Der Dreitagemann - Der Dreitagemann - The Pursuit of Alice Thrift
vielleicht eine Antwort parat gehabt oder, in weiser Voraussicht, einen unberingten Finger. »Ach das. Mein Ehering.«
»Meinst du einen Verlobungsring?«, fragte sie.
Mein Vater streckte die Hand aus, um den anstößigen Gegenstand zu inspizieren. »Wo ist der Diamant?«, fragte er.
Ich wies ihn darauf hin, dass ich mir im Laufe eines Tages unzählige Paar Untersuchungshandschuhe von den Händen schälte, und dass mir ein Diamant das Leben noch um einiges schwerer machen würde.
Voller Hoffnung fragte meine Mutter: »Ihr habt euch also schon die Eheringe gekauft und tragt sie als eine Art Versprechen im Vorhinein?«
Ich hätte lebhaft zustimmen können, doch ich schwieg.
»Er hat dir also einen Antrag gemacht?«, versuchte mein Vater, mir auf die Sprünge zu helfen.
»Warum hast du uns nicht angerufen?«, erkundigte sich meine Mutter.
Ich nahm den Ring vom Finger. »Das ist keine Art von Versprechen. Das ist ein authentischer Ehering.«
Mein allzeit gefasster Vater tat etwas, das mich verblüffte. Er riss mir den Ring aus den Fingern und schleuderte ihn auf das Linoleum. »In hundert Jahren nicht. Du hast doch diesen Landstreicher nicht wirklich geheiratet! Das würdest du uns doch nie antun.«
Meine Mutter legte ihr Lächeln zwar nicht ab, doch es zog eine besorgte Frage hinter sich her: War’s das? Kommen wir zu spät, eine zukünftige Heirat scheitern zu lassen?
»Soll das heißen, dass ihr in aller Eile geheiratet habt, nachdem dein Freund gestern Abend mit uns telefoniert hat?«, wollte mein Vater wissen.
Ich verneinte. Wir seien am Freitag auf dem Standesamt gewesen.
»Sich mit diesem Mann zu treffen, ist eine Sache …«, sagte meine Mutter.
»Dass ich das richtig verstehe: Macht es euch so wütend, dass ich euch nicht Bescheid gesagt oder dass ich überhaupt geheiratet habe?«
»Heb den Ring auf, Bert«, sagte meine Mutter. Sie wandte sich wieder mir zu und fragte: »Hältst du uns wirklich für so oberflächlich, dass wir uns darüber beschweren, die zwanzig-, dreißig- oder fünfzigtausend Dollar nicht ausgeben zu können, die für deine Hochzeit vorgesehen sind? Dafür, dass wir unsere einzige nichtlesbische Tochter in einem schönen Kleid mit Schleppe und Schleier zum Altar schreiten sehen? Oder glaubst du, dass es wegen einer absolut unnötigen Heirat mit einem völlig Unbekannten ist?«
»Letzteres?«
»Wer ist er überhaupt?«, fragte mein Vater weiter. »Und ich bete darum, dass du darauf eine Antwort weißt. Denn, um die Wahrheit zu sagen, ich mache mir Sorgen, dass du mit dem ersten Besten was anfangen würdest, der dich mit Aufmerksamkeiten überschüttet -«
»Oder nicht einmal überschüttet «, fiel meine Mutter ein. »Denn ich bin mir gar nicht sicher, dass du den Unterschied kennst zwischen mit Aufmerksamkeit überschüttet werden und … und … lockere Verabredungen treffen.«
»Und was soll dieser Unfug, mich anzurufen und rückwirkend um deine Hand anzuhalten? Bin ich in einer Zeitschleife?«
Ich hob den Ring selbst auf und steckte ihn mir an den Finger zurück. Ich gab ihnen meine Schlüssel. »Ich kann keine Sekunde länger bleiben. Wenn ihr das noch weiter ausdiskutieren wollt, dann geht in meine Wohnung. Mom weiß, wo sie ist. Legt euch hin oder trinkt was. Ich versuche, um sechs hier rauszukommen.«
»Sechs heute Abend?«, fragte mein Vater.
»Wir sind zu verstört, um uns hinzulegen«, bemerkte meine Mutter.
»Ich könnte mich schon hinlegen«, sagte mein Vater. »Wir sind schließlich mitten in der Nacht losgefahren, verdammt noch mal.«
»11G«, sagte ich. »Ihr müsst das Schrankbett aufklappen.«
»Wird er da sein?«, fragte meine Mutter.
»Das kann ich dir beim besten Willen nicht sagen«, antwortete ich.
Ich piepste Sylvie an. »Wenn du vor mir nach Hause kommst, könntest du bei mir klopfen? Mein Eltern sind heute Morgen gekommen, und ich komme frühestens um sechs hier raus.«
»Und was soll ich tun?
»Keine Ahnung. Sie bezaubern? Unterhalten? Ihnen zeigen, dass ich in der Lage bin, eine gute, gesunde Freundschaft mit einem normalen Menschen zu pflegen?«
»Sind sie gekommen, um dich zu entführen oder um zu intervenieren?«
»Irgendetwas in der Art.«
»Wie viel wissen Sie?«
»Sie haben den Ehering gesehen. Sie sind entsetzt.«
»Als Gastgeberin werde ich mein Bestes geben«, sagte Sylvie. »Aber was den Lover Boy angeht, kann ich für nichts garantieren. Ich meine, wenn sie mich fragen, was ich von ihm halte, werde ich ihm kein
Weitere Kostenlose Bücher