Der Drachenbeinthron
vorhabe, ist, mich an Skalis Raben vorbeizuschleichen, um in den Bergen zu meinem Volk zu stoßen.«
Isgrimnur konnte Prinz Gwythinns wachsamem, forderndemBlick nicht begegnen. Er ließ die Augen wieder in die Ecke des Daches wandern, wo die braune Spinne emsig damit beschäftigt war, die Fliege in klebrige Webe zu wickeln.
»Gwythinn«, erklärte Josua besänftigend, »ich bitte Euch ja nur zu warten, bis wir mehr darüber wissen. Ein oder zwei Tage werden kaum etwas ausmachen.«
Der junge Hernystiri stand so ruckartig auf, dass sein Stuhl über die Steinfliesen scharrte. » Warten! Das ist alles, was Ihr tut – Ihr wartet, Josua! Warten, bis alle Truppen gemustert sind, warten auf Leobardis und sein Heer, warten auf … Warten auf Elias, bis er die Mauern übersteigt und Naglimund in Brand setzt. Ich habe das Warten satt!« Er hob unsicher die Hand, um Josuas Einwänden zuvorzukommen. »Vergesst nicht, Josua, auch ich bin ein Prinz. Ich kam zu Euch, weil unsere Väter Freunde waren. Jetzt aber ist mein Vater verwundet, und die Teufel aus dem Norden fallen über ihn her. Wenn er stirbt, weil niemand ihm zu Hilfe kommt, und ich König werde, wollt Ihr mir dann noch Befehle erteilen? Mich immer weiter hier festhalten? Brynioch! Ich kann solch feige Zurückhaltung nicht begreifen!«
Fast schon an der Tür, drehte er sich ein letztes Mal um. »Ich werde meinen Männern sagen, sie sollen sich für morgen bei Sonnenuntergang zum Aufbruch bereithalten. Wenn Euch ein Grund einfällt, warum ich bleiben sollte, ein Grund, der mir bisher entgangen ist, so wisst Ihr, wo Ihr mich findet.«
Der Prinz schlug die Tür hinter sich zu. Josua erhob sich. »Ich glaube, es sind viele unter uns«, er hielt inne und schüttelte müde den Kopf, »die jetzt etwas zu essen und zu trinken brauchen – nicht zuletzt du, Deornoth. Trotzdem bitte ich dich, noch einen kurzen Augenblick zu bleiben und die anderen vorangehen zu lassen, damit ich dich nach einigen persönlichen Dingen fragen kann.« Er winkte Devasalles und die Übrigen in den Speisesaal und sah zu, wie sie in leiser Unterhaltung hinausgingen. »Isgrimnur«, rief er, und der Herzog blieb im Türrahmen stehen und blickte sich fragend um, »bleibt Ihr bitte auch.«
Sobald der Herzog wieder auf einem Stuhl Platz genommen hatte, schaute Josua Deornoth erwartungsvoll an.
»Und hast du sonst noch Neuigkeiten für mich?«, fragte der Prinz. Der Soldat zog die Stirn in Falten.
»Wenn ich etwas Gutes wüsste, Prinz, hätte ich es Euch sofort erzählt, noch bevor die anderen hier waren. Aber ich konnte weder von Eurer Nichte noch von dem Mönch, der sie begleitet, eine Spur finden. Nur ein Bauer in der Nähe der Gabelung des Grünwate-Flusses will ein Paar, auf das die Beschreibung passt, gesehen haben. Sie hätten dort vor einigen Tagen den Fluss überquert und seien südwärts geritten.«
»Und das wussten wir schon von der Herrin Vara. Inzwischen müssen sie längst den Inniscrich hinunter sein, und Usires der Gesegnete allein weiß, wie es weitergeht oder was ihr nächstes Ziel ist. Das einzig Gute ist, dass mein Bruder Elias sein Heer bestimmt oben am Fuß des Gebirges entlangführen wird, weil die Weldhelmstraße in dieser nassen Jahreszeit der einzig sichere Ort für die schweren Wagen ist.« Er starrte in das flackernde Feuer.
»Nun ja«, sagte er endlich. »Sei bedankt, Deornoth. Wären alle meine Gefolgsmänner wie du, könnte ich über die Bedrohung durch den Hochkönig lachen.«
»Die Männer sind gut, Herr«, erklärte der junge Ritter kameradschaftlich.
»Geh jetzt!« Der Prinz streckte die Hand aus und gab Deornoth einen leichten Schlag aufs Knie. »Besorg dir etwas zu essen, und dann schlaf. Du brauchst vor morgen nicht zum Dienst zu erscheinen.«
»Jawohl, Herr.« Der junge Erkynländer warf die Decke ab und nahm Haltung an. Mit bolzengeradem Rücken marschierte er aus dem Raum. Als er hinausgegangen war, saßen Josua und Isgrimnur schweigend da.
»Miriamel Gott-weiß-wohin verschwunden, und ein Wettrennen zwischen Leobardis und Elias mit unseren Toren als Ziel.« Der Prinz schüttelte den Kopf und rieb sich mit der Hand die Schläfen. »Lluth verwundet, die Hernystiri auf dem Rückzug und Elias’ Werkzeug Skali Herrscher vom Vestivegg bis zum Grianspog-Gebirge. Und zu allem Überfluss noch Dämonen aus dem Reich der Sage, die über die sterbliche Erde wandeln.« Er zeigte dem Herzog ein grimmiges Lächeln. »Das Netz zieht sich zusammen, Onkel.«
Isgrimnur
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