Der Drachenthron: Roman (German Edition)
Outsider-Siedlung, mein Freund. Ja, ja, trautes Heim, Glück allein.«
»Wo sind meine Messer?«
»Also schön. Wir sind Gefangene in der Outsider-Siedlung. Das trifft es wohl besser.«
Sollos blinzelte. Behutsam blickte er sich um. Wände aus schlecht eingepassten Holzbrettern umgaben ihn. Mattes Sonnenlicht sickerte durch die Ritzen. »Gefangene? Weshalb?«
Kemir scharrte mit den Füßen. »Es sind … Worte gefallen.«
»Was hast du gesagt?«
»Nichts, was sie derart auf die Palme hätte bringen dürfen. Irgendwann in den frühen Morgenstunden bin ich in das Dorf gestolpert, was vielleicht nicht gerade hilfreich war, und da ich dich auf den Schultern getragen habe, war ich schlecht in der Lage, groß mit ihnen zu diskutieren. Sie wollten wissen, ob wir irgendwas mit dem Drachen zu tun haben, den sie am Abend zuvor gesehen hatten, und ich sagte Ja, und dann haben sie gefragt, ob die Drachenreiter zurückkommen und das Dorf niederbrennen würden, und da habe ich gesagt: ›Ja, wahrscheinlich‹, denn das tun sie doch für gewöhnlich. Entweder das, oder der Reiter war lediglich auf der Suche nach einem Ort, um getrockneten Fisch zu kaufen, was – seien wir mal ehrlich – das Einzige ist, womit die Leute hier Handel treiben könnten. Sie haben es nicht besonders gut aufgenommen.«
Sollos verdrehte die Augen. Immerhin das konnte er ohne große Schmerzen tun.
»Sei nicht gleich so sauer! Wie schon gesagt, es war mitten in der Nacht, und ich habe sie alle aufgeweckt, weshalb sie nicht gerade in Hochstimmung waren. Na schön, vielleicht habe ich sie auch ein wenig angeschrien, aber ich habe dich stundenlang durch dieses verdammte Sumpfgebiet getragen. Ich konnte gar nicht mitzählen, wie oft ich der Länge nach hingefallen bin, und hatte einfach die Schnauze voll. Der verfluchte Schlamm war schlimm genug, als ich mich nur um mich selbst kümmern musste.«
»Ist ja schon gut.« Sollos zwang sich, den Schmerz auszublenden. Er nahm einen tiefen Atemzug, setzte sich auf und wollte aufstehen. Und wäre beinahe im selben Moment wieder zu Boden gestürzt.
Kemir fing ihn auf.
»Verdammt! Du hast mir nicht gesagt, dass ich mir das Fußgelenk gebrochen habe!«
»Wirklich?« Kemir bückte sich. »Das hab ich gar nicht bemerkt. Lass mal sehen.«
»Nein! Hör auf …!« Er hüpfte auf und ab, um das Gleichgewicht zu halten. »Aua!«
»Das ist nicht gebrochen. Nur verstaucht.«
»Woher willst du das wissen? Aua ! Hör auf!«
»Hab ich doch gesagt. Keine gebrochenen Knochen. Leg einen Verband an, und dann wird’s schon wieder. Nun, vielleicht in ein paar Tagen.«
Auf einem Bein zu stehen funktionierte nicht. Sollos wollte sich wieder hinsetzen, doch da machten sich seine Rippen bemerkbar. Also legte er sich schließlich flach auf den Rücken, genau in die Position, in der er sich zu Anfang befunden hatte. »Wir haben zwar das Dorf gefunden, aber jetzt stecken wir hier fest.«
»Ganz genau.« Kemir zuckte mit den Achseln und rüttelte an den Wänden. Die Hütte schien kurz vor dem Einstürzen zu stehen. »Nun ja, wir stecken nicht wirklich fest. Wir können verschwinden, wann immer wir wollen, und ich bezweifle, dass sie uns aufhalten würden. Ohne Bogen, ohne Messer, ohne Rüstung und mit dir in deinem jetzigen Zustand würden wir allerdings nicht sehr weit kommen. Außerdem haben wir nicht den blassesten Schimmer, in welche Richtung wir gehen müssten.«
»Wie aufbauend, Kemir. Vielen Dank.«
Kemir schnaubte. »Aber immer noch besser, als von Schnäppern aufgefressen zu werden.«
»So könnte man es natürlich sehen.«
»Und auch weniger langweilig, als mit diesem hochnäsigen, selbstgefälligen Ritterpack das Tal zu durchwandern.«
»Wenn du es so ausdrücken möchtest.«
Kemir legte sich auf den Boden neben Sollos. Gemeinsam starrten sie an die Decke. »Ich habe etwas aufgeschnappt, während wir uns gegenseitig beschimpft haben.«
»Und das wäre?«
»Reiter Semians Drache war nicht der erste, den sie in letzter Zeit in dieser Region gesehen haben.«
»Wirklich?«
»Wäre möglich, dass sie noch einen anderen gesehen haben. Wäre möglich, dass er weiß gewesen ist.«
»Wäre es auch möglich, dass sie unsere Sachen rausrücken und uns dann zeigen, wo er ist?«
»Glaub ich eher nicht.«
Sie lagen eine Weile schweigend da und blickten hoch zum strohgedeckten Dach.
»Dort oben krabbeln viele Spinnen«, sagte Kemir schließlich. »Wir könnten doch …«
»Nein.«
»Aber wir könnten jederzeit
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