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Der Dreitagemann - Der Dreitagemann - The Pursuit of Alice Thrift

Der Dreitagemann - Der Dreitagemann - The Pursuit of Alice Thrift

Titel: Der Dreitagemann - Der Dreitagemann - The Pursuit of Alice Thrift Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elinor Lipman
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Krankenschwestern, die ihre Kolleginnen in der Mittagspause zum Joggen vergatterten. Sie begrüßte mich mit einem Küsschen auf die Wange und nahm Rays in Geschenkpapier verpackte Pralinenschachtel mit solcher Liebenswürdigkeit entgegen, dass niemand vermutet hätte, dieses Produkt sei jemals als Argument gegen ihn diskutiert worden.
    »Jetzt sind wir komplett«, trällerte Henry aus ihrem Windschatten heraus.
    Er nahm unsere Mäntel, und wir folgten ihm an der Treppe vorbei durch die Diele, von dessen dunklem Holzboden sich die hellen Stuckwände deutlich abhoben. Ich blieb stehen, und Ray rumpelte in mich hinein. »Noch mehr Leute?«, fragte ich Henry.
    »Keine Chirurgen. Überhaupt keine Ärzte.« Und dann standen wir an der Schwelle eines Raumes, der wie eine Bibliothek aussah. »Jeder kennt jeden«, dröhnte Henry.
    Es war nur natürlich, dass jemand mit Jackies sozialem Talent sich den riesigen Esstisch und das gesammelte Besteck der fusionierten Familien angesehen und gesagt hatte: Für sechs zu kochen ist nicht mehr Arbeit als für vier. Wen könnten wir als zweites Paar einladen? Sich unser Gespräch in der Kantine in Erinnerung rufend hatte Henry wahrscheinlich die Punkte zu einer Linie verbunden, Einzelheiten zwar vergessen, aber Namen behalten: Meredith, die Hebamme, und Leo, der Pfleger, junge Leute, die Alice kennt, und unter denen sie sich wohl fühlt.
    »Hab ich das richtig verstanden?«, fragte Henry. »Kommilitonen? Zimmergenossen? So was in der Art?«
    »Zimmergenossen«, sagte Leo, der einen dunkelbraunen Pullover mit V-Ausschnitt über Hemd und Krawatte trug.
    »Ich bin Ray«, sagte Ray und streckte Meredith die Hand entgegen, die diese Sozialkollision mit einer Gefasstheit zur Kenntnis nahm, um die man sie nur beneiden konnte. Sie trug ein loses Kleid aus hanfartigem Stoff und ein ockerfarbenes Schultertuch. Ihre Ohrringe sahen aus wie Intrauterinpessare.
    »Was zu trinken?«, fragte Henry. Er deutete auf den in weißes Leinen gehüllten Bibliothekstisch. »Ich habe einen Krug voll Martinis. Ich habe Bier. Ich habe Wein. Dr. Thrift?«
    »Martini«, sagte ich. »Sehr trocken. Einen doppelten.«
    »Olive oder Zitrone?«
    »Beides.«
    Ray deutete auf die Flasche, die Leo in der Hand hielt, und sagte: »Eine von denen wäre toll.«
    »Jungs lieben Bier«, bemerkte Meredith, die etwas trank, das wie Sodawasser aussah.
    Jackie stand direkt hinter uns und blickte uns der Reihe nach ins Gesicht. »Henry wusste, dass es da eine Verbindung gab. Aber ich glaube, das war jetzt eine Überraschung.«
    »Unsere Wege haben sich in letzter Zeit nicht gekreuzt«, sagte Leo.
    Ich sagte, ich wäre in der Notaufnahme gewesen, jede Menge Kinder, aber keine Neugeborenen.
    »Wie ist die neue Wohnung?«, fragte Leo.
    »Schön. Sehr praktisch. Makellos.«
    »Sie braucht was zum Reinstellen«, sagte Ray. »Alles, was sie an Einrichtung hat, ist eingebaut. Sie wusste nicht mal, dass man sein eigenes Telefon mitbringen muss.«
    »Sie haben die Wohnung gesehen?«, fragte Leo.
    »Sie hat sie mir gezeigt«, sagte Ray gleichmütig.
    »Ich wüsste nicht, wann sie Zeit hätte, sich eine Einrichtung zu besorgen, bei all den Stunden, die sie arbeitet«, meinte Jackie.
    »Wir arbeiten alle rund um die Uhr«, ließ Meredith sich vernehmen.
    »Ich nicht«, sagte Ray.
    »Ich meinte in der Klinik.«
    »Sind Sie auch Krankenschwester?«, fragte Ray sie.
    »Krankenschwester und Hebamme. Staatlich geprüft.«
    »Im Ernst? Eine von denen, die Babys zu Hause auf die Welt bringen?«
    Meredith warf einen Blick auf Dr. Shaw und sagte ruhig: »Gelegentlich. In Notfällen.«
    »Fangen Sie mir erst gar nicht davon an«, sagte Henry. »Wir haben uns darauf geeinigt, uns nicht einig zu sein.«
    »Was hältst du davon?«, fragte ich Leo.
    Sein Blick glitt durch den Raum, von Meredith zu Henry und wieder zurück zu mir. »Auch wir haben uns darauf geeinigt, uns nicht einig zu sein.«
    »Habe ich irgendwas verpasst?«, fragte Ray. »Über was sprechen wir eigentlich?«
    »Hausgeburten«, klärte ihn Jackie auf.
    Ray fragte Leo: »Und was haben Sie dagegen?«
    »Was ich dagegen habe? Bei einer Hausgeburt geht’s einzig und allein um die Mutter. Gedämpftes Licht und handgetöpferte Schalen und Kräutertee und eine wunderbare Erfahrung.«
    »Bravo«, sagte Henry emotionslos.
    Meredith sagte zu mir: »Interessant, wer sich da zu Wort meldet: die Herren der Schöpfung.«
    »Ich nicht«, sagte Ray. »Ich kenne niemand, der sein Baby daheim gekriegt hat,

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