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Der Drachenbeinthron

Der Drachenbeinthron

Titel: Der Drachenbeinthron Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams
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musste er zweitausend Mann abstellen, die diese Burg abriegelten, damit seine Flanke geschützt blieb.« Wieder klopfte er. »Dendinis hat gute Arbeit geleistet.«
    Eine Pause entstand, die Simon endlich unbeholfen ausfüllte. »Es ist eine mächtige Festung, Prinz Josua.«
    Der Prinz warf die Rolle auf den Tisch und kniff die Lippen zusammen wie ein Geizhals, der seine Steuern abzahlt. »O ja … aber selbst eine mächtige Festung kann man aushungern. Unsere Nachschublinien sind zu lang, und von wo können wir Hilfe erwarten?« Josua blickte Simon an, als erwarte er eine Antwort, aber der Junge konnte nur glotzen, ohne dass ihm auch nur ein Sterbenswort dazu einfiel. »Vielleicht bringt uns ja Isgrimnur ermutigende Nachrichten, fuhr der Prinz fort, »vielleicht aber auch nicht. Im Süden verbreitet sich das Gerücht, dass mein Bruder ein großes Heer aufstellt.« Josua starrte auf den Fußboden, dann sah er plötzlich auf. Seine Augen waren hell und eindringlich. »Noch einmal, vergib mir. Ich stelle seit einiger Zeit fest, dass ich voller dunkler Gedanken bin und meine Worte dem Verstand davonlaufen. Von großen Schlachten zu lesen ist eine Sache, weißt du, der Versuch, selbst welche zu planen, eine ganz andere. Hast du eine Vorstellung, woran man dabeialles denken muss? Die Truppen mustern, Menschen und ihr Vieh in die Burg bringen, Proviant auftreiben, die Mauern verstärken … und das alles bleibt sinnlos, wenn niemand in Elias’ Rücken kämpfen will. Wenn wir alleinstehen, werden wir lange standhalten … aber am Ende werden wir doch fallen.«
    Simon war bestürzt. Es schmeichelte ihm, dass Josua so offen mit ihm redete, aber es war auch etwas Erschreckendes an einem Prinzen, der so voll trüber Vorahnungen steckte, einem Prinzen, der bereit war, mit einem Knaben zu sprechen wie zu seinem eigenen Kriegsrat. »Nun ja«, bemerkte Simon endlich, »nun ja … bestimmt geschieht alles, wie Gott es will.« Kaum hatte er die Worte herausgebracht, als er sich selbst für so viel Dummheit hasste.
    Josua lachte nur, ein mürrisches Lachen. »Ah, erwischt von einem bloßen Knaben, wie Usires auf dem berühmten Dornbusch. Du hast recht, Simon. Solange wir atmen, hoffen wir, und dafür habe ich dir zu danken.«
    »Nur zum Teil, Prinz Josua.« Simon fragte sich, ob es sich undankbar anhörte.
    Der winterliche Ausdruck kehrte auf die strengen Züge des Prinzen zurück. »Ich habe von dem Doktor gehört. Ein harter Schlag für uns alle, aber ganz sicher noch grausamer für dich. Seine Weisheit wird uns fehlen – auch seine Güte, aber seine Weisheit noch mehr. Ich hoffe, dass andere einen Teil der Lücke füllen können.« Josua zog sich den Stuhl wieder heran und beugte sich vor. »Es wird ein Raed stattfinden, und wie ich glaube, schon bald. Gwythinn, Lluth von Hernystirs Sohn, kommt heute Abend. Andere warten schon seit mehreren Tagen. Von unseren Beschlüssen hängen viele Pläne ab, viele Leben.« Josua nickte langsam und sinnend mit dem Kopf.
    »Lebt … lebt Herzog Isgrimnur, Prinz?«, fragte Simon. »Auf meiner Reise hierher habe ich eine Nacht bei ihm und seinen Männern verbracht, aber ich habe sie dann … wieder verlassen.«
    »Er und seine Männer waren vor Tagen hier, um Kraft zu schöpfen für ihren Weiterritt nach Elvritshalla. Deshalb kann ich nicht auf sie warten – sie könnten Wochen brauchen.« Wieder wandte er den Blick ab.
    »Kannst du ein Schwert führen, Simon?«, erkundigte er sich unvermittelt. »Bist du daran ausgebildet worden?«
    »Eigentlich nicht, Herr.«
    »Dann geh zum Hauptmann der Wache. Er soll dich jemandem zuteilen, der mit dir arbeitet. Ich denke, wir werden jeden Arm brauchen, vor allem, wenn er stark und jung ist.«
    »Natürlich, Prinz Josua«, antwortete Simon.
    Der Prinz stand auf und ging wieder an seinen Tisch, wobei er Simon den Rücken zukehrte, als sei die Audienz beendet. Simon saß starr auf seinem Stuhl. Er wollte noch eine weitere Frage stellen, wusste jedoch nicht, ob es angebracht war. Endlich stand er ebenfalls auf und ging langsam rückwärts nach der Türöffnung hinter den Vorhängen. Josua starrte noch immer auf Dendinis’ Schriftrolle. Nur noch ein Schritt trennte Simon vom Ausgang, als er stehen blieb, die Schultern straffte und die Frage aussprach, die ihm die ganze Zeit im Kopf herumgegangen war.
    »Prinz Josua, Herr«, begann er, und der hochgewachsene Mann sah sich über die Schulter nach ihm um.
    »Ja?«
    »Hat … hat das Mädchen Marya … das

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