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Der Dreitagemann - Der Dreitagemann - The Pursuit of Alice Thrift

Der Dreitagemann - Der Dreitagemann - The Pursuit of Alice Thrift

Titel: Der Dreitagemann - Der Dreitagemann - The Pursuit of Alice Thrift Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elinor Lipman
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angerufen hätte.«
    »Das hätten wir alle können«, murmelte Leo.
    »Ich habe noch einen Apfelkuchen und fast zwei Liter gemischtes Eis«, sagte Mrs. Morrisey.
    »Gebt mir bitte eure Teller«, forderte Leo uns auf.
    Wir sprachen das Tischgebet. Glücklicherweise mussten wir uns dabei nicht an den Händen fassen. Mrs. Morrisey sah mich ein paar lange Sekunden an, bevor sie zu Messer und Gabel griff.
    »Na los, Ma, frag schon«, sagte Leo. »Sie möchte nämlich unbedingt wissen, ob du katholisch bist.«
    »Tut mir Leid, nein.«
    Darauf sagte Leo: » Und …? Das ist nur eine halbe Antwort. Sie möchte wissen, welchem Klub du angehörst.«
    »Ich bin im unitarischen Glauben erzogen worden.«
    »Da hat sie schon Schlimmeres gehört«, sagte Leo.
    »Wie seid ihr beide eigentlich zusammengekommen?«, fragte eine der Schwestern.
    Ich erklärte, dass Leo einen Zettel am schwarzen Brett ausgehängt und ich mich darauf gemeldet habe.
    »Sie hat Ma wegen einer Referenz angerufen«, erzählte Leo lachend.
    »Was hast du ihr gesagt?«, fragte Michael.
    Mrs. Morrisey fand das durchaus nicht zum Lachen. »Dass ich nicht verstünde, warum eine junge Frau sich eine Wohnung mit einem fremden Mann teilen will. Wenn sie aber keine andere Wahl habe, dann sei Leo auf jeden Fall reinlich und höflich.«
    »Danke, Ma.«
    »Und nach einem Papst benannt«, sagte ich.
    Das war ein Fehler. Mrs. Morrisey konzentrierte sich darauf, die Erbsen zwischen fest zusammengepressten Lippen von der Gabel zu bekommen.
    »Was ich historisch sehr interessant fand«, fügte ich hinzu.
    »Alle meine Kinder sind nach Heiligen oder Päpsten benannt.«
    »Ich wurde nach einer Tante benannt, die im Zweiten Weltkrieg bei der Army war.«
    »Hat sie den Krieg überlebt?«, fragte Michael.
    »Und wie. Sie wurde neunzig und starb in einem Veteranenkrankenhaus.«
    »War es das in Jamaica Plain?«, fragte Mrs. Morrisey.
    »Nein, das in Loma Linda, Kalifornien.«
    »Der Vater meiner Kinder starb in Jamaica Plain, und das erwies sich als Segen, denn Cardinal Law besuchte das Krankenhaus an dem Tag, an dem er ins Koma fiel, und so hat ihm der Kardinal die Letzte Ölung erteilt.« Mrs. Morrisey hielt sich die Serviette unter die Nasenspitze.
    »Wir waren auch da«, sagte Marie, »wir haben ihn alle kennen gelernt.«
    »Ich habe von Ihrer Großmutter gehört«, sagte Mrs. Morissey. »Mein herzliches Beileid. Kam es sehr plötzlich?«
    »Ja und nein. Ich meine, vom medizinischen Standpunkt gesehen, ist jeder Tod plötzlich, denn in der einen Sekunde lebt der Patient noch und in der nächsten ist er tot.«
    »So habe ich das noch nie betrachtet«, meinte Mrs. Morrisey.
    »Sie war in vielerlei Hinsicht nicht mehr ganz gesund, aber die offizielle Todesursache war Lungenentzündung.«
    »Der Freund des alten Mannes«, sagte Leo.
    Wir sahen ihn alle fragend an.
    »Der Freund des alten Mannes«, wiederholte er. »So wird die Lungenentzündung bezeichnet. Weil sie das Leiden beendet.«
    »Das hab ich noch nie gehört«, schniefte Leos Mutter. Sie drückte mit der Gabel so fest auf ihre gebackene Kartoffel, dass sie platzte. Ohne dazu aufgefordert worden zu sein, reichte ihr Rosemary die Margarine.
    Auch ich hatte das noch nie gehört. Ich fragte Leo, ob dies ein geläufiger Ausdruck auf den Stationen sei.
    »Eher nicht. Das ist nur eine von den Redensarten, die Ärzte vor sich hinbrummen, wenn es gerade passt.«
    Ich legte meine Gabel hin. »Meinst du, weil der Patient alt und schwach und total verkabelt ist, und seine Familie sich entscheiden muss, ob die Magensonde weg soll oder das Beatmungsgerät abgeschaltet wird? Dass die Lungenentzündung ihnen die Entscheidung abnimmt?«
    »Vielleicht können wir die Details später erörtern«, meinte Leo.
    »Soll das heißen, dass sich kein Mensch die Mühe machen würde, IV-Antibiotika zu verabreichen?«
    Ein rascher Blick zu seiner Mutter und dann wieder zu mir. »Wir tun alles Menschenmögliche. Dann liegt es in Gottes Hand. Wenn du weißt, worauf ich hinauswill.«
    »Glaub bloß nicht, dass ich nicht weiß, was in diesen Großstadtkliniken los ist, mit ihren jüdischen Ärzten und ihren kongregationalistischen Geistlichen«, brummte seine Mutter. »Deswegen will ich auch in St. Elizabeth sterben.«
    »Ich weiß, Ma«, bestätigte Leo. »Wir alle wissen das. Kannst du mir mal die Margarine geben?«
    »Alice muss ja denken, dass du keine Juden magst«, sagte Rosemary.
    »Was ich nicht mag, ist, wenn man an meinem Tisch vom

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