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Der dritte Schimpanse

Der dritte Schimpanse

Titel: Der dritte Schimpanse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jared Diamond
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Erbanlagen von Wert sein konnten, sofern es nur schwer war, sie zu finden und ihren Besitz zu verteidigen.
    Dieses Konzept läßt sich unschwer auf den Menschen übertragen. Oft genug sieht man in der Werbung, wie ein gutaussehender Mann einer jungen, sichtlich gebär­fähigen Frau einen Diamantring schenkt. Diamanten kann man nicht essen, aber die Frau weiß, daß ein sol­cher Ring als Geschenk viel mehr über den Wohlstand aussagt, über den ihr Verehrer gebietet (und den er viel­leicht ihr und ihrem Nachwuchs widmen würde), als ein Kasten Pralinen. Sicher, Pralinen enthalten nützliche Kalorien, aber sie sind schnell alle, und jeder Depp kann sich einen Kasten davon leisten. Dagegen hat der Mann, der einen Diamantring kaufen kann, Geld, um für die Frau und ihre Kinder zu sorgen, und er hat außerdem die Gene (für Intelligenz, Ausdauer, Energie usw.), deren es bedurfte, um dieses Geld zu verdienen oder jedenfalls seinen Besitz zu wahren.
    Im Zuge der Evolution der Laubenvögel haben die we­niger prachtvoll ausgestatteten Männchen also die Auf­merksamkeit der Weibchen von festen Bestandteilen ih­res Körpers weg und auf künstlich zusammengetragene Verzierungen gelenkt. Während die sexuelle Selektion bei den meisten Arten Unterschiede zwischen Männ­chen und Weibchen in der Körperdekoration hervorge­bracht hat, entschied sie sich bei den Laubenvögeln da­für, männliche Ornamente getrennt vom Körper in den Mittelpunkt zu rücken. So gesehen haben die Laubenvö-gel durchaus etwas Menschliches. Denn auch wir wer­ben selten um eine Frau (jedenfalls nicht gleich am An­fang), indem wir die Schönheit unserer nackten, un­geschmückten Körper zur Schau stellen. Statt dessen hüllen wir uns in bunte Kleidung, besprühen oder be­schmieren uns mit Parfüm, Farbe oder Puder und stei­gern unsere Schönheit mit allem möglichen Schmuck­werk, von Juwelen bis hin zu Sportwagen. Womöglich ist die Parallele zwischen Laubenvögeln und Menschen sogar noch enger : Einige meiner Bekannten, die sich mit solchen Dingen auskennen, versicherten mir, daß sich die weniger tollen Jünglinge oft besonders schicke Sportwagen zulegen.
    Nun wollen wir uns, im Licht des über die Laubenvö-gel Gesagten, noch einmal mit den drei Kriterien, die angeblich die Kunst des Menschen von allen tierischen Aktivitäten unterscheiden, befassen. Die jeweiligen Lau­benstile sind ebenso wie unsere Kunststile erlernt und nicht angeboren, so daß kein Unterschied im Hinblick auf das dritte Kriterium besteht. Beim zweiten Kriteri­um, dem rein ästhetischen Genuß, ist eine Antwort un­möglich. Schließlich können wir Laubenvögel nicht da­nach fragen, ob ihnen ihre Kunst Genuß bereitet. Ich hege allerdings auch den Verdacht, daß viele Menschen, die das für sich bejahen, ein bißchen heucheln. Bleibt also nur das erste Kriterium : Oscar Wildes Bemerkung, Kunst sei im engen biologischen Sinne unnütz. Für die Kunst der Laubenvögel mit ihrer sexuellen Funktion trifft dies eindeutig nicht zu. Aber es ist auch absurd, so zu tun, als entbehre die Kunst des Menschen jeder bio­logischen Funktion. Vielmehr ist sie uns auf verschiede­ne Weise im Daseinskampfund bei der Weitergabe un­serer Gene nützlich.
    Zum einen bringen Kunstwerke ihrem Besitzer oft di­rekten sexuellen Nutzen. Es ist ja nicht bloß ein Witz, daß manche Männer, die eine Frau verführen wollen, sie zum »gemeinsamen Aquarell-Anschauen« zu sich nach Hause einladen. Tanz, Musik und Poesie bilden oft den Auftakt zu sexuellen Begegnungen.
    Zum anderen, und das ist viel wichtiger, sind Kunst­werke ihrem Besitzer indirekt von Nutzen. Kunst ist ein sofortiger Statusanzeiger und öffnet den Weg zu Nah­rungsquellen, Land und Sexualpartnern – in mensch­lichen nicht anders als in tierischen Gesellschaften. In der Tat gebührt den Laubenvögeln das Verdienst, ent­deckt zu haben, daß Ornamente außerhalb des eigenen Körpers flexiblere Statussymbole darstellen als solche, die man sich erst wachsen lassen muß. Aber es war der Mensch, der dieses Prinzip so recht zur Entfaltung brach­te. Cro-Magnons dekorierten ihre Körper mit Armrei­fen, Anhängern und Ocker. Dorfbewohner in Neugui­nea schmücken sich noch heute mit Muscheln, Pelz und Federn von Paradiesvögeln. Neben diesen Kunstformen zur Selbstverzierung produzierten Cro-Magnons eben­so wie Neuguineer auch größere Kunstwerke (Schnitze­reien und Gemälde) von Weltrang. In Neuguinea, das wissen wir, signalisiert

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