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Der Drachenthron: Roman (German Edition)

Der Drachenthron: Roman (German Edition)

Titel: Der Drachenthron: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Deas
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gefunden, wonach sie suchen.«
    Kemir nickte.
    »Gut.« Eigentlich hätte ihr dieser Umstand Angst einjagen müssen, doch dem war nicht so. Stattdessen spürte sie echte Vorfreude.
    »Vielleicht. Vielleicht auch nicht.« Kemir zuckte mit den Achseln. »Wenn sie ihr Ziel erreicht haben, weiß ich nicht, was aus uns wird. Sie lassen uns womöglich gehen. Oder sie fressen uns.«
    »Das glaube ich nicht. Wir werden einen Weg finden, um ihnen weiterhin von Nutzen zu sein.«
    »Wir sollten wieder weglaufen. Diesmal würden sie vielleicht nicht nach uns suchen.«
    Nadira legte ihm die Arme um die Schultern. »Komm zurück zu den Drachen. Mir ist kalt.« Wenn sie sich unterhielten, redete Kemir meistens über seine Fluchtpläne. Sie war nicht sicher, wie ernst es ihm damit war. Sie hatten es einmal probiert, und dabei war es geblieben.
    Er schüttelte sie ab. Schmollend ging Nadira allein zurück zu den Drachen und rollte sich zum Schlafen zusammen. Kemir folgte ein paar Minuten später. Er legte sich neben sie, hellwach, und starrte zu den Sternen empor.
    »Ich wurde in einer Outsider-Siedlung geboren«, sagte er. »Ich habe dort bis zu meinem fünfzehnten Lebensjahr gelebt. Dann tauchte der König der Felsen auf. Damals war er noch ein Prinz. Ich war nicht zu Hause. Ich hätte es sein sollen, aber ich bin mit einem meiner Cousins herumgestreunert. Als wir zurückkamen, war unsere Siedlung dem Erdboden gleichgemacht. Alles lag in Schutt und Asche. Wir hatten niemanden mehr außer uns. An dem Tag, als wir beide uns zum ersten Mal begegnet sind, hatten sie ihn gerade getötet. Ich kann nicht weglaufen. Noch nicht. Ich will zusehen, wie alles in Flammen aufgeht. Sie wissen das, Schneeflocke und der Aschgraue. Sie wissen, dass ich bei ihnen bleibe.«
    Der Aschgraue hatte zu schnarchen begonnen. Das Geräusch war so tief, dass Nadira es kaum hörte, sondern eher als sanftes Erzittern des Berghangs wahrnahm.
    »Reiter sind auch in meine Siedlung gekommen«, sagte sie leise. »Sie lag gut versteckt im Wald. Wir haben uns alle in Sicherheit gewiegt. Wir waren eingeschlossen von Bäumen. Nirgendwo in der Nähe gab es einen Landeplatz für Drachen. Das hat uns aber nichts genützt. Der Wald war nicht dicht genug. Sie haben uns aufgespürt und niedergebrannt. Dann sind die Drachen herabgeschossen und haben alles plattgewalzt. Die Reiter haben schließlich den Rest von uns, der beim ersten Angriff nicht ums Leben gekommen ist, erbarmungslos gejagt. Alle sind getötet oder versklavt worden. Ich habe nicht zum Sklavendienst getaugt. Zu alt, zu hässlich, zu was auch immer. Sie haben aber meine Jungs mitgenommen, jedenfalls die, die sie nicht umgebracht haben. Ich habe sie gesehen.« Ihre Augen funkelten. Das war die eine Erinnerung, an der sie sich festklammerte, der Anblick ihrer beiden Jungen, einer acht, der andere zehn Jahre alt und beinahe schon ein Mann, die gewaltsam fortgeschleppt wurden. Sie hatten geweint und sich zusammengekauert, und dennoch war es auf eine gewisse Art eine glückliche Erinnerung, denn zumindest bestand die Möglichkeit, dass sie noch am Leben waren, selbst wenn sie an das Ruder einer taiytakischen Galeere gekettet waren.
    »Sie haben getan, was sie immer tun«, flüsterte sie. Kemir starrte weiterhin mit ausdruckslosem Gesicht in den Himmel, weshalb sie sich näher an ihn heranschob, den Kopf an seine Brust schmiegte und ihm mit den Fingern durchs Haar strich. »Als sie mit uns fertig waren, haben sie alle Frauen getötet, die zu alt waren, um verkauft zu werden. Ich war eine Ausnahme. Sie brachten mich in ihre Burg und kamen zu mir, wann immer sie Lust verspürten. Nach ein paar Tagen muss ich sie wohl gelangweilt haben. Sie haben mich zurück zu der Stelle geschafft, an der sie mich gefunden hatten, und ließen mich in der kalten Asche zum Sterben zurück. Die anderen lagen immer noch dort. Ihre leblosen Körper waren bis auf die Knochen abgenagt. Vermutlich hatten sie angenommen, dass mich ein Schnäpper findet, bevor ich eine andere Siedlung erreichen könnte.«
    Kemir murmelte etwas und zog sie an sich.
    »Die Schnäpper mussten wohl bis oben hin vollgefressen gewesen sein. Aber danach wurde alles nur noch schlimmer.« Es wurde schlimmer, weil sie nutzlos war. Sie war zu alt, und niemand wollte sie. In den Siedlungen hatte eine Frau, die allein auf sich gestellt war, bloß eine Möglichkeit: Sie wanderte unermüdlich weiter, blieb nie lange an einem Ort, verkaufte ihren Körper, um zu überleben, beging

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