Der Drachenbeinthron
Bett im Winkel des Dienstbotenflügels umgaben, fühlte er sich wie ein verbannter König, der seinen Palast an einen fremden Eroberer verloren hat – und so war es ja in gewisser Weise auch.
Die anderen schienen genauso tief in ihre eigenen Gedanken versunken; abgesehen von Grimmrics Pfeifen – einer dünnen, trillernden Melodie, die nur ab und zu den Wind übertönte, sich aber dennoch stetig fortzusetzen schien – fand der Ritt um den Drorshullsee in tiefem Schweigen statt.
Manchmal, wenn er sie im Schneegestöber erkennen konnte, sah er Qantaqa, wie sie stillstand und den Kopf schief legte. Es kam ihm so vor, als lausche sie auf irgendetwas. Als sie am Abend endlich ihr Lager aufschlugen und der größte Teil des Sees im Südwesten hinter ihnen lag, fragte er danach.
»Hört Qantaqa etwas, Binabik? Ist irgend jemand vor uns?«
Der Troll schüttelte den Kopf und streckte die Hände näher ans Feuer. Die Handschuhe hatte er ausgezogen. »Vielleicht. Aber etwas, das vor uns liegt, selbst in solchem Wetter, würde Qantaqa riechen. Wir reiten gegen den Wind. Wahrscheinlicher ist es, dass sie ein Geräusch hinter uns oder von der Seite vernimmt.«
Simon überlegte einen Augenblick. Sicher war, dass ihnen aus dem verödeten Hullnir, in dem es nicht einmal mehr Vögel gab, nichts gefolgt war.
»Jemand soll hinter uns sein?«, fragte er ungläubig. »Ich bezweifle es. Wer? Und warum?«
Aber auch Sludig, der die Nachhut bildete, hatte gemerkt, dass die Wölfin unruhig war. Obwohl er sich in Binabiks Gesellschaft noch immer nicht wohlfühlte und ganz und gar nicht bereit war, Qantaqa sein Vertrauen zu schenken – zum Schlafen breitete er seinen Mantel immer auf der von ihr am weitesten entfernten Stelle des Lagers aus –, zweifelte er nicht an den scharfen Sinnen der grauen Jägerin. Während die anderen dasaßen und an Hartbrot und getrocknetem Wildfleisch kauten, hatte er den Wetzstein hervorgeholt, um seine Handbeile zu schärfen.
»Hier, zwischen dem Dimmerskog – dem Wald nördlich von uns – und dem Drorshullvenn«, sagte er stirnrunzelnd, »ist immer Wildland gewesen, selbst als noch Isgrimnur und vor ihm sein Vater in Elvritshalla herrschten und der Winter seinen Platz kannte. Heute – wer weiß, was durch die weiße Öde oder die Trollfjälle dahinter wandert?« Er schabte im Takt.
»Trolle zum Beispiel«, bemerkte Binabik hämisch, »aber ich kann dir versichern, es besteht kaum Anlass zur Sorge, dass nachts Trollvolk über uns herfällt, um zu töten und zu plündern.«
Sludig grinste säuerlich und fuhr fort, die Axt zu schärfen. »Redet vernünftig, der Rimmersmann«, schaltete sich jetzt Haestan ein undwarf Binabik einen missbilligenden Blick zu. »Es sind keine Trolle, vor denen ich mich fürchte.«
»Nähern wir uns denn schon deiner Heimat, Binabik?«, erkundigte sich Simon. »Yiqanuc?«
»Wir kommen in größere Nähe zu ihr, sobald wir die Berge erreichen; aber der Ort meiner Geburt, denke ich, liegt tatsächlich im Osten des Ortes, zu dem wir wollen.«
»Du denkst das?«
»Vergiss nicht, dass wir noch nicht mit Genauigkeit wissen, wo unser Ziel liegt. ›Der Reimerbaum‹ – ein Baum voller Reime? Ich kenne den Berg, der Urmsheim heißt, wohin dieser Colmund angeblich geritten sein soll. Er steht im Norden, zwischen Rimmersgard und Yiqanuc. Ein großer Berg ist er.« Der Troll zuckte die Achseln. »Steht der Baum darauf? Oder davor? Oder ganz woanders? Ich kann das zu dieser Zeit noch nicht wissen.«
Simon und die anderen blickten düster ins Feuer. Für seinen Herrscher einen gefährlichen Auftrag zu übernehmen war eine Sache, blind in einer weißen Wildnis herumzuirren eine andere.
Die Flammen bissen zischend in das nasse Holz. Qantaqa, die sich auf dem nackten Schnee ausgestreckt hatte, erhob sich und legte den Kopf schräg. Zielstrebig lief sie zum Rand der Lichtung, die sie sich in einem Kiefernwäldchen am Hang des niedrigen Berges als Lagerplatz ausgesucht hatten. Nach einer besorgten Pause kehrte sie zurück und legte sich wieder hin. Niemand sagte ein Wort, aber ein angespannter Augenblick war vorübergegangen und das Herz wieder etwas leichter.
Als alle gegessen hatten, wurde neues Holz auf das Feuer gelegt, das mit fröhlichem Prasseln und Dampfen dem wirbelnden Schnee trotzte. Binabik und Haestan waren in ein leises Gespräch vertieft, und Simon versuchte Ethelbearns Wetzstein an seinem eigenen Schwert. Eine dünne Melodie erklang. Simon drehte sich um und sah
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