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Der dreizehnte Apostel

Der dreizehnte Apostel

Titel: Der dreizehnte Apostel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wilton Barnhardt
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Westen den Fremden als gefährlich ansieht und meidet, anstatt ihn nach muslimischer Art im Haus willkommen zu heißen und ihm Geschenke zu machen. O’Hanrahan erinnerte sich daran, wie er in der Türkei, nahe der Grenze zur Sowjetunion, armenische Kirchen besucht hatte: Hotels brauchte es dort nicht, weil die Ortsansässigen Reisende in ihre Häuser einluden und verköstigten. Als O’Hanrahan einmal unabsichtlich eine Familie beleidigte, weil er versuchte, ihr Geld anzubieten, versicherte man ihm bei Allah, es werde alles ausgeglichen, denn einmal würden sie nach Amerika kommen, wo ihnen diese Gastfreundschaft sicher ebenfalls erwiesen würde. Wenn sie bloß wüssten !
    »Denn der Prophet, Friede sei mit ihm«, redete al-Taki weitschweifig drauflos und gestikulierte ausdrucksvoll mit den Händen, »versichert uns, daß Allah höchst großzügig gegenüber seinen Dienern ist, und wieviel mehr gegenüber einem Gelehrten …« Schließlich kam al-Taki zu seinem Vorschlag: »Wir wollen Sie als Professor an der Universität in Teheran, mein gelehrter Freund«, sagte er lächelnd. »Sie werden jede Befugnis haben, die christliche Schrift zu lehren, vorausgesetzt, Sie widerlegen nicht den Heiligen Koran. Sie werden ein Haus haben und Diener. Das Leben ist sehr billig im Iran …«
    Ja, aber nicht auf die Art, wie er meint, dachte O’Hanrahan. » … und es ist keine Übertreibung, wenn ich sage, Sie werden leben wie ein König, wie ein Pascha.« Mohammed Baqir al-Taki sah bescheiden lächelnd auf seine Tasse. »Sogar eine Frau können wir für Sie finden, wenn Sie eine haben wollen. Viele junge Frauen wären glücklich, einen so überragenden Gatten zu haben.« Eine junge Frau? Hatte er richtig gehört?
    Vor seinem geistigen Auge sah er ein Augenpaar unter einem Schleier vor sich, von dem er einmal in Bagdad einen Blick erhascht hatte, als alle Wunder und Geheimnisse des Orients auf ihn einstürmten. »Eine Frau, sagten Sie?« stammelte O’Hanrahan.
    »Aber ja, natürlich. Eine Jungfrau, ich versichere es Ihnen!« Auf dieser Welt, nun, da er schon am Ende seines Lebens angelangt war, da der Abgrund sich vor ihm auftat, noch einmal eine Frau zu haben – nein, sagte er sich, eine Jungfrau, eine junge Frau, ein Mädchen! Wie ist der glatte junge Schenkel in Tausendundeine Nacht beschrieben? Ja, die Farbe einer aufgeschnittenen Mandel. Wir werden Nardenduft abbrennen und nackt in seinem blauen Hexenzauber liegen!
    (Das wurde für einen Jungen in der Vorpubertät geschrieben, Patrick.)
    Oh, die Grausamkeit, einem alten Mann, der gerade den Beschluss gefasst hatte, seinen Frieden zu fin den und diese Gedanken zu begraben, ein solches Phantasiebild vorzuhalten! Ha, warum bei einer Frau aufhören? Warum nicht drei oder vier? Erwachet, meine Kinder, und füllt den Becher, bevor der Wein des Lebens in seinem Krug verraucht! »Mein Farsi ist ein wenig eingerostet«, sagte O’Hanrahan zerstreut. »Es wird viel Englisch gesprochen, und die Texte sind in Arabisch.« Ja, persisches Arabisch, also eine ganz andere Chose. »Und das ist Ihr Handel? Eine Stelle und ein reiches Leben als Pascha gegen das Matthäusevangelium ? Warum ist es so wichtig für Sie?«
    »Weil es sicherlich die Wahrheit der Aussagen des Korans hinsichtlich des Isa Mesih, Jesus Christus, begründen wird, nicht wahr? Und wenn Sie es der Welt präsentieren, wird man uns endlich glauben. Es wird kein geringer Erfolg für den Iran bei seinen muslimischen Brüdern sein, wenn wir den Anstoß zur Vereinigung der christlichen Völker mit den muslimischen unter den wunderbaren Lehren des Propheten Mohammed geben, Friede sei mit ihm.«
    »Friede sei mit ihm.«
    Al-Taki sah erfreut aus, weil er unterschätzt worden war. »Aber da ist noch mehr. Einen Mann wie Sie könnten wir nicht nur mit armseligen Versprechungen wie einer Frau verlocken …«
    Das will ich wetten, dachte O’Hanrahan, der schon dabei war, eine ganze Phantasie auszuspinnen: seine fleckige, alte Hand au f ihrem Unterleib, die natürli che Schamhaftigkeit des orientalischen Mädchens, wenn die Schleier gelüftet und ihre verletzlichen Brüste dem Gatten dargeboten werden und sie Allah anruft, sie des Augenblicks würdig zu machen! »Ja, eine Stelle, ein Leben als Pascha, wie Sie sagen, aber noch mehr, viel mehr! Wir haben auch noch ein Evangelium für Sie. Eines, das Ihre Gelehrten Q nennen, glaube ich.«
    O’Hanrahan war erneut überwältigt.
    Das Dattelgebäck fiel aus seiner Hand, und der Hund sprang

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