Der Dreissigjaehrige Krieg
Kilometer zurücklegen konnte.
Die wichtigste Postlinie zu dieser Zeit führte von Brüssel durch West- und Süddeutschland nach Rom. Städte wie Frankfurt, die abseits davon lagen, mussten ihre Post mit Boten zur nächstgelegenen Station bringen lassen. Von Brüssel bis Rom brauchte ein Brief schon im Jahr 1516 nur noch rund zwölf Tage. In jedem Begleitschreiben (»Aviso«) einer Postsendung finden sich Angaben zum Porto, vertrauliche Mitteilungen und die Zahl der transportierten Briefe. Dadurch lässt sich rekonstruieren, dass kurz vor Ausbruch des Krieges jährlich rund 140.000 Briefe von Venedig nach Norden liefen. Die Hälfte davon landete zunächst im wichtigen Postamt Augsburg, von wo aus sie in Süddeutschland weiterverteilt wurden.
Bereits im Dreißigjährigen Krieg schickten sich auch einfache Leute Briefe. So sind rund 50 »Feldpostbriefe« aus Schmalkalden und Nordhessen erhalten, die alle im Juli 1625 geschrieben wurden: Selbstzeugnisse meist einfacher Frauen und Mädchen, die den Männern im Feldlager schrieben. Häufig zeigen sie Trennungsschmerz, Sehnsucht und Hoffnung auf baldiges Wiedersehen. So schreibt eine junge Mutter: »Ich bin in großer Traurigkeit und bitte Euch tausendmal um Gottes Willen, Ihr wollt mir doch wieder schreiben«; eine andere hofft: »Ihr werdet Eurer Zusage nachkommen und mich ehesten Tages zur Kirche führen.« Nicht alle konnten schreiben: Manche erwähnen, dass sie sich die Briefe hätten vorlesen lassen.
Anfang des 17. Jahrhunderts hatte sich die Post auf ihren Hauptlinien etabliert. Es gab nun funktionierende Nord-Süd-Verbindungen mit Anschlüssen an Köln, Hamburg, Wien und Prag. Drei Jahre vor Ausbruch des Krieges wurde dem Brüsseler Zweig der Familie Taxis die Post als erbliches Reichslehen übertragen; die Mitglieder der Familie bauten fortan ein immer dichteres Netz auf. Einer derjenigen, die daran einen maßgeblichen Anteil hatten, war Johann von den Birghden, der vom Taxis-Clan in Frankfurt eingesetzte Postmeister. Birghden erweiterte aber nicht nur das Zustellnetz, er brachte ab 1615 auch die »Frankfurter Postzeitung« heraus, zunächst ohne Titel und ab 1621 als »Unvergreiffliche continuierende Post Zeittungen«.
Während Carolus in Straßburg noch Druckereibesitzer war, setzte von den Birghden als Verleger seinen Schwager ein. Nur zwei Jahre später verklagte ihn ein Konkurrent, der darauf pochte, schon zuvor in Frankfurt eine Zeitung herausgegeben zu haben, und deshalb besonderen Schutz vor der unliebsamen Konkurrenz verlangte. Interessant an diesem Rechtsstreit ist vor allem Birghdens Position. In einem Schreiben an die Frankfurter Stadtväter wurde nämlich zu seinen Gunsten vorgebracht, dass »die zeittungen jederzeit bey den Posten gewesen« seien, die Reichspost also über so etwas wie ein Zeitungsmonopol verfüge. Auch wenn dieser Anspruch nicht zu halten war: Es fällt doch auf, wie häufig es in dieser Zeit die Postmeister waren, die in verschiedenen Städten als die ersten Herausgeber von Zeitungen in Erscheinung traten. Schließlich saßen sie an der Quelle der Nachrichten und konnten mit ihrem Postlauf auch den Vertrieb der Zeitungen gewährleisten.
Bis heute prägt die frühe Verbindung von Post und Zeitung die Titel vieler Blätter quer durch die Republik, vom »Alb Boten« über die »Schwäbische Post« bis zum »Berliner Kurier«. Birghdens gedruckte »Frankfurter Postzeitung« gewann rasch an Auflage: 1625 druckte er 400 Exemplare, 1628 waren es bereits 800. Nicht zuletzt der Krieg selbst scheint die Nachfrage befördert zu haben. Schließlich war es während der langen Jahre von Kampf und Chaos dringend nötig, über die Heerlager und Truppenbewegungen im Bilde zu sein, schon weil derlei Gefahren einen selbst schnell treffen konnten. So wurde der Prager Fenstersturz vom 23. Mai 1618 schon etwa zwei Wochen später in der »Frankfurter Postzeitung« vermeldet – allerdings weniger mit Empörung als mit Verständnis für die rebellischen böhmischen Adligen: »Es sollen seltzame Practicken obhanden gewesen seyn derowegen die Herren Ständte sich deß Schlosses gemächtiget wöllen.« Ab September 1619 berichtete Birghdens Zeitung dann außerordentlich umfangreich über die anstehende protestantische Königskrönung in Prag.
Die katholische Seite beargwöhnte diese aufkommende Parteilichkeit der »Frankfurter Postzeitung«. Im November 1619 beklagte sich der Erzkanzler in einem Brief an den taxisschen Postchef, dessen Angestellter
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