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Der dreizehnte Apostel

Der dreizehnte Apostel

Titel: Der dreizehnte Apostel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wilton Barnhardt
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nächsten Tag eine Schlacht gegen die Dänen in Aussicht. Nachdem sie sich verstohlen umgesehen hatte, entdeckte sie Dr. O’Hanrahan, ausgelassener und deutlich betrunkener als zuvor. Rabbi Hersch und Pater Keegan hörten ihm belustigt zu, der eben mit dröhnender Stimme eine seiner Geschichten zum besten gab.
    » … und deshalb«, erklärte er unter heiserem Gelächter, »lasse ich es mir nie nehmen, ins Mulligan’s zu gehen, wenn ich in Dublin bin, Pater!«
    »Ach ja«, meinte der Priester, »die haben ihre Pflicht gegen Sie erfüllt, min Jong. Haben Sie glatt den ganzen Weg zurück zu Dun Laoghaire getragen. Passen Sie bloß auf, daß Sie bei Pater Creech und diesen anderen Bastarden nicht in Ungnade fallen, wenn Sie dort sind.« Dr. O’Hanrahan nickte. »Keine Sorge in dieser Hinsicht. Ich werde mich mustergültig benehmen, wenn das heißt, daß ich die Schriftrolle in die Hände kriege …« Er bemerkte Lucy und wechselte sofort das Thema. »Na so was! Meine geliebte Tochter! Kommt ihren alten Papa besuchen!« Der irische Priester stand auf und schüttelte ihr die Hand. »Aber Paddy, ich hatte keine Ahnung! Erfreut, Sie kennenzulernen, ich bin Pater Keegan.«
    »Ich bin nicht seine Tochter, Pater.«
    Pater Keegan sah traurig drein. »Aber Paddy, Paddy, in Ihrem Alter …«
    »Nein«, fauchte Lucy, »auch nicht seine Geliebte.« Dr. O’Hanrahan erklärte heiter: »Sie ist eine Spionin
    aus Chicago. Sozusagen die CIA.«
    »Lucy Dantan, Pater.«
    »Sie können sich zu uns setzen, Mädchen«, fuhr Dr. O’Hanrahan fort, »wenn Sie ein Pint von diesem himmlischen Gebräu trinken.«
    »Oh, ich glaube, ich sollte besser nichts mehr trinken …«
    »Dann verschwinden Sie, und stören Sie unser Gelage nicht länger!« Dr. O’Hanrahan drückte Pater Keegan zwei Pfundmünzen in die Hand. »Was meinen Sie, Pater? Dogbolter oder Headbanger?«
    »Sie ist noch ein junges Ding, Paddy. Fangen wir mit Headbanger an!« Nachdem Pater Keegan gegangen war, um die Getränke zu holen, wandte sich Lucy an den Rabbi. »Merkt man Ihnen die Wirkung des Alkohols nie an?«
    »Nie«, antwortete Dr. O’Hanrahan für den anderen, »er ist der hebräische Sokrates. Trinkt den ganzen Abend über und wirkt nie betrunken – wird so-gar noch klarer im Kopf. Ich dagegen«, Dr. O’Hanrahan schwankte ein wenig, als er seine blumige Rede mit ausladenden Gesten unterstrich, »werde lebhafter und lästerlicher.« Seine Aussprache war nun ausgesprochen englisch. »Sitz still, Paddy«, befahl Rabbi Hersch und zog ihn zurück auf seinen Stuhl. »Du bist auch so schon lästerlich genug.«
    »Hast deinen Weg durch die St. Bridget’s Passage gefunden, wie?« fragte O’Hanrahan mit lüsterner Betonung. »St. Brigit, Jungfrau von Irland, Morey«, fuhr er fort. »Nie hat ein Mann einen Weg durch ihre Furt gefunden, Gott verdammich.«
    »Himmel, jetzt kommt der irische Akzent dran«, seufzte Rabbi Hersch. »Jetzt gibt’s wirklich bald Ärger.«
    Pater Keegan kam mit einem Pint Headbanger für Lucy. »Auf geht’s, meine Liebe. Vorsicht mit dem Stoff!«
    Lucy nippte aus Höflichkeit und fand den Geschmack ein wenig seifig. Aber eigentlich, sie nippte wieder, eigentlich nicht schlecht. Ich muss das wohl trinken, wirklich, sagte sie sich. Englisches Bier ist hochgeschätzt, auch wenn es warm und widerlich ist. Ich kann Judy schließlich nicht sagen, daß ich in einem malerischen englischen Pub war und nichts getrunken habe, oder?
    »Ja, das gute alte Mulligan’s«, sinnierte Dr. O’Hanrahan. »Sollen wir uns dort treffen, Pater? Vor unserem Spezialauftrag!«
    »Rufen Sie in der Pfarrei an, Paddy, bevor Sie losfahren.« Was für ein Spezialauftrag? dachte Lucy und erinnerte sich an den ihren. In einer anderen Ecke des Hofs johlte ein Trupp junger Männer in Ruderkla motten . Einer aus der Mannschaft entblößte eben seinen Hintern, bevor er sinnlos betrunken zu Boden fiel.
    »Herrlich, in England zu sein!« rief Dr. O’Hanrahan aus. Auf dem Weg zur Toilette stolperte einer der schmächtigeren Ruderer gegen eine Wand und kotzte alles voll.
    »Ah, in England zu sein!« wiederholte Dr. O’Hanrahan. »Jetzt gibst du eine Runde aus, Lucy, liebe Lucy, die Tochter, die ich nie hatte! Cordelia meines Lear, Ruth meiner Naomi!«
    Zum erstenmal an diesem Abend ließ der Rabbi ein Kichern hören. Pater Keegan verbiss sich das Lachen, als Dr. O’Hanrahan schmetterte: »Hol uns noch drei vom selben, o meine Tochter, prangende Blume meines Samens …«
    Lucy, die

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