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Der Drachenbeinthron

Der Drachenbeinthron

Titel: Der Drachenbeinthron Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams
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pflegst die Sachen hier viel besser, als ich das selbst je könnte.« Der Doktor klopfte ihm leicht auf den Arm und beugte sich vor. »Und wie steht es damit?«
    »Grässlich«, hörte Simon sich sagen. Obwohl der Grollknoten noch da war, verabscheute er sich doch selbst wegen des kleinlichen Untertons in seiner Stimme. »Ich meine, ich werde das nie richtig lernen. Ich kann die Buchstaben einfach nicht sauber hinschreiben, ohne dass die Tinte kleckst, und außerdem kann ich das, was ich da schreibe, sowieso nicht lesen!« Als er das herausgebracht hatte, war ihm ein bisschen leichter, aber er kam sich immer noch dumm vor.
    »Du machst dir Sorgen um nichts, Simon«, antwortete der Doktor und richtete sich auf. Er schien zerstreut; beim Sprechen huschten seine Augen im Zimmer hin und her. »Erstens machen alle Leute zu Anfang Kleckse, und einige tun es sogar ihr Leben lang – was noch lange nicht heißt, dass sie nichts Wichtiges zu sagen hätten. Und zweitens ist es ganz natürlich, dass du nicht lesen kannst, was du da schreibst, denn das Buch ist auf Nabbanai geschrieben, und du kannst kein Nabbanai.«
    »Aber wieso muss ich Worte abschreiben, die ich nicht verstehe?«, knurrte Simon. »Das ist doch albern.«
    Morgenes warf Simon einen scharfen Blick zu. »Und weil ich es dir aufgetragen habe, bin ich wohl auch albern?«
    »Nein, so habe ich das nicht gemeint … es ist nur, dass …« – »Gib dir keine Mühe mit Erklärungen.« Der Doktor zog sich einen Schemel heran und setzte sich neben Simon. Seine langen, gekrümmten Finger kratzten ziellos in dem Gerümpel auf der Tischplatte herum. »Ich lasse dich diese Worte abschreiben, weil man sich leichter auf Form und Gestalt der Buchstaben konzentrieren kann, wenn einen der Inhalt nicht ablenkt.«
    »Hmmm.« Simon war nur teilweise befriedigt. »Könnt Ihr mir nicht wenigstens verraten, was das für ein Buch ist? Immer wieder schaue ich mir die Bilder an und kann es trotzdem nicht herausfinden.« Er blätterte zurück bis zu einer Illustration, die er in den letzten drei Tagen viele Male eingehend betrachtet hatte – der groteske Holzschnitt eines Mannes, der ein Geweih trug und große, starre Augen und schwarze Hände hatte. Zu seinen Füßen duckten sich scheu zurückweichende Gestalten; über dem Kopf des Gehörnten hing am tintenschwarzen Himmel eine flammende Sonne.
    »Hier zum Beispiel.« Simon deutete auf das seltsame Bild. »Hier unten steht Sa Asdridan Condiquilles – was bedeutet das?«
    »Es heißt«, entgegnete Morgenes, klappte den Deckel zu und nahm das Buch an sich, »›Der Stern des Eroberers‹ und gehört nicht zu den Dingen, über die du etwas zu wissen brauchst.« Er legte das Buch auf einen gefährlich schwankenden Stoß an der Wand.
    »Aber ich bin Euer Lehrling!«, protestierte Simon. »Wann werdet Ihr mich etwas lehren?«
    »Törichter Knabe! Was, glaubst du, tue ich die ganze Zeit? Ich versuche dir lesen und Schreiben beizubringen, denn das ist das Wichtigste. Was willst du denn eigentlich lernen?«
    »Magie!«, erwiderte Simon, ohne zu zögern. Morgenes starrte ihn an.
    »Und wie steht es mit lesen?«, erkundigte sich der Doktor mit unheilschwangerer Stimme.
    Simon ärgerte sich. Wie gewöhnlich wartete hinter jeder Wegbiegung ein Hindernis. »Ich weiß nicht«, meinte er. »Was ist denn so wichtig am Lesen und an den Buchstaben? Bücher sind nur Geschichten über irgendetwas. Warum sollte ich Bücher lesen wollen?«
    Morgenes grinste, ein altes Wiesel, das ein Loch im Zaun zumHühnerhof findet. »Ach, Junge, wie könnte ich dir böse sein … was für ein wundervoller, hinreißender, vollkommener Blödsinn!« Der Doktor gluckste anerkennend, tief in der Kehle.
    »Was meint Ihr damit?« Simons Augenbrauen zogen sich zusammen; er runzelte die Stirn. »Warum ist es wundervoller Blödsinn?«
    »Wundervoll, weil ich so eine wundervolle Antwort darauf habe«, lachte Morgenes. »Blödsinn, weil … nun, weil junge Menschen vermutlich blödsinnig auf die Welt kommen – so wie Schildkröten mit Panzern und Wespen mit Stacheln – es ist ihr Schutz gegen die Widrigkeiten des Lebens.«
    »Wie bitte?« Simon war nun völlig ratlos.
    »Bücher«, erläuterte Morgenes mit großer Geste und lehnte sich auf seinem wackligen Schemel zurück. »Bücher sind Magie. Das ist die ganz einfache Antwort. Und Bücher sind auch Fallen.«
    »Magie? Fallen?«
    »Ja, Bücher sind eine Art Magie« – der Doktor nahm den Band zurück, den er gerade auf den Stapel

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