Der Drachentoeter
Geschichten über Prinz Frisen-Lackal sind wahr. Er ist nicht nur so dumm wie ein Orgk, sondern auch noch der größte Boah-Süchtige der ganzen Stadt. Ganz zu schweigen davon, dass er ein stinkender Säufer, ein willensschwacher Thazis-Raucher, ein hoffnungsloser Spieler, ein schwerer Schuldner und ein rundum degeneriertes Stück Dreck ist. Ich bin schon sehr gespannt, was passiert, falls er jemals den Thron besteigt. Und nebenbei bemerkt, habe ich vor, am nächsten Morgen in aller Frühe zum Feenhain hinauszureiten.«
»Warum?«
»Um das Boah zurückzuholen, das der Prinz für Harm den Mörderischen in die Stadt schafft.«
»Was?«
Ich schüttle den Kopf und erzähle Makri die ganze, traurige Geschichte. Prinz Frisen-Lackal ist nicht nur so abhängig von Drogen geworden, dass er kaum noch weiß, was er tut, er schuldet auch mittlerweile so vielen Menschen so viel Geld, dass er es kaum noch geheim halten kann.
»Also hatte er vor, das Boah zu verkaufen, um an Geld zu gelangen.«
Makri muss bei dieser Vorstellung lachen. In gewisser Weise ist das auch komisch. »Was für ein Prinz!«
»Er bekam kleinere Mengen von dem Zeug von Zerberius. Leider genügte ihm das nicht, also beschloss er, eine größere Sache zu versuchen. Und er borgte sich Geld für diese Transaktion. Es ist der blanke Wahnsinn. Wenn der König das herausfindet, wird er ihn ins Exil schicken. Was mich nicht weiter stören würde, wenn der Prinz nicht Zerberius mit in den Strudel des Irrsinns zöge. Wenn die ganze Geschichte ans Tageslicht kommt, wird Zerberius vermutlich derjenige sein, der die Prügel einstecken muss.«
»Dann entledige dich deines Klienten!«, rät mir Makri.
»Das würde ich liebend gern tun, doch das kann ich nicht. Es ist viel zu verwickelt. Wenn Sohnemann Zerberius in den Kerker einfährt, verliert Papa Zitzerius die Wahlen. Wenn das passiert, bin ich meine Zulassung los. Außerdem hat mir Zitzerius sehr viel Geld dafür geboten, das Boah abzufangen und es sicher zurückzuholen, beziehungsweise den Schuldbrief zurückzubringen.«
»Welchen Brief?«
»Den Brief, in dem der Prinz seine Zahlung zugesichert hat.«
Makri glotzt mich ungläubig an. Ihr Gesichtsausdruck ähnelt verblüffend dem meinen, als mir der Prinz das gestanden hat. Anscheinend hat er bei unserem Gespräch in einen seltenen Anflug von Geistesgegenwart begriffen, dass es nicht unbedingt das Schlaueste war, einen Schuldbrief für den Ankauf von sechs Säcken verbotener Drogen zu schicken, und den auch noch mit seinem königlichen Siegel zu unterzeichnen.
»Wenn die Öffentlichkeit das erfährt, können wir uns die Wahlen genauso gut gleich sparen. Für die Populären wäre das ein Heimspiel. Die Bewohner Turais verzeihen ihrem Königshaus so manches, aber wohl kaum einen großangelegten Drogenhandel mit einem verrückten Orgk-Zauberer. Und schon gar nicht jetzt, da die Prinzessin ihrem Prozess wegen Drachenschlächterei entgegensieht. Die arme königliche Familie. Ich habe fast schon Mitleid mit ihnen.«
»Du solltest dich da raushalten«, rät mir Makri.
»Zitzerius zahlt mir sechshundert Gurans, wenn ich Zerberius und den Prinzen reinwaschen kann.«
»Oh. Wohlan denn. Ich geh kurz los und schärfe meine Schwerter.«
Wir mieten uns zwei Pferde und brechen am nächsten Tag in aller Frühe auf. Ich weiß nicht, wer den Schuldbrief des Prinzen zum Hain bringt, also habe ich vor, zuerst dort zu sein und ihn abzufangen. Entweder das, oder ich versuche, mich mit dem Boah aus dem Staub zu machen und es später gegen den Brief einzutauschen. Makri trägt ihr übliches Waffenarsenal spazieren, das sie durch ein paar bösartig wirkende Wurfsterne erweitert hat.
»Sind das nicht Meuchelmörderwaffen?«
Sie nickt. »Ich habe sie an Marihanas Gürtel gesehen, als wir miteinander gekämpft haben. Ich wollte sie mal ausprobieren.«
Die Straßen sind immer noch leer bis auf ein paar Leichen von den nächtlichen Bandenkriegen und natürlich die immer präsenten Bettler. Mittlerweile bin ich gegen Bettler ziemlich immun, obwohl einige von ihnen so erbärmlich wirken, dass es einem kaum möglich ist, unberührt zu bleiben. Mütter mit missgebildeten Kindern, Männer aus dem Krieg ohne Beine und ohne Militärpension, hoffnungslose Landstreicher, die langsam am grauen Star erblinden. Turai ist nicht der richtige Ort für Alte, Kranke oder Einsame ohne Freunde oder Familie. Bei dem Gedanken überkommen mich etwas beklemmende Gedanken an mein eigenes Schicksal. Mich
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