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Der Dreitagemann - Der Dreitagemann - The Pursuit of Alice Thrift

Der Dreitagemann - Der Dreitagemann - The Pursuit of Alice Thrift

Titel: Der Dreitagemann - Der Dreitagemann - The Pursuit of Alice Thrift Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elinor Lipman
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Toaster mit vier Schlitzen. Und stell dir mal vor, ihre Arbeitskollegen haben zusammengelegt und uns beides geschenkt!«
    »Was ist aus diesen Geschenken geworden?«
    »Ich habe sie weitergegeben. Die hätten mich ständig erinnert, das war mir zu viel.«
    »Sogar die Haushaltsgeräte?«
    »Ich hab Marys Schwestern gesagt, sie sollen sich nehmen, was sie brauchen können. Den Rest hab ich ins Sozialkaufhaus getragen.«
    Ich fragte ihn, ob er noch Kontakt habe mit seinen ehemaligen Schwiegerleuten.
    »Das hat sich von selbst erledigt«, sagte Ray. »Wenn eine Tochter stirbt, auch wenn’s ein Unfall ist, wollen sich die Eltern nicht damit abfinden, dass sie gehen musste und nicht der Schwiegersohn. Ich weiß, es ist irre, aber das liegt in der Natur des Menschen. Sie wollen ja nicht mich als solches tot sehen, aber tief in ihrem Unterbewussten sind sie sauer, dass Mary das Essen vom Chinesen geholt hat und nicht ich.«
    »So ist es also passiert? Sie hat etwas zum Essen geholt?«
    »Hab ich dir das nie erzählt?«
    Nein, sagte ich. Wie entsetzlich. Wie sinnlos.
    »Jeden Tag sterben Leute, wenn sie was erledigen. Sie hatte plötzlich lange Zähne auf Frühlingsrollen. Ich hätte mich an diesem Abend auch mit den Resten aus dem Kühlschrank zufrieden gegeben. Aber ich kann verstehen, warum ihre Familie jeden Kontakt abgebrochen hat.« Er deutete auf das Telefon: apropos Eltern.
    Ich sagte, ich würde noch warten. Sonntag sei mein üblicher Nachhause-Telefoniertag.
    Ray lächelte. »Weißt du, was ich glaube? Ich glaube, du willst es hinausschieben. Du willst anrufen, wenn ich weg bin, weil sie vielleicht Amok laufen, und du willst mir das ersparen.«
    »Ja, ich möchte wirklich allein mit ihnen reden.«
    »Du kannst nicht sagen: ›Ich liebe ihn‹, wenn ich dabei bin?«
    »Ich könnte schon. Je persönlicher, desto besser, wenn’s nach Joyce geht.«
    Ray grinste. »Jetzt kapier ich. Du willst ihr die Sache mit der Chemie erklären und glaubst, das könnte mir peinlich werden.«
    »So ungefähr.«
    »Mensch! Wenn ich meiner alten Dame irgendwas Persönliches erzählt hätte, geschweige denn, dass ich’s getan habe, geschweige denn, dass es Spaß gemacht hat, dann hätte ich ganz schön eine abgeräumt. Ehefrau, Verlobte, Freundin, wär ganz egal gewesen.«
    Ich fragte, wann seine Mutter gestorben sei.
    »Was haben wir jetzt? März? Vor einem Jahr.«
    »Du hast also deine Mutter und deine Frau gleichzeitig verloren?«
    »Ein Winter zum Vergessen. Zuerst Marys Unfall, und dann der von meiner Mutter.«
    »Deine Mutter kam auch bei einem Unfall ums Leben?«
    »Sie ist gestürzt, als sie den Müll hinausbrachte, hat sich die Hüfte gebrochen, und auf einmal rufen die vom Krankenhaus an und erzählen mir, dass sie Krebs hat.«
    »Was für einen?«
    »Dingsda: Knochen.«
    »Und der Primärkrebs?«
    »Häh?«
    »Üblicherweise bilden sich in den Knochen Metastasen, der Primärkrebs liegt aber anderswo. Weißt du, ob es ein pathologischer Bruch war?«
    » Knochenkrebs klang mir einleuchtend. Mir war nicht klar, dass ich hätte fragen müssen, wo’s losgegangen ist. Und vergiss nicht, dass ich mich von dem Schock wegen Mary noch nicht erholt hatte.«
    »Wahrscheinlich Brust oder Lunge.«
    »Wirklich schade, dass ich dich damals noch nicht kannte. Du hättest mich mit den richtigen Fragen präparieren können.«
    Ich sagte, das hätte höchstwahrscheinlich am Endergebnis nichts geändert. War sie Raucherin gewesen?
    »Können wir vielleicht über was Erfreulicheres reden? Wie zum Beispiel unsere bevorstehende Hochzeit?« Er tat das Thema mit einer Handbewegung ab. »Ich, halbwegs ansehnlich im Smoking, und du in einem umwerfenden weißen Kleid, mit einem Lächeln von einem Ohr zum andern, unter einem Schleier, der von einem funkelnden Diadem herunterwallt.«
    Ein Brautkleid. Ich fühlte einen Stich in meinem Herzen, dort wo Sylvie gewesen war. Seit Wochen hatte ich mich bemüht, über den Tod dieser Freundschaft hinwegzukommen, gewissenhaft ihre Minuspunkte gegen ihre Pluspunkte aufzurechnen. Aber jetzt konnte ich mir beim besten Willen nicht vorstellen, was ich, ganz auf mich allein gestellt, zu einer Verkäuferin bei einem Brautausstatter sagen oder wie ich meinen Anblick in einem dreiteiligen Spiegel interpretieren würde.
    »Hab ich was Verkehrtes gesagt?«
    Ich sagte ihm die Wahrheit: Dass das Wort Brautkleid mich sentimental gestimmt hatte -
    »Ich weiß. Ich weiß. Aber du kriegst ja eine zweite Chance.«
    »Das meine

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