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Der Dreitagemann - Der Dreitagemann - The Pursuit of Alice Thrift

Der Dreitagemann - Der Dreitagemann - The Pursuit of Alice Thrift

Titel: Der Dreitagemann - Der Dreitagemann - The Pursuit of Alice Thrift Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elinor Lipman
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erklären, dass alles ein unseliges Missverständnis war, dass sie und Leo miteinander getanzt und geflirtet und sich einen Kekskuchen geteilt hatten. Sonst nichts. Egal, warum du sauer bist, Alice, so viel solltest du über Sylvie Schwartz wissen, dass für sie Freundinnen Freunde und Kameradschaft Verliebtheit übertrumpfen. Klar? Ich vermisse dich schrecklich, und Leo ist untröstlich.
    Aber das Patt dauerte an. Ich redete mir ein, ich könne eine Serienverführerin nicht respektieren, und Sylvie war vermutlich zu der Erkenntnis gelangt, dass ihr jemand, der so spießig, so zickig, so voreingenommen war wie ich, gestohlen bleiben konnte.
    Ich hing vor meinem neuen Fernseher und stellte fest, dass die Welt paarweise funktionierte: Mann und Frau, Mutter und Tochter, Arzt und Krankenschwester, Anwalt und Polizist, Nachrichtensprecher und Wettermensch, boshafter Hausgenosse und schrulliger Freund.
    Gleichzeitig waren aber auch Freundschaft und Zuneigung zur Hand. Ray machte sich unentbehrlich, wo er nur konnte. Er lernte meinen Dienstplan auswendig, legte mir Lebensmittel vor die Tür, massierte mir die Füße, nannte eine neue Pralinensorte »Alice« - und wurde nicht müde, mir zu sagen, dass er die Klugscheißerin von gegenüber sowieso nie hatte ausstehen können.
    Wenn Ray nicht so sehr in seiner Erhöhung zum Therapeuten und besten Freund geschwelgt hätte, hätte er es vielleicht über sich gebracht und gesagt: »Tu’s einfach. Geh hinüber. Entschuldige dich. Oder lass sie sich entschuldigen. Du weißt ja gar nicht, was los ist. Wahrscheinlich geht’s ihr auch miserabel.« Ich hätte einen richtigen Therapeuten aufsuchen oder bei einer Hotline anrufen können. Ich hätte Leo anpiepsen können. Wenn ich nicht schon sechs Monate mit meinen Zeitschriften im Rückstand gewesen wäre, hätte ich vielleicht etwas über intelligente Frauen lesen können, die immer wieder die falsche Wahl trafen.
    Stattdessen bat ich um zwei freie Tage hintereinander und bekam sie auch. An einem Freitagnachmittag im März, kurz bevor der Standesbeamte im Rathaus von Boston sich ins Wochenende verabschiedete, heiratete ich Ray.

23
    EINZUG DER BRAUT
    Ich hätte es ja nicht Flitterwochen genannt - eine Nacht in dem ersten Motel, das sich uns nach der Überquerung des Cape-Cod-Kanals in den Weg stellte -, aber Ray stellte sich an, als hätte er zwei Wochen in Cancún gebucht. Was wäre das denn für ein Kerl, der mit seiner Braut nicht verreiste?, fragte er. Was würden wir unseren Kindern einmal erzählen - dass wir in Boston, Massachusetts, gelebt, gearbeitet, geheiratet und geflittert hatten? Wie zwei Hungerleider ohne fahrbaren Untersatz? Also fuhren wir Richtung Falmouth, unterschätzten dabei den spätwinterlichen Freitagnachmittagverkehr, reisten mit leichtem Gepäck, einem Kleidersack für Ray und einer Leinentasche für mich mit dem durchsichtigen Negligé, das Ray mir zur Verlobung geschenkt hatte.
    Er hatte eine kurze Rede gehalten, bevor der Standesbeamte uns zu Mann und Frau erklärte, etwas in der Richtung: »Mag ja sein, dass Alice und ich das fleischgewordene Sprichwort ›Gegensätze ziehen sich an‹ sind, aber deswegen habe ich mich ja in sie verliebt. Wenn ihr jemand die Pistole ansetzen und fragen würde: ›Liebst du Ray?‹, dann bezweifle ich, dass ihr das ›Ja‹ allzu geläufig über die Lippen käme und trotzdem …« Er grinste, drückte meine Hand und wiederholte, um die Wirkung zu steigern, »Und trotzdem … habe ich nicht aufgegeben. Ich weiß, dass ein schönes Stück Arbeit vor mir liegt - den Rest meines Lebens werde ich damit verbringen, sie davon zu überzeugen, dass sie etwas sehr Mutiges getan und mir ein unglaubliches Geschenk gemacht hat. Darum sage ich jetzt einfach, Danke, Doc. Ich weiß, du glaubst, es ist unmöglich, aber ich liebe dich wirklich.«
    Alle sahen mich erwartungsvoll an. Gleich würde auch ich etwas sagen, das von Herzen kam und zu Herzen ging. Ein improvisiertes Eheversprechen. Ich sagte: »Ich habe nichts vorbereitet. Ich hatte so viel um die Ohren.«
    Ray grinste. »Na, was hab ich gesagt? Die Geschworenen beraten noch. Aber das passt schon.« Er sah wieder den Standesbeamten an, straffte die Schultern und den Knoten seiner neuen lavendelfarbenen Krawatte.
    Der Beamte zögerte und fragte mich dann, ob ich diese Ehe aus freien Stücken einginge.
    Ja, natürlich, sagte ich.
    »Nichts ist nämlich rechtlich bindend, solange ich die Heiratsurkunde nicht unterfertigt habe«, fuhr

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