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Der Drachenbeinthron

Der Drachenbeinthron

Titel: Der Drachenbeinthron Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams
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gleich, was für ein hochrangiger Verbündeter Lluths Haus unter dem Schutz des Hochkönigs auch gewesen sein mochte. »Andere behaupten, die Dürre hätte vor lauter Trockenheit die Erde aufplatzen lassen, und es seien giftige Dünste aus dem Boden gedrungen. Aberwas es auch sein mag, mein Herr sagt, dass es keinen verschont, weder reiche Leute noch Priester oder Bauern. Zuerst fühlt man sich heiß und fiebrig« – hier ächzte der flach auf dem Rücken liegende Jeremias und betupfte sich die Stirn –, »dann bekommt man überall Blasen, als hätte man auf heißen Kohlen gelegen. Schließlich fangen die Blasen an zu nässen …« Er unterstrich das letzte Wort mit einer kindischen Grimasse. Feines blondes Haar hing ihm ins gerötete Gesicht. »Und danach stirbt man. Unter starken Schmerzen.«
    Der Wald ringsum atmete Hitze. Stumm saßen sie da.
    »Jakob, mein Meister«, nahm Jeremias endlich den Faden wieder auf, »fürchtet, dass die Pest auch zum Hochhorst kommt, weil so viele schmutzige Bauern unter den Mauern hausen.« Der Kynswald tat einen weiteren, langsamen Atemzug. »Ruben der Bär hat meinem Meister erzählt, er habe von einem Bettelmönch erfahren, dass Guthwulf in Meremund äußerst hart vorgegangen sei.«
    »Äußerst hart?«, fragte Simon mit geschlossenen Augen. »Was soll das heißen?«
    »Der Mönch hat dem Schmied gesagt, dass Guthwulf, als er als Königliche Hand in Meremund ankam, die Erkyngarde mitnahm und zu den Häusern der Kranken ging. Sie brachten Hämmer, Nägel und Bretter mit und versiegelten die Häuser.«
    »Mit den Menschen darin?«, erkundigte sich Simon, zugleich entsetzt und fasziniert.
    »Natürlich. Damit sich die Pest nicht ausbreitet. Sie nagelten die Häuser zu, damit die Angehörigen der Kranken nicht weglaufen und die Seuche auf andere übertragen konnten.« Jeremias hob den Ärmel und wischte wieder.
    »Aber ich dachte, die Pest käme von den üblen Dünsten aus der Erde?«
    »Trotzdem kann man sich anstecken. Darum sind ja auch so viele Priester und Mönche und Wundärzte gestorben. Der Mönch hat erzählt, die Straßen von Meremund wären nachts, viele Wochen lang, gewesen wie … wie … was hat er noch gesagt? ›Wie die Hallen der Hölle.‹ Man konnte die Leute in den zugenagelten Häusern heulen hören wie Hunde. Endlich, als alles still war, haben Guthwulf und die Erkyngarde die Häuser niedergebrannt. Ungeöffnet.«
    Während sich Simon noch über diese letzte Einzelheit wunderte, vernahm man das Geräusch brechender Äste.
    »Heda, ihr Faulpelze!« Aus dem Dickicht erschien Morgenes, die Gewänder mit Girlanden aus Zweigen und Blättern verziert, um die breite Hutkrempe einen Moosrand. »Ich hätte mir denken können, dass ich euch flach auf dem Rücken liegend finde.«
    Simon kam mühsam auf die Füße. »Wir sitzen erst ganz kurz hier, Doktor«, erklärte er. »Wir haben lange gesammelt.«
    »Vergiss nicht, ihn zu fragen!«, zischte Jeremias und richtete sich auf.
    »Hm«, sagte Morgenes und betrachtete kritisch ihre Bündel. »Scheint so, als hättet ihr es unter den gegebenen Umständen ganz ordentlich gemacht. Lasst sehen, was ihr gefunden habt.« Er hockte sich nieder wie ein Bauer, der Unkraut aus einer Baumhecke zupft, und fing an, die Sammlungen der Jungen zu durchsieben. »Ah! Teufelsohr«, rief er und hielt einen muschelförmigen Pilz in das einfallende Sonnenlicht. »Hervorragend!«
    »Doktor«, setzte Simon an, »ich wollte Euch um eine kleine Gefälligkeit bitten.« »Hmmm?« Morgenes stocherte in Pilzstücken herum, wobei er ein ausgebreitetes Taschentuch als Tisch benutzte.
    »Nun, Jeremias möchte gern in die Garde eintreten – oder wenigstens den Versuch machen. Das Problem ist, dass Graf Breyugar uns Burgleute kaum kennt und Jeremias keine Verbindung zu solchen Kreisen hat.«
    »Das«, versetzte Morgenes trocken, »ist kein Wunder.« Er leerte das nächste Bündel aus.
    »Meint Ihr, dass Ihr ihm einen Empfehlungsbrief schreiben könntet? Ihr seid überall wohlbekannt.« Simon versuchte, gelassen zu klingen. Isaak betrachtete den schwitzenden Jeremias mit einer Mischung aus Respekt und Erheiterung.
    »Hmmm.« Der Tonfall des Doktors verriet nichts. »Ich habe den Verdacht, dass ich Breyugar und seinen Freunden nur allzu gut bekannt bin.« Er schaute auf und fixierte Jeremias mit scharfem Blick. »Weiß Jakob davon?«
    »Er … er kennt meine Gefühle«, stotterte Jeremias.
    Morgenes stopfte alles Gesammelte in einen Sack und gab denJungen

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