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Der dreizehnte Apostel

Der dreizehnte Apostel

Titel: Der dreizehnte Apostel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wilton Barnhardt
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Irrweg betreten? Sollte ich bei meinen Nachforschungen erfahren, daß die Auferstehung des Meisters, die wir Nazaräer behaupten, nur eine Propagandalüge ist, berechnet, die Bewegung am Leben zu erhalten? Welche Verantwortung war mir da plötzlich zugefallen! Hier endlich, nun da ich alt und eigentlich zu nichts mehr nutze war, hatte mir der Allerhöchste die Aufgabe gestellt: zu erfahren, was kein anderer Nazaräer wusste und kein Jünger genau hätte sagen können, nämlich, was sich wirklich zugetragen in den Tagen nach der Hinrichtung des Meisters. Natürlich lag mir daran, Waswasahs Erzählung für ein jeder Tatsachenbasis entbehrendes Gerücht zu halten oder vielmehr für eine jener gezielten Verleumdungen, die in Umlauf gesetzt werden, in der Absicht, den Meister und Seine Bewegung zu diskreditieren … Aber was, wenn etwas dran war?
     
    41.
    Ach, Tesmegan, du hättest mich sehen sollen, während jener letzten Tage in Alexandrien! Ich wirbelte wie ein junger Mann, sage ich dir, wie in glückliche alte Zeiten zurückversetzt fühlte ich mich, mit längst vergessenem Eifer strömte mir von neuem das Blut durch die Adern – ach, mir war, als wäre ich selbst von den Toten auferstanden! Plötzlich sah ich, daß die Länder am oberen Nil nicht nur bestenfalls die Enttäuschung der Erwartung, enttäuscht zu werden, versprachen. Konnte ich nicht hoffen, dort auch noch den einen oder anderen Jünger anzutreffen?
     
    Matthäus, der vor Jahrzehnten am Nil missioniert hatte, mochte schließlich in Elephantine noch leben. Und von Philippus hieß es, er sei in Faijum. Ich spielte sogar mit dem Gedanken, das berühmte Kloster der Maria Magdalena aufzusuchen (obwohl ich ja mit nazaräischen Frauen und ihrem Eigensinn nie viel hatte anfangen können).
     
    42.
    Doch diese größte und letzte Reise trat ich nicht oh-ne Furcht und Bangen an.
     
    Ich versuchte mir vorzustellen, was ich empfände, wenn ich in der Tat den Leichnam des Meisters im Besitz des Sklaven (oder freigelassenen) Benjamin fände. Wäre ich nach dieser Entdeckung noch imstande, die Frohe Botschaft zu verkünden? Vielleicht würde ich um des vielen Guten willen, das die wohltätigen Einrichtungen der Nazaräer wirken, die ernüchternde Entdeckung für mich behalten. (Tesmegan, mein getreuer Schreiber, lächelt, denn er kennt die Antwort und weiß, wa s ich hier in Meroë gefunden ha be.)
     
    43.
    Und eine noch schlimmere Furcht quälte mich … Gott konnte mir nach Seinem Willen jeden möglichen Lebensweg vorschreiben, aber mir graute bei dem Gedanken, vielleicht eines Tages nach Jerusalem zurückkehren zu müssen, um dort Nazaräern und Pharisäern von meinen guten oder schlimmen Entdeckungen zu berichten! Mein Gott, alles, nur das nicht ! Denn ach, Heilige Sophia, Ge segnete Weisheit, im Laufe all der vergangenen leidvollen Jahre hat sich gezeigt, daß Ruhm und Frieden allenfalls auf einem Wege zu erlangen sind, der fort von Jerusalem führt, fort von diesem Wohnort aller Verfluchten und Verdammten! Ach, Jerusalem, Herd der Feindschaft und des Krieges, Quelle des Übels, zerstört, wie vom Meister prophezeit. Ich will nur hoffen, daß du nicht eines Tages mitsamt deinen Fanatikern und Unruhestiftern, Eiferern und Heuchlern aus der Asche auferstehst. Der gütige Gott und Herr des Weltalls kann das unmöglich wollen!
     
     
    JERUSALEM
     
    »I n weniger als dreißig Jahren ha ben die Israelis ein modernes Land g eschaffen – Türklinken und An geln, sanitäre Anlagen, elektrische Artikel, Kammermusik, Flugzeuge, Teetassen. Israel ist sowohl ein Ka sernenstaat als auch eine kultivierte Gesellschaft, sowohl Sparta wie Athen. Es versucht, alles zu tun, alles zu verstehen, für alles vorzusorgen. Alle Reserven, alle Fähigkeiten sind angespannt. Unablässiges Nachdenken über die Weltla ge geht einher mit den Verteidi gungsmaßnahmen. Diese Menschen sind jeder für sich aktiv beteiligt an der Weltgeschichte. Ich beg reife nicht, wie sie das aushal ten.«
    SAUL BELLOW, To Jerusalem and Back, 1976
    »Wunder sind unter meinem Stuhl, wenn ich mich danach bücke.«
    Rabbi ELEAZAR zugeschrieben
    »Hier in dieser Wagenladung, ich, Eva, mit meinem Sohn Abel. Wenn ihr meinen Ältesten seht, Kain, Adams Sohn, sagt ihm, daß ich«
    »Mit Bleistift geschrieben in einem plombierten Güterwagen«,
    DAN PAGIS, Ausgewählte Gedichte, 1972
    Ein Chassid fragte den Seher von Lublin: »Zu den Worten der Mischna Der Mensch soll Gott für das Übel danken und ihn lobpreisen se

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