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Der Drachenflüsterer - Der Schwur der Geächteten

Titel: Der Drachenflüsterer - Der Schwur der Geächteten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Boris Koch
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spärliches braunes Haupthaar hatte. Seine kleinen, eng stehenden Augen huschten ständig unruhig hin und her, und beim Sprechen befeuchtete er nach jedem zweiten Satz die dünnen Lippen mit einem schnellen Wischer der spitzen Zunge.
    Ben wich zurück und schüttelte den Kopf. »Ich verstehe überhaupt nichts.«
    »Bist du dir sicher, Arthen?«, mischte sich ein großer drahtiger Ritter mit hoher Stirn ein, dessen Gesicht von einer mächtigen, zweimal gebrochenen Hakennase dominiert wurde. Das rechte Auge war blau und gelb geschwollen, als hätte er vor wenigen Tagen einen kräftigen Tritt abbekommen.
    »Natürlich. Zwei Jungen, ein Mädchen, alle im richtigen Alter, auch die Haarfarbe stimmt. Nur die Länge nicht, aber Haare kann man schneiden.«
    Der Drahtige nahm sich den Steckbrief und starrte mit seinem gesunden Auge lange darauf. »Die Kleidung stimmt auch nicht.«
    »Mensch, Friedbart! Wer sich die Haare schneidet, kann sich auch umziehen.«
    »Ja, klar.«
    »Und schau dir den Kerl mit all den Schnitten auf dem Kopf doch an: verwahrlostes Aussehen passt. Das Mädchen hat dunkelbraune Augen und eindeutig ein schmales, wenn auch dreckiges Gesicht. Meinst du nicht?«
    »Doch, aber was ist mit dem Dritten? Er lächelt überhaupt nicht, und schon gar nicht scheinheilig.«
    »Friedbart! Kein Mensch lächelt den ganzen Tag! Und schon gar nicht, wenn er gerade gefangen wurde!«

    Brummend nickte Friedbart, doch ganz überzeugt schien er noch nicht zu sein. Immer wieder sah er vom Steckbrief auf die drei und wieder zurück. »Bist du dir wirklich sicher? Da steht...«
    »Was heißt schon sicher? Es geht um tausend Gulden! Tausend! Verstehst du das? Weißt du, wie viel das ist? Wir müssen einfach nur ein weißes Kleid für das Mädchen auftreiben und eine Hose mit hundert bunten Flicken für den störrischen Burschen. Das muss sich doch problemlos schneidern lassen. Wir kriegen es schon hin, dass sie genau so aussehen wie auf dem Steckbrief beschrieben.« Listig zwinkerte Arthen seinem Kameraden zu.
    »Ja, aber wenn sie es nicht sind?«
    »Friedbart! Bist du echt so schwer von Begriff?«, dröhnte Arthen.
    Die anderen Ritter, die sich nach der Gefangennahme wieder ihrem Frühstück zugewandt hatten, lachten und schüttelten vergnügt die Köpfe: »Der Friedbart wieder. Riesige Stirn, aber nichts dahinter.«
    »Ich...«, sagte Friedbart.
    »Was meinst du, wem der Hohe Abt mehr Glauben schenken wird?«, unterbrach ihn Arthen. »Sollen die drei auch hundertmal beteuern, dass sie unschuldig sind, wem wird er glauben? Ihnen oder uns?«
    »Aber wenn sie...«
    »Hast du jetzt etwa Mitleid mit so ’ner dreckigen Ketzerin?«
    »Nein, aber...« Langsam hellte sich Friedbarts Gesicht auf, er begann zu grinsen. Ein schrecklich breites Grinsen, das von einem kleinen Ohr zum anderen reichte. »Jetzt verstehe ich. Tausend Gulden. Und wir haben nur fünf bezahlt.«

    Lachend prosteten sich die Ritter am Tisch zu. »Auf Friedbart, den schnellsten Denker des Ordens!«
    »Friedbart und die tausend Gulden.«
    »Tausend!«
    Ben schloss die Augen und sackte auf der Bank zusammen. Mit keiner List der Welt konnten sie sich aus ihren Fesseln reden, wenn es den Rittern vollkommen egal war, ob sie schuldig waren oder nicht.
    Arthen beugte sich zu ihm herunter, so dass ihre Gesichter beinahe zusammenstießen, sog die Luft ein und leckte sich über die Lippen. Seine kleinen blaugrauen Augen bohrten sich kalt in seine. »Leugne es, solange du willst, doch du bist es wirklich. Ich kann das riechen. Ich wusste, du würdest kommen.«
    Ben presste die Lippen demonstrativ zusammen. Er würde nichts sagen, würde sie nicht verraten. Solange die Ritter dachten, sie würden ihren Abt um die Belohnung prellen, konnten sie sich immer noch verplappern. Vielleicht bekam auch einer ein schlechtes Gewissen, weil er plötzlich Angst hatte, Hellwah selbst zu betrügen. Das war ihre einzige Chance. Nein, Ben würde sich nicht verplappern, nicht noch einmal.
    »Ganz wie du willst. Doch du wirst schon noch reden, glaub mir.« Mit einem bösen Grinsen wandte sich der Ritter ab und seinen Kameraden zu. »Wer als Erster ein weißes Kleid auftreibt, das dieser jungen Dame passt, darf mir helfen, es ihr anzuziehen.«
    Schwein, dachte Ben, während Nica Arthen hasserfüllt anstarrte. Yanko knurrte etwas Unverständliches und zerrte an seinen Fesseln.
    Derweil sprangen die Ritter von ihren Plätzen auf, Schüsseln, Becher und Stühle wurden umgestoßen, fast alle

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