Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Drachenbeinthron

Der Drachenbeinthron

Titel: Der Drachenbeinthron Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams
Vom Netzwerk:
Unbeherrschtheit.« Er lächelte.
    Isgrimnur neigte den Kopf. »Natürlich, mein König. Man lässt sich bei drückendem Wetter nur allzu leicht von schlechten Stimmungen beeinflussen. Es ist auch seltsam, so spät im Jahr, findet Ihr nicht auch?«
    »In der Tat.« Elias wandte sich dem Priester im roten Mantel zu und grinste ihn breit an. »Sogar Pryrates hier, so heilig auch seine Stellung in der Kirche ist, scheint Gott nicht davon überzeugen zu können, dass er uns den Regen gibt, um den wir beten – oder könnt Ihr es, mein Ratgeber?«
    Pryrates sah den König seltsam an und duckte dann den Kopf in den Kragen seines Gewandes wie eine Albinoschildkröte. »Bitte, Herr«, meinte er, »lasst uns unser Gespräch wieder aufnehmen und diese Herren ihr Schwertgefecht fortsetzen.«
    »Ja.« Der König nickte. »Fahren wir fort.« Aber als das Paar wenige Schritte getan hatte, blieb Elias stehen, machte langsam kehrt und sah zu Josua hinüber, der gerade die hölzernen Übungsschwerter vom trockenen Gras aufhob.
    »Weißt du, Bruder«, begann der König, »es ist lange her, dass wir beide die Stäbe gekreuzt haben. Was hältst du davon, wenn wir ein paar Gänge machen, da wir gerade alle hier zusammen sind?«
    Ein Augenblick Schweigen. »Wie du wünschst, Elias«, antwortete Josua dann und warf dem König eine der hölzernen Klingen zu. Elias fing den Griff geschickt mit der Rechten auf.
    »Tatsächlich«, meinte Elias, und ein halbes Lächeln umspielte seine Lippen, »glaube ich nicht, dass wir noch einmal miteinander gefochten haben, seitdem du deinen … Unfall hattest.« Er machte eine feierliche Miene. »Zum Glück war es nicht die Schwerthand, die du dabei verlorst.«
    »Wirklich ein Glück.« Josua maß anderthalb Schritte ab und stellte sich Elias gegenüber.
    »Jedenfalls gibt es allerhand –«, fuhr Elias fort, »oh, das Wort war nicht gut gewählt, wie? Ich bitte um Verzeihung. Es gibt allerlei, das dagegen spricht, mit diesen armseligen Holzrudern herumzufuchteln.« Er schwenkte das Übungsschwert hin und her. »Ich sehe so gern zu, wie du – wie nennst du diese dünne Klinge, die du so schätzt: ach ja, Naidel –, also wie du Naidel führst. Schade, dass du sie nicht hier hast.« Ohne Warnung sprang Elias nach vorn und schwang eine harte Rückhand nach Josuas Kopf. Der Prinz fing den Hieb ab, ließ ihn vorbeigleiten und stieß dann selber vor. Elias parierte den Ausfall und lenkte ihn geschickt zur Seiteab. Die beiden Brüder lösten sich, traten zurück, umkreisten einander.
    »Ja.« Josua hielt sein Schwert gerade vor sich, das schmale Gesicht schweißglatt. »Zu schade, dass ich Naidel nicht bei mir habe. Genauso schade ist es, dass du Hellnagel nicht hast.« Der Prinz führte einen schnellen Hieb nach unten und ging dann zu einem neuen Drehstoß über. Schnell wich der König nach rückwärts aus, um dann seinerseits anzugreifen.
    »Hellnagel?«, fragte Elias und atmete ein wenig schwer. »Was willst du damit sagen? Du weißt, dass es mit unserem Vater im Grabe liegt.« Er duckte sich, schlug einen Rückhandbogen und drängte Josua zurück.
    »Oh, das weiß ich«, antwortete Josua und parierte, »aber vom Schwert eines Königs – so wie von seinem Reich – sollte man weise« – ein Stoß – »und stolz« – ein Gegenstoß –, »weise und vorsichtig Gebrauch machen … wenn man der Erbe ist.«
    Mit dem Geräusch einer Axt, die Balken spaltet, trafen die beiden Holzklingen aufeinander. Der Druck setzte sich nach unten fort, bis die Griffe aneinanderstießen und Elias’ und Josuas Gesichter nur noch wenige Zoll voneinander entfernt waren. Unter den Hemden der Brüder spannten sich die Muskeln; einen Augenblick standen sie fast reglos da, die einzige Bewegung ein leichtes Zittern, als sie sich gegeneinander stemmten. Endlich fühlte Josua, der, anders als der König, den Griff nicht mit beiden Händen halten konnte, wie seine Klinge abzugleiten begann. Mit einer geschmeidigen Drehung löste er sich und sprang zurück, das Schwert wieder vor sich nach unten gerichtet.
    Als sie einander über dem Rasenstück ins Gesicht blickten und nach Luft rangen, klang ein lautes, tiefes Geläut über den Turnierplatz. Die Glocken des Engelsturms verkündeten die Mittagsstunde.
    »Da habt Ihr es, edle Herren!«, rief Isgrimnur, in dessen Gesicht ein verzerrtes Lächeln stand. Der nackte Hass aufeinander, den die beiden Brüder ausströmten, war unverkennbar gewesen. »Da sind die Glocken, und das bedeutet

Weitere Kostenlose Bücher