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Der Drachenbeinthron

Der Drachenbeinthron

Titel: Der Drachenbeinthron Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams
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musst.«
    Malachias wurde puterrot. »Ich … mein Name ist nicht Malachias. Ich heiße … Marya.«
    »Aber Marya ist ein Mädchenname«, fing Simon an und verstummte beim Anblick von Geloës immer breiter werdendem Grinsen.
    »Ein Mädchen?« , fragte er lahm. Er schaute dem fremden Jungen ins Gesicht und erkannte es plötzlich als das, was es war. »Ein Mädchen«, brummte er und kam sich unsagbar dumm vor.
    Die Zauberfrau lächelte vergnügt. »Es war offensichtlich, mussich sagen – oder hätte es sein müssen. Sie hatte den Vorteil, mit einem Troll und einem Knaben zu reisen, an einem Tag rätselhafter, gefährlicher Abenteuer; aber ich habe ihr erklärt, dass sie die Täuschung nicht aufrechterhalten könne.«
    »Vor allem nicht den ganzen Weg bis Naglimund, und dorthin muss ich.« Marya rieb sich müde die Augen. »Ich muss Prinz Josua eine wichtige Botschaft von seiner Nichte Miriamel überbringen. Bitte fragt mich nicht, was es ist, denn ich darf es nicht sagen.«
    »Und was ist mit deiner Schwester?«, erkundigte sich Binabik.
    »Sie wird noch lange nicht reisen können.« Auch er schielte zu Marya hinüber, als wollte er herausfinden, wie er sich hatte täuschen lassen können. Dabei war es jetzt nur allzu deutlich zu sehen.
    »Sie ist nicht meine Schwester«, erwiderte Marya traurig. »Leleth war die kleine Zofe der Prinzessin. Wir waren sehr gute Freundinnen. Sie hatte Angst, allein im Schloss zurückzubleiben, und wollte unbedingt mitkommen.« Sie sah das schlafende Kind an. »Ich hätte sie nie mitnehmen dürfen. Ich wollte sie auf den Baum ziehen, bevor uns die Hunde fassten. Wäre ich doch nur stärker gewesen …«
    »Es steht noch nicht fest«, unterbrach Geloë sie, »ob das kleine Mädchen überhaupt je wieder reisen kann. Sie ist von der Schwelle des Todes noch nicht weit entfernt. Ich sage das sehr ungern, aber es ist die Wahrheit. Du musst sie bei mir lassen.«
    Marya wollte protestieren, aber Geloë weigerte sich zuzuhören. Simon war verstört, als er in den dunklen Augen des Mädchens etwas entdeckte, das wie ein Schimmer der Erleichterung aussah. Der Gedanke, dass sie das verletzte Kind einfach zurücklassen wollte, so wichtig ihre Botschaft auch sein mochte, erzürnte ihn.
    »Gut«, sagte Binabik endlich, »und wo stehen wir jetzt? Wir müssen immer noch nach Naglimund, und dazwischen stehen Meilen von Wald und die steilen Hänge des Weldhelm, die uns den Weg versperren, ganz abgesehen von den Jägern, die uns verfolgen.«
    Geloë dachte gründlich nach. »Es scheint mir ganz klar«, erklärte sie dann, »dass ihr euch durch den Wald nach Da’ai Chikiza durchschlagen müsst. Es ist ein alter Ort der Sithi, natürlich lange verlassen. Dort könnt ihr die Steige finden, eine alte Straße über die Berge aus der Zeit, als die Sithi regelmäßig von dort nach Asu’a – demHochhorst – reisten. Sie wird nicht mehr benutzt, außer von Tieren, aber sie ist der leichteste und sicherste Übergang. Ich kann euch morgen früh eine Karte geben. Ach ja, Da’ai Chikiza … « Ein tiefes Licht flammte in den gelben Augen auf, und sie nickte, wie in Gedanken verloren, langsam vor sich hin. Gleich darauf blinzelte sie und wurde wieder so energisch wie vorher. »Jetzt müsst ihr schlafen. Wir sollten alle schlafen. Was wir heute getan haben, hat mich schlaff gemacht wie einen Weidenzweig.«
    Simon fand das nicht. Ihm schien die Zauberfrau stark wie ein Eichbaum – aber wahrscheinlich konnte selbst eine Eiche in einem Sturm schaden nehmen.
    Später, als er in seinen Mantel gerollt dalag und das warme Gewicht von Qantaqas etwas aufdringlichem Körper auf seinen Beinen spürte, versuchte er, die Gedanken an den furchtbaren Berg von sich zu schieben. Es war alles zu ungeheuerlich, zu undurchschaubar.
    Stattdessen fragte er sich, was Marya wohl von ihm halten mochte. Einen Knaben hatte Geloë ihn genannt – einen Knaben, der nicht wusste, wie ein Mädchen aussah. Aber das war nicht fair – wann hätte er Zeit haben sollen, sich mit so etwas zu beschäftigen?
    Warum hatte sie im Hochhorst herumspioniert? Vielleicht für die Prinzessin? Und wenn es Marya war, die an der Begräbnisstätte nach ihm gerufen hatte, warum? Woher kannte sie seinen Namen, wieso hatte sie sich die Mühe gemacht, ihn zu behalten? Er erinnerte sich nicht, sie jemals in der Burg gesehen zu haben – zumindest nicht als Mädchen.
    Als er endlich in den Schlaf trieb wie ein kleines Boot, das man auf einen schwarzen Ozean

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