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Der Dreitagemann - Der Dreitagemann - The Pursuit of Alice Thrift

Der Dreitagemann - Der Dreitagemann - The Pursuit of Alice Thrift

Titel: Der Dreitagemann - Der Dreitagemann - The Pursuit of Alice Thrift Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elinor Lipman
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einem ganz besonderen Material der Raumfahrttechnik sei. Unzerstörbar und unbezwinglich. Jetzt muss ich neue Allianzen schließen und ein paar Museen besichtigen.«
    »Du hast aber auch noch Julie«, erinnerte ich sie. »Das ist eine gute Kandidatin für eine neue Allianz. Ich glaube, bei ihr lassen sich leichter Termine finden als bei mir, da hättest du also mehr davon.«
    »Julie«, erwiderte meine Mutter, »glaubt, ich mag ihre Freundinnen nicht.«
    »Damit hat sie ja auch nicht ganz Unrecht«, sagte mein Vater.
    »Ich weiß nur, dass Julie ihre ganze Schulzeit hindurch Freunde hatte. Ja, sie war sogar ziemlich hinter den Jungs her. Und jetzt soll ich das alles vergessen und ihre so genannten Freundinnen begeistert aufnehmen?«
    »Das ist vielleicht nur so eine Phase«, sagte mein Vater.
    »Das ist biochemisch bedingt«, erklärte Frederick. »Da hat man keine Wahl.«
    »Ich bitte euch«, stöhnte meine Mutter. »Da geht es doch nur um Schwestern im Geiste und Politik.«
    Die Küchentür ging auf und gab den Blick frei auf das höflich fragende Gesicht Rays. »Jemand muss den falschen Mantel genommen haben«, meldete er. »Da draußen hängt bloß noch einer, und der gehört nicht …«, er blickte in die Halle und verkündete dann, »Mrs. Gordon.«
    »Gorman. Ich kümmere mich darum«, sagte Frederick.
    Wir warteten. Die ihres Eigentums beraubte Mrs. Gorman jammerte laut: »Im Januar? Da hole ich mir eine Lungenentzündung, wenn ich mir nur einen Mantel umhänge.«
    »Warum ich?«, stöhnte meine Mutter. »Wer ist schon so blöd und geht mit dem falschen Mantel nach Hause?«
    »Frederick kümmert sich darum«, beruhigte mein Vater sie.
    »Vielleicht sollten wir jetzt fahren«, sagte ich.
    »Es sei denn, wir können in dieser Mantelsache noch behilflich sein«, ergänzte Ray.
    »Sie würden uns einen großen Gefallen tun, wenn Sie sich etwas von dem Essen mitnähmen«, sagte mein Vater.
    »Kein Problem«, antwortete Ray.
    Frederick kam zurück in die Küche und ging direkt ans Telefon. Er wählte eine Nummer, klopfte mit dem Fuß, fixierte die Küchendecke und flüsterte in unsere Richtung: »Sie wusste ganz genau , wo das Problem lag: zwei schwarze Max Maras, identischer Pelzbesatz, verschiedene Größen.«
    »Pollys Mantel?«, riet meine Mutter.
    »Pollys Mantel!«, bestätigte Frederick.
    »Die sollen das untereinander ausmachen«, entschied meine Mutter und öffnete die Tür. »Marietta? Polly ist noch nicht zu Hause. Könntest du morgen einen Sprung bei ihr vorbeischauen und die Mäntel tauschen? Ich bin total erledigt.«
    »Ihrer ist riesig«, ließ sich Marietta vernehmen.
    » Vielleicht Größe 40«, flüsterte Frederick, »eher 42.«
    »Kannst du nicht einfach die Ärmel hochkrempeln«, fragte meine Mutter. »Oder dir etwas zum Heimfahren ausleihen?«
    »Wie ist sie überhaupt in meinen Mantel hineingekommen«, quengelte Marietta.
    Ich ging hinaus zu Marietta - Mutters Bridge-Partnerin, die berühmt war für ihre Kleider und Schuhe in Puppengröße - und sagte: »Ich weiß, es ist nicht Ihre Schuld, aber vielleicht wäre ein Namensschildchen oder ein Wäschezeichen die Lösung.«
    Marietta brach in Tränen aus und veranlasste meine Mutter, dasselbe zu tun.
    »Ihr beide weint jetzt aber nicht wegen Mänteln, oder?«, fragte ich.
    Nun gesellte sich mein Vater zu uns und wollte wissen, womit ich diesen Ausbruch verursacht hätte.
    »Mutter weint, weil Marietta weint«, antwortete ich.
    »Bring deine Mutter hinauf«, befahl er. »Ich fahre Marietta nach Hause.«
    »Sie sind nicht mit dem Auto da?«, fragte ich sie.
    Darauf antwortete mein Vater mit einer Ansprache, die an Deutlichkeit kaum zu überbieten war: »Alice? Ich glaube, dir ist nicht bewusst, dass Marietta ihre Mutter letzten Herbst verloren hat. Und manchmal weint man wegen eines verlorenen Mantels, auch wenn man keineswegs wegen eines verlorenen Mantels weint.«
    Woher hätte ich wissen sollen, dass Mariettas Mutter gestorben war? Alles, was ich je über Marietta gehört hatte, war, dass ihr Leben eine einzige frustrierende Suche nach Kleidern und Schuhen war, die ihr nicht um den Leib schlotterten. Ich sagte: »Mein herzliches Beileid. Ich hoffe, sie hat nicht allzu sehr gelitten.«
    Marietta fiel ein wenig in sich zusammen, daher fasste mein Vater sie bei ihren knochigen Schultern und richtete sie wieder auf.
    Er schüttelte den Kopf und sagte tonlos ein paar Wörter, die ich mir schließlich zu amyotrophe Lateralsklerose zusammenreimte.
    »Es

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