Der dritte Kontinent (Artesian 3) (German Edition)
erst nach ihrer Flucht und Landung auf Artesian wirklich kennengelernt. Als Raumschiffgeborene einer Söldnerarmee hatte sie zwar auf noch engerem Raum leben müssen, als die Menschen hier oder Hockster im kleinen Dorf Tarnagg, aber die Söldner waren eine große Familie, Gerüchte hatten meist nur eine geringe Lebensdauer, Animositäten wurden offen angesprochen und ausgeräumt, wenn nötig auch in körperlichen Auseinandersetzungen ausgetragen, denn schon während des nächsten Kampfeinsatzes musste man einander wieder vertrauen.
Der Überfall an diesem Morgen hatte ihr wieder einmal deutlich gezeigt, wie sehr sie die Sicherheit der Independence vermisste. Auf Artesian lief man ständig Gefahr, aus jedweder Himmelsrichtung angesprungen und niedergeschlagen zu werden.
Sie trat auf die Straße und schlug den Weg zum Laserbird ein.
Am Dorfrand verstellte ihr ein Bogenschütze den Weg.
„Guten Morgen, Frau DeVille“, grüßte er freundlich. „Außerhalb von Lindenbrunn kann ich Euch aber nicht beschützen.“
Madigan war einen Schritt zurückgetreten und suchte das Feld hinter dem Fremden nach weiteren Gegnern ab. Dann sah sie ihn irritiert an. Mit Freundlichkeit hatte sie nicht gerechnet, schon gar nicht mit Galanterie.
„Entschuldige, bitte“, sagte der Fremde jetzt, „mein Le ..., mein Gefährte ... also der Böttcher, hat mich gebeten, auf Euch und den kleinen Mann aufzupassen, damit sich der Vorfall von heute Morgen nicht wiederholt.“
Madigan schüttelte den Kopf. „Ich kenne keinen Böttcher.“
„Sein Name ist Tallis Lomen. Ich bin Arigan. Alep Elders hat uns um diese Gefälligkeit gebeten. Wir stehen in seiner Schuld, daher ...“ Arigan zuckte die Schultern und lächelte verschmitzt.
„Ich komme zurecht“, sagte Madigan vorsichtig.
„Natürlich. Ihr seid die Auserwählte.“ Arigan trat zur Seite und verbeugte sich schwungvoll. „Einen schönen Tag, Frau DeVille, und, wenn ich das sagen darf, Ihr seht sehr hübsch aus.“
„Du darfst und danke.“ Madigan ging leichtfüßig an ihm vorbei, lächelte und schlug den Weg zum nahegelegenen Wald ein.
Noch immer beschwingt von der unerwarteten Begegnung erreichte sie die Lichtung und näherte sich arglos dem Laserbird, als sie angegriffen wurde. Ein großer, brauner Körper flog heran, riss sie um und im nächsten Moment drückte ein Chetekke ihr die Kehle zu. Sie wehrte sich, trieb ihre Fäuste in das hässliche Gesicht über ihr, aber der Angreifer grinste nur höhnisch. Schließlich erlahmten ihre Kräfte und sie gab nach. Der Chetekke zog einen Dolch und schlug ihr den Knauf an die Schläfe. Madigan verlor das Bewusstsein. Der Krieger packte sie und schleifte sie zum Laserbird.
Ein weiterer Chetekke, ein Adept Zyrcs, trat zwischen den Bäumen hervor und kniete neben Madigan nieder. Er packte ihren linken Arm und zog den Handschuh herunter. Die goldene Prothese kam zum Vorschein. Der Krieger, der Madigans anderen Arm kontrollierte, schnaufte überrascht, als er das satte Funkeln sah.
Der Adept untersuchte die Prothese, drückte wahllos auf den erhabenen Flächen und bunten Lichtern herum, bis eine klangvolle männliche Stimme ertönte: „Was kann ich für Sie tun?“
„Öffne Tür!“, verlangte der Adept, „oder deine Herrin tot!“
Double-T justierte die Außenkamera und stellte eine Verbindung zum Schiffscomputer der Independence her. ADA empfing den Notruf und schaltete augenblicklich die Söldner Tira, Doc Telure, Dice Tarquill und Wilma Deluson ins Kom-Netz ein. Die Geschehnisse vor dem Laserbird wurden ohne nennenswerte Verzögerung an die Independence übertragen und dort auf dem Überwachungsschirm in der Kommandozentrale ausgegeben. Eilig kamen die angefunkten Söldner dort zusammen und folgten angespannt den Geschehnissen im Wald von Artesian.
„Kennwort!“, verlangte Double-T.
„Öffne Tür!“, knurrte der Adept.
„Inkorrekt!“
Der Adept gab dem Krieger ein Zeichen. Der setzte die Dolchspitze an Madigans Kehle. Eine kleine Bewegung und scharfer Stahl schlitzte helle Haut. Rotes Blut floss in einem dünnen Rinnsal über Madigans Hals.
„Du siehst? Ich weiß, du siehst! Ich weiß nicht, wie, aber du siehst! Öffne Tür!“
Als nichts geschah, nickte der Adept. Der Chetekke, der seinen Anführer nicht aus den Augen gelassen hatte, beugte sich ein weiteres Mal zu Madigan herab.
„Tu, was er sagt, Double-T!“, rief Tira auf der Independence. ADA übermittelte die Botschaft augenblicklich.
Bevor der zweite
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