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Der Dreitagemann - Der Dreitagemann - The Pursuit of Alice Thrift

Der Dreitagemann - Der Dreitagemann - The Pursuit of Alice Thrift

Titel: Der Dreitagemann - Der Dreitagemann - The Pursuit of Alice Thrift Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elinor Lipman
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Aufregendes?«
    Er schüttelte den Kopf. »Nur jemand zum Fernsehen.«
    »War’s ein lustiger Film?«
    »Stellenweise.«
    »Ich habe euch nämlich lachen gehört.«
    Er stand neben mir, mit dem Telefon in der Hand und wählte eine Nummer. Dann gab er mir den Hörer und Anweisungen, was ich sagen solle. »Da. Es klingelt. Erklär ihnen, dass du erst heute Morgen mit dem Zug gekommen bist und so schnell wie möglich rüberkommst. Sag was von Beerdigung , damit sie wieder wissen, dass das kein freier Tag war.«
    Yolanda hob ab. Ich versprach, alles zu tun, um zur Visite da zu sein, würde aber auf jeden Fall zu spät kommen.
    »Beerdigung«, flüsterte Leo mir zu.
    Ich nickte. »Sie wissen wahrscheinlich noch, dass ich gestern den ganzen Tag auf der Beerdigung meiner Großmutter war.«
    Ohne die geringste Nachsicht in ihrer Stimme fragte Yolanda: »Wann soll ich also sagen, dass Sie da sind?«
    »Vielleicht in einer Viertelstunde, wenn ich die Beine in die Hand nehme.«
    Leo hielt die Hände hoch und streckte alle zehn Finger dreimal nach oben.
    »Eher in einer halben. Ich bin gerade erst zur Tür hereingekommen. Und mein Mitbewohner ist gerade in der Dusche, ich muss also warten, bis er fertig ist.«
    Leo reckte den Daumen hoch.
    »Ich werde Ihre Nachricht weitergeben. Das ist alles, was ich tun kann.«
    Ich blickte auf und gab Leo wortlos zu verstehen, dass Yolanda nicht überzeugt war. Er ergriff den Hörer. »Yolanda? Hier Leo Frawley, triefnass. Sie ist absolut nicht in der Verfassung für die Visite. Können Sie da nicht irgendwas deichseln? Na ja, eine halbe Stunde oder so? Es ist ja nicht so, dass sie die Nacht durchgefeiert hätte und deshalb nicht aus dem Bett gekommen wäre - Sie wissen, was ich meine?«
    Ihre Antwort darauf muss in etwa so geklungen haben: »Dr. Thrift? Durchfeiern? Der Witz ist gut!«, denn Leo sagte: »Was soll man schon anderes machen als ranklotzen, wenn einem ein 18-Stunden-Tag abverlangt wird.«
    Ich stand auf, tippte auf meine Uhr und zeigte Richtung Bad.
    Er legte schnell auf und fragte: »Wie war’s gestern? Schlimm?«
    »Sehr traurig. Und die Pfarrerin kannten wir auch nicht, was die Sache nicht vereinfachte.«
    »Ich meinte eigentlich, wie hat Ray sich als Begleiter angestellt?«
    »Gut und schlecht.«
    Er deutete auf den Stuhl, von dem ich mich soeben erhoben hatte, und ich setzte mich wieder. »Gut als Transportmittel. Gut als Verteidiger in einem Familienzwist. Schlecht in Ausdruck und Manieren.«
    »Das hätte ich dir vorher sagen können. Er hat was Schleimiges an sich. Und er strengt sich zu sehr an. Ganz offensichtlich betreibt er eine Kampagne, um deine Hand zu gewinnen.«
    »Meine Hand?«, wiederholte ich. »Du meinst, Hand wie Hochzeit?«
    »Ist doch sonnenklar. Er ist kein Jüngling mehr. Er ist Witwer. Liest du keine Zeitschriften? Männer, die bereits verheiratet waren, sehen zu, dass sie so schnell wie möglich wieder unter die Haube kommen. Die wissen nämlich, dass allein stehende Männer früher sterben als verheiratete. Das kann dir jeder Versicherungsmathematiker vorrechnen.«
    »Mach dich nicht lächerlich.«
    »Dann bist du blind. Er ist auf der Suche nach seiner nächsten Frau, und er glaubt, die heißt Alice.«
    Ich trank einen großen Schluck Kaffee. »Na gut. Vielleicht stimmt das. Aber es ist doch nur natürlich, jemanden zu suchen, der seine Gefühle erwidert. Und als er merkte, dass ich das nicht konnte, hat er aufgegeben.«
    »Ich möchte nicht schuld sein, dass du noch später in die Klinik kommst, aber ich glaube, ich muss dir noch einiges zum Thema Ray flüstern - nämlich, dass er von Anfang an wieder gekommen ist, ohne dass ein Mensch ihn dazu ermutigt hätte. Warum sollte er also jetzt auf einmal den Abgang machen?«
    »Vielleicht können wir heute Mittag in der Kantine weiterreden.«
    »Wenn meine fünf Minuten sich zufällig mit deinen überschneiden, meinst du?«
    »Oder heute Abend.«
    »Heute Abend kann ich nicht.«
    »Dieselbe Frau?«
    »Abendessen bei meiner Mutter.«
    Ich wartete darauf, dass er mich gleich mit einladen würde, wie es nicht unüblich ist in großen Familien, die sich um fußballfeldgroße Tische und abgrundtiefe Eintopfschüsseln versammelten.
    »Du willst doch nicht etwa mitkommen? Interpretiere ich deinen Gesichtsaudruck richtig? ›Leo, lad mich doch bitte zu dir nach Hause ein, denn ich bin ganz scharf auf ein richtig zähes Stück Fleisch und darauf, dass mich jemand über mein Leben ausfragt, über meine

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