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Der Drachenthron: Roman (German Edition)

Der Drachenthron: Roman (German Edition)

Titel: Der Drachenthron: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Deas
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Gletscher
     
    S ie wurde immer heißer. Kemir konnte es spüren. Sie waren nicht weit gekommen, bevor Schneeflockes Rücken zuerst unangenehm, dann schmerzhaft und schließlich beinahe unerträglich wurde. Er hatte einen Fehler begangen, dachte er. Sie lag im Sterben, und es gab nichts, was sie dagegen tun konnten.
    Zumindest werden wir ein gutes Stück weit weg sein, sobald sich die Alchemisten aus ihren Höhlen trauen. Und werden stattdessen wohl langsam erfrieren oder verhungern.
    Aber damit konnte er leben. Es war ihm lieber, hier draußen zu sterben, nach einem Kampf gegen die unwegsame Natur, als in irgendeinem Kerker zu verrotten. Nadira würde die Angelegenheit vielleicht anders sehen, aber jetzt konnte sie sowieso nichts mehr tun. Sie hatten es versucht, er und Schneeflocke. Sie hatten es versucht und waren gescheitert, und dieses Gefühl war viel besser, als wenn sie es überhaupt nicht versucht hätten. Mit diesem Gedanken konnte er als glücklicher Mann sterben.
    Schneeflocke flog immer höher, tauchte tief in den Weltenkamm ein. Die Gebirgszüge und Täler wurden wilder und zerklüfteter, die Gipfel ragten immer steiler zum Himmel empor, bis sich auf einmal ein schmales Tal öffnete, in dem ein azurblauer See lag. Schneeflocke ließ sich hinabfallen, bis sie scharf über das Wasser glitt. Ihr Flugstil war unberechenbar geworden. Sie peilte das Ende des Sees an, wo sich ein Gletscher über den Gebirgshang erstreckte und riesige graue Eisbrocken träge ins leuchtend blaue Wasser trieben. Als sie ihr Ziel erreicht hatte, landete sie unsanft in der Nähe des Ufers. Noch während sich Kemir und Nadira aus dem eiskalten Wasser kämpften, hastete Schneeflocke bereits in die tieferen Lagen des Sees, zu den schroffen Eisklippen des Gletschers. Wahnsinn erfüllte nun ihre Gedanken und mischte sich mit ihrer Wut. Sie hatte allerdings keine Angst. Sie wusste, dass sie sterben würde, aber sie fürchtete sich nicht.
    Leb wohl, Kleiner Kemir.
    Kemir wrang seine Kleidung so gut es ging aus. Die Luft hier oben war so kalt, dass die nassen Pelze bereits von einer dünnen Eisschicht überzogen waren. »Kämpf um dein Leben, Drache«, zischte er. »Wenn du lebst, kannst du alle Drachen der Welt befreien. Aber wenn du stirbst, wer soll es dann tun?« Ganz davon zu schweigen, dass unsere Überlebenschancen ohne dich hier oben gleich null sind .
    Sie sank ins eisige Wasser. Als sie den Kopf noch einmal herausstreckte, stieg augenblicklich Dampf von ihr auf. Sie musste jedoch seine Gedanken gelesen haben, denn mit einem letzten Keuchen spuckte sie Feuer und setzte die Bäume am Ufer in Brand. Schenkte ihnen Wärme und Feuer und wenigstens eine kleine Chance zu überleben. Dann bedachte sie Kemir mit einem letzten Blick und legte den Kopf schief. Ihre Gedanken fühlten sich verschwommen und wie aus weiter Ferne an, gleichzeitig ein wenig verwirrt, als läge die Antwort auf seine Frage auf der Hand. Du, Kemir. Du wirst es tun .
    Kemir lachte. »Das glaube ich nicht, Drache.«
    Er zog Nadira zum Wäldchen und sah sich nicht um. Hinter ihm versank der Drache, ohne dass sich das Wasser gekräuselt hätte, und war im nächsten Moment verschwunden.

Epilog
     
    Die makellos Weiße
     
    W o ist sie?« Almiri war soeben gelandet. Sie war in voller Rüstung und hatte fast fünfzig Drachen mitgebracht: Sheziras Tiere aus dem Lager in den Purpurnen Bergen und einen Trupp Reiter ihres Mannes. Sie begann, die schwere Rüstung abzulegen, mit der sie ansonsten kaum einen Schritt hätte zurücklegen können.
    Mit einem Blick auf die Höhlen verneigte sich Reiter Jostan. »Sie ist beim Leichnam, Eure Heiligkeit.«
    Almiri rümpfte die Nase. Das Tal stank immer noch nach Rauch. Die Alchemisten trauten sich nun aus den Höhlen. Einige waren abgereist, doch die meisten waren geblieben, um ihr zerstörtes Zuhause wieder aufzubauen.
    »Habt Ihr alle anderen gefunden?«
    »Nein.« Jostan klang ernst. »Wir haben vier Drachen gefunden. Der fünfte wird vermisst. Die Weiße.«
    »Die vier, die Ihr gefunden habt, waren sie alle tot?«
    »Ja, Eure Heiligkeit.« Dann lächelte er zögerlich. »Wir haben sogar Reiter Semian gefunden. Oder besser gesagt, er hat uns gefunden. Nackt und halbtot vor Kälte, aber er hat sich rasch erholt. Es war ja auch kein großes Problem, ihn warm zu bekommen.«
    »Es fehlt also noch einer. Und die Reiter? Diejenigen, die die Drachen hierher geführt haben?«
    Jostan zuckte mit den Schultern. »Sind auf dem Rücken der

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