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Der Dreitagemann - Der Dreitagemann - The Pursuit of Alice Thrift

Der Dreitagemann - Der Dreitagemann - The Pursuit of Alice Thrift

Titel: Der Dreitagemann - Der Dreitagemann - The Pursuit of Alice Thrift Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elinor Lipman
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Roastbeef zu servieren.«
    »Der Gast bestreitet damit seinen Lebensunterhalt, und außer Ihnen wird niemandem auffallen, dass wir es hier mit einem Schokoladenüberschuss zu tun haben.«
    Jenseits der Küchentür gab mein Vater Ray mit lauter Stimme Anweisungen zur Orientierung in unserem Haus. »Cool«, sagte Ray bei jedem Abbiegemanöver.
    Diesseits herrschte Schweigen. Dann sagte Frederick: »Sie sind die ältere Tochter?«
    Ich bestätigte das und erinnerte ihn daran, dass wir uns anlässlich des sechzigsten Geburtstags meiner Mutter -
    »Die Ärztin?«
    Ich bejahte.
    Er lächelte wohlwollend und fragte dann: »Und wo, bitteschön, kreuzen sich die Wege einer Ärztin mit denen eines Pralinenvertreters?«
    Darauf fiel mir nichts ein. Auch keine Choreografie für meinen Abgang - weil ich überlegte, was ich an mir hatte, das ambulante Gastronomen zur Herablassung ermunterte.
    »Muss was Ernstes sein, wenn die Farbe Ihrer Wangen irgendeine Aussagekraft hat.«
    »Jede Färbung meiner Wangen ist lediglich Ausdruck meiner Verwunderung und, und Sprachlosigkeit, und offen gestanden -«
    Die Tür ging auf, und Ray stand an meiner Seite. Anfangs dachte ich, die Pracht der Einbaugeräte und die Linienführung der Granitarbeitsplatte wären Gegenstand seiner offenkundigen Bestandsaufnahme. Doch er suchte sein Mitbringsel.
    »In der Speisekammer«, sagte Frederick.
    Ray steckte sich ein Teigdreieck in den Mund. »Spinat«, bemerkte er.
    » Spanakopita «, präzisierte Frederick. »Aber noch nicht vollständig aufgetaut.«
    »Nicht schlecht«, sagte Ray. »Nicht das, was ich erwartet hatte. Ich dachte, es wäre was Süßes - ein Miniatur-Feigentäschchen, oder so was.« Ray kaute, schluckte und schob ein zweites Dreieck nach. »Sind Sie Grieche?«, fragte er mit vollem Mund.
    Frederick schüttelte eben noch erkennbar den Kopf und wandte sich wieder der Spüle zu.
    Ray sah mich an: Haben Sie das gesehen? Wollen Sie wirklich zulassen, dass ein Küchengehilfe Ihre Gäste so abkanzelt?
    Ich sagte: »Frederick? Meine Mutter hätte gerne, dass Sie einen Teller für Mr. Russo zusammenstellen.«
    Frederick ging hinüber zum Kühlschrank und kam mit einem Plastikbeutel voller violetter pflanzlicher Materie zurück. »Mir gegenüber hat sie davon nichts erwähnt.«
    »Wir sind seit sechs Uhr morgens unterwegs.«
    Ray nahm sich ein garniertes Ei, und dann noch eines. »Bloß keine Umstände. Ich fahr schon mal los, damit ich einen guten Platz ergattere.«
    »Ich glaube nicht, dass der Andrang allzu groß sein wird«, bemerkte Frederick. »Sie hat all ihre Freunde überlebt.«
    »Ich habe meine Frau sehr jung verloren«, sagte Ray und legte mir einen Arm um die Taille. »Deshalb sind gute Gene alles für mich.«
    Diskret rückte ich ein wenig von ihm ab und sagte: »Meine andere Großmutter starb mit zweiundsechzig an Non-Hodgkin-Lymphom.«
    »Ich habe das Büffet gemacht«, erklärte Frederick.
    Ich bat die beiden, mich zu entschuldigen, ich würde mich selbst ein wenig ausruhen, bevor die Limousine uns abholte.
    Ray grinste. »Diese Ärzte! Die können auf einer Briefmarke ein Nickerchen machen. Ich schwör’s Ihnen - zehn Minuten Augen zu, und sie ist wieder fit für einen dreifachen Bypass.«
    Frederick griente vielsagend.
    Rays Augen verengten sich. »Das heißt aber nicht, dass ich die persönlichen Gepflogenheiten dieser Dame aus eigener Anschauung kenne - wenn ich dieses süffisante Lächeln richtig interpretiere.«
    Frederick nahm dies unbeeindruckt zur Kenntnis und sah mich an.
    »Ich habe noch nie einen dreifachen Bypass gelegt. Noch nicht einmal zugesehen.«

6
    ALICE TRIFFT IHRE EIGENEN ENTSCHEIDUNGEN
    Unser Pastor war auf Urlaub, und für ihn sprang eine Frau mit bestickter Stola ein, die uns die Feier damit ruinierte, dass sie meine Großmutter in ihrer Trauerrede beharrlich »Barbara« titulierte.
    »Betty!«, bellte meine Mutter nach dem vierten oder fünften Mal hinter ihrem Taschentuch hervor.
    Die gute Frau blickte nachsichtig lächelnd auf die Zwischenruferin in der Trauergemeinde.
    »Sie hieß nicht Barbara«, stellte eine männliche Stimme aus einer der hinteren Reihen klar.
    Jeder wusste, dass es der hässliche nadelgestreifte Unbekannte war, der vor allen anderen angekommen war und sich als Erster im Gästebuch verewigt hatte: Raymond Russo, Boston, Mass.
    » Betty «, wiederholte die Seelsorgerin. »Wie unaufmerksam von mir.« Und wieder lächelte sie. »Meine Mutter hieß Barbara. Das hat doch sicher etwas zu

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