Der Dreissigjaehrige Krieg
Habsburger schwächen. Die Nachricht vom Prager Fenstersturz im Mai 1618 muss ihn geradezu elektrisiert haben. Der Aufstand der böhmischen Stände richtete sich gegen die habsburgischen Hegemonialansprüche. Die wurden von Ferdinand von der Steiermark repräsentiert, der seit 1617 die böhmische Krone trug – und als aussichtsreicher Nachfolger des kranken Kaisers Matthias galt. Christian zögerte nicht, für die Prager Protestanten militärische Hilfe zu organisieren.
Aber das genügte nicht: Zwar kam aus Prag die Nachricht, Ferdinand sei als König von Böhmen abgesetzt. Aber fast zeitgleich wurde er in Frankfurt am Main zum Kaiser gewählt. Die böhmischen Stände suchten nun einen neuen Träger der Wenzelskrone, als Symbolfigur ihrer Unabhängigkeit. Aus ihrer Sicht sprachen viele gute Gründe für die Wahl des Pfälzers: sein Antikatholizismus, seine Herkunft und nicht zuletzt die Bindungen zu vorwiegend protestantischen Häusern – von dort erhofften sich die Rebellen Unterstützung. Erwartungsgemäß war Christian von Anhalt begeistert. Er bedrängte Friedrich, die Krone anzunehmen. Friedrichs Räte zeigten sich hingegen äußerst reserviert. Sie formulierten 14 Punkte, die gegen die Annahme der Wahl sprachen. Abgesehen davon, dass sie die Rache des neuen Kaisers befürchteten, warnten sie hellsichtig vor einem »General-Religions-Krieg«.
Friedrich V. selbst machte sich die Entscheidung offenkundig nicht leicht. Die Zusage der protestantischen Union, seine pfälzischen Erblande im Fall des Falles verteidigen zu helfen, gab wohl den Ausschlag: Er nahm die Wahl an – und hielt an seiner Entscheidung bis zum bitteren Ende mit calvinistischer Sturheit fest. Mit seiner schwangeren Frau und einem über 500-köpfigen Gefolge zog Friedrich im Oktober 1619 triumphal in Prag ein. Tausende jubelten den Kurpfälzern zu. Propaganda flankierte die Krönungsfestlichkeiten: Der Verdacht, Friedrich hätte aus persönlichem Interesse gehandelt, sollte zerstreut werden. Vielmehr sei die Wahl eine »göttliche Vocation« gewesen.
Aber der 23 Jahre alte König machte sich keine Freunde. Die Ständevertreter wollten ihre Macht nicht mit dem Monarchen teilen, und das Volk wurde schwer enttäuscht: Friedrich brach sein Versprechen, die Religionsfreiheit zu achten. Der Bildersturm im Prager Veitsdom Ende 1619 war ein trauriger Höhepunkt der gewaltsamen Verbreitung von Calvins Ideen. Erst als beim Versuch, die Karlsbrücke von »Götzenbildern« zu säubern, fast ein Volksaufstand ausbrach, ließen die Calvinisten von ihrem Vorhaben ab. Außenpolitisch stand Friedrich bald völlig isoliert da. Die Mehrheit der Unionsfürsten lehnten seine Bitte um militärische Hilfe gegen den zu erwartenden habsburgischen Angriff ab; an das Versprechen, wenigstens die Pfalz zu sichern, mochte sich niemand mehr erinnern. Auf die Verwandtschaft war auch kein Verlass, im Gegenteil: Der englische Schwiegervater schäumte vor Wut und verweigerte jede Unterstützung.
Zwar vergnügte sich der neue König noch im Juli 1620 auf der Jagd und beim Bad in der Moldau. Doch kurz darauf musste er sich der Realität stellen: Kaiserliche Truppen mit spanischer Verstärkung marschierten nach Böhmen ein, der sächsische Kurfürst überrannte mit seinen Leuten die Lausitz. Friedrichs Armee befand sich in desolatem Zustand; es mangelte nicht bloß an Disziplin, sondern an Ausrüstung, Geld und Kriegern. Da ihr Sold ausblieb, verkauften einige ihre Waffen an den Feind oder desertierten gleich. Der Kampf schien aussichtslos. Aber als Friedrich durch einen Spion erfuhr, dass die Kaiserlichen direkt nach Prag vorstoßen wollten, hatte er eine Idee. Er ließ sein Heer unter der Führung von Christian von Anhalt Stellung auf einer Anhöhe vor den Toren der Hauptstadt beziehen. Der Weiße Berg bot den Böhmen einen großen strategischen Vorteil. Als der Feind anrückte, in den frühen Morgenstunden des 8. November 1620, schien zunächst ein Sieg möglich. Dann jedoch wurden die Böhmen in kürzester Zeit überrannt. 28.000 Mann bot der Kaiser auf, von Anhalt befehligte nur 21.000. Prag war verloren.
Ausschlaggebend für den Sieg war der Legende nach nicht allein die Übermacht: Ein Karmelitermönch soll ein von den Calvinisten geschändetes Marienbild ins Heerlager gebracht haben. Dieser Anblick habe die Soldaten so sehr erzürnt, dass sie mit dem Schlachtruf »Santa Maria« und schier übermenschlicher Kraft losstürmten. Friedrich hielt sich während der Kämpfe
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