Der Dreitagemann - Der Dreitagemann - The Pursuit of Alice Thrift
erzählt, dass du auch verwitwet bist.«
»Damit ist jetzt Schluss. Jetzt bin ich verheiratet. Die alte traurige Geschichte interessiert keinen Menschen mehr.«
»Arme Mary«, sagte ich.
Ray blickte auf. »Warum hast du das jetzt gesagt?«
»Weil es so endgültig ist. Ich weiß, du bist stinksauer auf Mary, weil sie dich betrogen hat, aber -«
»Aber was? Soll ich vergeben und vergessen und ihr ein Denkmal errichten?«
»Ich meinte ja nur, dass du nicht so tun musst, als hätte sie nie existiert. Du kannst so viel über sie sprechen, wie du willst. Du kannst mit ihr sprechen.«
» Mit ihr sprechen ? Wie soll das denn gehen?«
»Ich meinte, du kannst immer noch an ihr Grab gehen.«
»Sonst noch was?«
Ich fragte, wo sie beerdigt sei.
»Beerdigt? Du meinst, auf welchem Friedhof?«
Ich sagte, natürlich auf welchem Friedhof.
Er nahm die Getränkekarte zur Hand und sagte: »Kein Wort mehr über Ehefrau Nummer eins. Das ist unser Abend. Ich bestelle uns … wart einen Moment … ah, hier: Sex on the Beach! Mir völlig egal, was da drin ist.«
»Hauptsache, du schreist die Bestellung nicht quer durch den Saal.«
Sein Finger glitt die Karte hinunter zu einem illustrierten Kästchen. »Und Hummer! Magst du Hummer? Da gibt’s zwei Hummer mit Salat, Kartoffeln und Gemüse.«
Ja, sagte ich, ich liebte Hummer, aber »Marktpreis« konnte in astronomische Höhen gehen. Wir sollten zuerst fragen … und meinte er, dass wir uns den Hummer teilen sollten?
»Kommt überhaupt nicht in Frage! Ray Russo bestellt doch an seinem Hochzeitsabend nicht nach dem Preis auf der Karte. Außerdem, wenn sie auch nur einen Hauch von Geschäftssinn haben, dann kriegen wie einen Flitterwochen-Rabatt.«
Ich sagte, der Obstteller könne gut und gerne die einzige großzügige Geste von Seiten eines Restaurants in der Nachsaison sein, wir sollten uns also nicht zu viel erhoffen.
»Klinge ich wie ein Knauser? Hoffentlich nicht. Professionelles Entgegenkommen hin oder her, ich bin einfach so verdammt glücklich. Ich kann’s gar nicht fassen, dass ich das hingekriegt habe.«
»Was hingekriegt?«
»Na das hier! Mit dir und mir.« Eine öffentliche, lautere Freudenkundgebung wurde durch die Ankunft unseres Kellners hervorgerufen, eines jungen Mannes mit Brokatweste und dem leicht verächtlichen Blick eines Studenten nach dem Vordiplom, der sich mit allen möglichen Jobs über Wasser hält. Ray fuhr fort: »Da bin ich, ein Werktätiger, der sich grade so durch die harte Schule des Lebens schummelt. Und wen heirate ich? Eine Frau, die den besten Abschluss ihres Jahrgangs auf der Harvard Medical School gemacht hat.«
»Nicht den besten«, sagte ich leise.
»Den zweitbesten!«
»Glückwunsch«, sagte der Kellner. »Möchten Sie vielleicht etwas von der Bar?«
»Sicher sogar«, sagte Ray. Und dann - für den Fall, dass dem Kellner dieses spezielle Detail entgangen war -: »Schon allein deswegen , weil wir heute Nachmittag standesamtlich geheiratet haben.«
»Ich glaube, das schreit nach Champagner«, meinte der Kellner.
Ray zog eine Augenbraue hoch und sagte lächelnd: »Vielleicht auf Kosten des Hauses?«
»Ray!«
»Wir haben hier auch ein Zimmer.« Er schirmte einen Mundwinkel ab, um dem Kellner ganz im Vertrauen mitzuteilen: »Und zahlen den Standardpreis, sollte ich vielleicht dazu sagen.«
»Ich werde sehen, was ich tun kann«, sagte der Kellner.
»Ich hoffe, dass ich bald auch in Ihrem Souvenirladen vertreten bin«, fuhr Ray fort.
Ich sah, wie der Kellner sich im Interesse eines guten Service und eines großzügigen prozentuellen Anteils am Rechnungsbetrag darum bemühte, neugierig dreinzusehen. »Vertreten? Wie darf ich das verstehen?«
»Pralinen. Die besten. Und das ist das Ergebnis unabhängiger Untersuchungen. Ich habe dem Manager eine Probe dagelassen.«
Der Blick des Kellners schien zu fragen: Arrangierte Ehe? Baby unterwegs? Jemand wild auf eine Green Card? »Ich werde ganz sicher ein gutes Wort für Ihr Produkt einlegen.«
»Erstklassige Pralinen«, sagte Ray. »So heißen sie auch.«
Ich stupste Ray am Schienbein. »Sex on the Sand«, erinnerte ich ihn in der Hoffnung, er möge auf seine Kampagne für Gratis-Champagner und Produktplatzierung verzichten.
»Sie meint den Cocktail«, erläuterte Ray. »Bringen Sie uns zwei.«
»Ausgezeichnete Wahl«, lobte der Kellner mit einer Verbeugung in meine Richtung.
Das Doppelbett hing weit genug durch, dass das Schlafen sich noch klaustrophobischer gestaltete, als
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