Der Drachentoeter
wird vor nichts zurückschrecken, um dieses Ziel zu erreichen. Er sammelt mit Erfolg Unterstützung für seine Partei, indem er allen vorgaukelt, dass er demokratische Reformen durchsetzen will, aber sein eigentliches Ziel ist die Machtergreifung.«
Wie gesagt, mir ist die Politik in Turai ziemlich schnuppe, aber trotzdem fällt mir auf, dass Zitzerius eine nachvollziehbare, wenn auch höchst einseitige Sicht der Dinge vorbringt. Viele Menschen unterstützen Senator Lohdius’ Partei aus guten und ganz anderen Gründen. Die vielen Armen in der Stadt haben so gut wie keine Repräsentanten im Senat. Die Aristokraten werden stark besteuert, um für den Luxus der königlichen Familie zu zahlen. Unsere Kaufleute, von denen einige gewaltige Reichtümer angehäuft haben, werden noch stärker besteuert, und sie haben ebenfalls kaum Einfluss auf den Senat, weil ihnen dort nur eine beobachtende Rolle zugestanden wird. Im Ehrenwerten Verein der Kaufmannschaft hört man heutzutage unzufriedenes Gemurmel, dass sie eigentlich auch ein Mitspracherecht bei der Leitung des Staates haben sollten, wenn sie ihn schon finanzieren müssen. Dieser Unwille ist bis in die kleineren Zünfte durchgesickert, die früher einmal glühende Anhänger der Monarchie waren. Also sieht sich der König einer Allianz aus enttäuschten Aristokraten, mächtigen Kaufleuten und frustrierten Handwerkern gegenüber. Er kann dieser Allianz natürlich nicht nachgeben, aber sie ist zu stark, als dass er sie einfach wegputzen könnte. Lohdius hat diesen Unmut sehr geschickt geschürt. Müsste ich über diese ganze Sache gründlicher nachdenken, könnte ich vielleicht sogar mit ihm sympathisieren. Der Niedergang von Turai in den letzten zwanzig Jahren ist eindeutig fühlbar. Unglücklicherweise hat der gute Zitzerius aber noch eine letzte Trumpfkarte im Ärmel.
»Wisst Ihr, dass der Vizekonsul Rhizinius in diesem Moment eine Liste von Leuten zusammenstellt, denen es nach der Wahl nicht mehr länger erlaubt sein wird, in der Stadt ihren Beruf auszuüben? Euer Name steht ganz oben auf dieser Liste, Thraxas. Wenn er wiedergewählt wird, verliert Ihr Eure Zulassung.«
Ich bin nicht vollkommen überzeugt, dass Zitzerius mir wirklich die Wahrheit sagt. Aber vielleicht tut er es doch. »Na gut, Prätor Zitzerius. Ich werde sehen, was ich tun kann. Ihr solltet mir jetzt besser ein Empfehlungsschreiben ausstellen.«
»Ein Empfehlungsschreiben?«
»Für Prinz Frisen-Lackal. Ich muss mit ihm sprechen. Nun schaut nicht so entsetzt, Prätor. Ich verspreche Euch, dass ich höflich bin.«
Ich schlucke ein paar Bierchen, und mache mich dann auf den Weg. Ich suche Hauptmann Rallig, was nicht weiter schwer ist. Ich stolpere praktisch über ihn, als er an der nächsten Straßenecke einige Leichen einsammelt. Flugratten flattern herum, angelockt von der Aussicht auf profitables Leichenfleddern.
»Wieder ein Angriff des Freundeskreises?«
Er nickt. Sie gewinnen allmählich im Kampf mit der Bruderschaft die Oberhand.
»Es ist dieser verdammte Armbrustschütze. Er hat jetzt schon in zwei Tagen vier Bruderschaftsunterhäuptlinge umgebracht.«
Der Hauptmann verrät mir auch noch, dass Lalula in großen Mengen in die Stadt strömt. Es ist jetzt sogar noch billiger als das normale Boah.
»Natürlich wird es nicht lange so billig bleiben. Nur lange genug, dass diese armen Irren danach süchtig werden.«
Ich erwähne Harm den Mörderischen. Der Hauptmann ist interessiert, obwohl alles, was so weit weg von der Stadt geschieht, außerhalb seiner Machtbefugnis liegt. Kein Staat hat viel Kontrolle über das, was sich in der Einöde abspielt.
»Der Freundeskreis erobert allmählich den Markt. Die Bruderschaft muss mit allem, was sie hat, zurückschlagen. Dabei ist die Lage durch die Wahl schon angespannt genug, auch ohne dass wir jetzt noch einen regelrechten Bandenkrieg ins Haus bekommen.«
»Wie kann es denn eigentlich angehen, dass der Freundeskreis mit einer derart groß angelegten Operation so ohne weiteres durchkommt? «
Der Hauptmann zuckt mit den Schultern. Das kann alles heißen. Die höheren Dienstgrade der Zivilgarde sind einer saftigen Bestechung nicht unbedingt abgeneigt. Genauso wenig wie hohe Beamte. Wenn Hauptmann Rallig mit seinen Vorgesetzten redet, weiß er nie genau, ob er nicht jemandem Bericht erstattet, der selbst Drogengelder einsackt. Es dürfte praktisch unmöglich sein, jemand Einflussreichen in der Stadt zu finden, der nicht auf die eine oder andere Art
Weitere Kostenlose Bücher