte es Binabik wieder hin, »… ist eine Schrift von Doktor Morgenes.«
»Wahrhaftig?« Binabik schob die Verpackung aus Lumpen an einer Ecke zurück. »Etwas, das uns hilft?«
»Ich glaube nicht«, antwortete Simon. »Es handelt von Leben und Regierung Johan Presbyters . Ich habe ein wenig darin gelesen – es geht hauptsächlich um Schlachten und solche Dinge.«
»Aha. Ja.« Binabik gab es Simon zurück, der es in den Gürtel schob. »Zu schade ist das. Wir könnten jetzt genauere Anweisungen von ihm brauchen.« Der Troll bückte sich und steckte weitere Gegenstände in seinen Rucksack. »Morgenes und Ookequk, mein Meister, die beiden gehörten zu einer ganz besonderen Gruppe.« Er holte etwas aus seinen Sachen und hielt es hoch, damit Simon es betrachten konnte. Im Licht des bedeckten Nachmittages glänzte es matt: ein Anhänger aus einer Schriftrolle und einem Federkiel.
»So etwas hatte Morgenes auch!«, sagte Simon und beugte sich näher.
»Jawohl.« Binabik nickte. »Dies hier gehörte meinem Meister. Es ist ein Siegel, das alle besitzen, die dem Bund der Schriftrolle beitreten. Er hat, sagte mein Meister, nie mehr als sieben Mitglieder. Dein und mein Meister sind tot, also können nur noch fünf übrig sein.« Er schloss die kleine Hand rasch über dem Anhänger und warf ihn in den Rucksack zurück.
»Der Bund der Schriftrolle?«, fragte Simon verwundert. »Was ist das?«
»Eine Gruppe von Gelehrten, die ihr Wissen miteinander teilen, habe ich meinen Meister sagen hören. Vielleicht noch mehr als das, aber darüber wollte er mir nie erzählen.« Der Troll war mit dem Packen fertig und richtete sich auf. »Es tut mir leid, Simon, das zu sagen, aber ich fürchte, wir müssen uns wieder auf den Weg machen.«
»Schon?« Bereits vergessene Schmerzen kehrten jäh in Simons Muskeln zurück.
»Mir scheint, es ist nötig. Wie ich erwähnte, habe ich mir viele Gedanken gemacht. Und dies ist es, was ich gedacht habe …« Erschraubte seinen Wanderstock fester zusammen und pfiff nach Qantaqa. »Erstens ist es meine Pflicht, dich nach Naglimund zu bringen. Daran hat sich nichts geändert; es war leider nur mein Entschluss, der ins Wanken geraten ist. Die Schwierigkeit liegt darin, dass ich der Frostmark nicht traue. Du hast die Bukken gesehen – wahrscheinlich wäre es dir auch lieber, ihnen nicht wieder zu begegnen. Aber wir müssen nach Norden. Ich denke darum, dass wir zum Aldheorte zurückgehen sollten.«
»Aber, Binabik, wie können wir dort sicherer sein? Was hindert diese Gräberwesen, uns in den Wald zu folgen, wo wir wahrscheinlich nicht einmal wegrennen können?«
»Eine gute Frage. Ich habe dir schon einmal vom Alten Herz erzählt – von seinem Alter und … und … mir fällt in deiner Sprache kein Wort dafür ein, aber ›Seele‹ und ›Geist‹ geben dir vielleicht einen Begriff von dem, was ich meine.
Die Bukken können unter dem alten Wald durch, aber es ist nicht leicht für sie. Es liegt Macht in den Wurzeln des Aldheorte, Macht, die solche … Geschöpfe … nicht leicht überwinden können. Außerdem lebt dort jemand, den ich sehen muss, jemand, der erfahren
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