Der Dreitagemann - Der Dreitagemann - The Pursuit of Alice Thrift
hindurch drückte ich ihm einen Knöchel. »Bin gleich wieder da.«
Die Fahrt von Princeton nach Boston dauert ungefähr sechs Stunden. Das bedeutet, dass meine Eltern um ein Uhr morgens vom Einstein Drive losgefahren sein mussten, nachdem sie Rays Anruf verdaut und vergeblich auf den Rückruf seiner Zukünftigen gewartet hatten. Die Abteilungssekretärin piepste mich an. »Ihre Eltern sind da«, sagte Yolanda. »Und ich soll Ihnen sagen, es handelt sich nicht um einen Notfall. Es geht ihnen gut.«
Ich sagte, ich sei noch bei der Visite, ob sie sie bitte in die Kantine schicken und meine Eltern in der Nähe der Tür Platz nehmen könnten, damit ich sie später fände? Sie wiederholte meine Anweisungen. Ich hörte meine Mutter sagen: »Wie lange dauert die Visite?«
Yolanda sagte: »Ärzte im Praktikum machen keine Kaffeepausen. Gehe ich recht in der Annahme, dass dies ein unvorhergesehener Besuch ist?«
Mein Vater sagte: »Wir sind ihre Eltern. Wir hielten es nicht für nötig, einen Termin auszumachen, um unsere Tochter zu sprechen.«
Die Sekretärin fragte mich: »Könnte man sagen, dass Sie kommen, sobald Sie können, aber sich zeitlich nicht festlegen können?«
»Ungefähr«, erwiderte ich.
Ich versuchte, mich zu konzentrieren, die Fragen nach Elektrolyten und Medikamenten und Differentialdiagnosen zu beantworten. Diese ambulanten Extemporalen waren mein täglich Brot. Plötzlich hörte ich mich einem jüngeren Assistenzarzt, der sich meines Wissens nie an der Hetze gegen Dr. Thrift beteiligt hatte, zuflüstern: »Meine Eltern warten in der Kantine auf mich. Ich glaube, sie sind hier, um mich davon abzubringen, den Mann zu heiraten, den ich geheiratet habe.«
Darauf sagte er: »Mit so was kenne ich mich nicht aus.«
Wir konnten immer nur einen Satz auf einmal sagen, verstohlen, zwischen Krankenzimmern, und manchmal nicht einmal das, wenn der älteste Assistenzarzt in der Nähe war. Bei der nächsten Gelegenheit fragte ich: »Können Dritte eigentlich eine Ehe annullieren lassen?«
»Meine Frau ist Anwältin«, sagte er. »Ich werde sie heute Abend fragen.«
»Heute Abend bin ich wahrscheinlich schon auf der Psychiatrie.«
»Verstehe. Als Patientin. War’n Witz.«
»Korrekt«, sagte ich.
So schnell ich konnte, kehrte ich zu Mr. Parrish zurück. »Ich weiß, Sie haben es während der Visite nicht darauf angelegt, sich Liebkind zu machen oder mir einen goldenen Stern auf die Stirn zu heften, aber ich möchte Ihnen trotzdem sagen, wie viel mir das bedeutet hat.«
Er drückte den Knopf, der das Kopfteil seines Bettes hochgehen ließ. »Alice? Weinen Sie?«
»Ich habe Ihnen nicht erzählt, dass ich Bewährung habe. Ich habe noch zwei Wochen, bis sie beschließen, ob ich bleibe oder gehe. Ich mache zwar Fortschritte, aber ich zweifle, ob das irgendjemandem aufgefallen ist.«
Mr. Parrish lächelte hoffnungsfroh. »Soll das heißen, dass ich den Wert Ihrer Aktie ein paar Punkte gesteigert habe, nur weil ich mich heute Morgen gefreut habe, Sie zu sehen?«
»Es ist nicht sehr professionell von mir, überhaupt darüber zu reden. Noch dazu, wo Sie sich schon genug Sorgen um Ihre eigene Gesundheit machen.«
»Blödsinn«, sagte Mr. Parrish. »Was kann ich sonst noch tun, um Ihnen zu helfen?«
Ich zupfte ein Taschentuch aus dem grauen Krankenhausspender. »Gar nichts. Nur gesund werden und vollkommen geheilt, und auf der Abschlussfeier und der Hochzeit Ihrer Töchter tanzen.«
»Ich hätte auch nichts dagegen, auf Ihrer Hochzeit zu tanzen«, sagte er. »Hauptsache, wir bleiben unprofessionell.«
»Zu spät. Sie wissen doch, ich bin letzten Freitag durchgebrannt.«
» Durchgebrannt «, wiederholte er. »Na, das ist ja mal ein Wort, das man nicht alle Tage hört.«
Ich vertraute ihm an, dass meine Eltern unten auf mich warteten, und dass ich mich in ein paar Minuten zu ihnen setzen musste und -
»Sie sind zur Hochzeit gekommen und fahren jetzt wieder?«
Ich nickte schwach. Wie viel konnte ich Mr. Parrish zumuten? Wahrscheinlich schon zu viel. Wie es aussah, war der einzige Patient, denn ich hier in diesem Zimmer ganzheitlich behandelte, ich selbst.
Ich versäumte es, meinen Ehering abzustreifen, und so verflüchtigte sich der Hauptanlass für die elterliche Mission - »Überstürze nichts« - in dem Moment, als ich einen Styroporbecher voll Kaffee an meine Lippen setzte.
»Was ist das für ein Ding an deiner linken Hand«, japste meine Mutter.
Eine versiertere Lügnerin als ich hätte
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