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Der dritte Schimpanse

Der dritte Schimpanse

Titel: Der dritte Schimpanse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jared Diamond
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Kunst Überlegenheit und Wohl­stand, da Paradiesvögel schwer zu erlegen sind, die An­fertigung schöner Figuren Talent erfordert und sowohl Federn als auch Figuren sehr teuer sind, wenn man sie kauft. Für jede Eheschließung sind diese Statussymbo­le in Neuguinea eine Grundvoraussetzung: Bräute wer­den gekauft, und ein Teil des Brautpreises wird in Form kostbarer Kunstgegenstände entrichtet. Auch anderswo gilt Kunst oft als Zeichen von Talent, Geld oder beidem.
    In einer Welt, in der Kunst in Sex umgemünzt wird, ist es kein weiter Schritt zu ihrer Verwandlung auch in Nahrung. Ganze Gesellschaften lebten von der Anferti­gung von Kunstgegenständen, die sie für Lebensmittel eintauschten. So bestanden die Siasi-Insulaner, die win­zige Eilande ohne ausreichenden Platz für Gemüsean­bau bewohnten, den Kampf ums Überleben auf ihre Weise, nämlich, indem sie kostbare Schalen schnitzten, die anderen Stämmen gefielen und als Brautpreis gegen Lebensmittel eingetauscht wurden.
    Die gleichen Prinzipien haben in der modernen Welt noch mehr an Geltung gewonnen. Wo wir unseren Sta­tus einst mit Federn im Haar oder einer Riesenvenus­muschel in der Hütte demonstrierten, tun wir das glei­che nun mit Diamanten am Körper oder einem Picasso an der Wand. Verkauften die Siasi-Insulaner geschnitzte Schalen für den Gegenwert von 20 Dollar, so baute sich Richard Strauss mit den Einnahmen aus seiner Oper Sa­lome ein schönes Haus und verdiente mit dem Rosenka­valier ein Vermögen. Man liest heute immer öft er von Kunstwerken, die auf Auktionen für zig Millionen Dol­lar den Besitzer wechseln, und natürlich von Kunstraub. Kurzum, Kunst läßt sich gerade wegen ihrer Funktion als Signal für gute Gene und Wohlstand in noch mehr Gene und Wohlstand ummünzen.
    Bislang habe ich meinen Blick nur auf den Nutzen der Kunst für den einzelnen gerichtet, aber sie wirkt dar-über hinaus identitätstiftend für Gruppen. Menschen haben sich stets zu rivalisierenden Gruppen zusammen­geschlossen, deren Bestand die Voraussetzung dafür war, daß sich ihre Mitglieder fortpflanzen konnten. Die Geschichte der Menschheit besteht weitgehend daraus, wie sich Gruppen gegenseitig umbrachten, in die Sklave­rei zwangen oder vertrieben. Der Siegreiche nahm dem Unterlegenen das Land, manchmal auch die Frauen und damit die Gelegenheit zur Verbreitung seiner Gene. Der Gruppenzusammenhalt hing auch von einer eigenen Kultur ab – besonders der Sprache, Religion und Kunst (wozu auch Legenden und Tänze zählen). Deshalb spiel­te die Kunst eine wichtige Rolle für das Überleben der Gruppe. Denn selbst jemand, der bessere Gene hat als die meisten seiner Stammesgenossen, hat nichts davon, wenn der ganze Stamm von einem anderen ins Jenseits geschickt wird, und er mit ihm.
    Vielleicht finden Sie, ich sei mit der Nützlichkeit der Kunst ein Stück zu weit gegangen. Was ist denn mit all denen, mögen Sie fragen, die sich an Kunstwerken einfach nur erfreuen, ganz ohne Hintergedanken an Status oder Sex ? Und was ist mit all den Künstlern, die in sexu­eller Enthaltsamkeit leben ? Gibt es wirklich keine ein­fachere Möglichkeit, jemanden zu verführen, als zehn Jahre Klavierunterricht zu nehmen? Ist die persönliche Erbauung nicht ein (der ?) Hauptgrund für unsere Kunst, gerade so wie bei Siri und Congo ?
    Ja, sicher. Diese Ausdehnung von Verhaltensweisen über die ursprüngliche Funktion hinaus ist typisch für Tierarten, deren Effizienz bei der Futtersuche ihnen viel Freizeit läßt und die ihre Existenzprobleme im Griff ha­ben. Laubenvögel und Paradiesvögel haben viel Freizeit, weil sie groß sind und sich von wilden Obstbäumen er­nähren, aus denen sie kleinere Vögel verscheuchen kön­nen. Wir Menschen haben viel Freizeit, weil wir uns zur Nahrungsbeschaffung diverser Geräte bedienen. Tie­re können ihre Freizeit dazu nutzen, sich verschwen­derische Symbole für den Konkurrenzkampf mit Art­genossen zuzulegen. Solche Verhaltensweisen können dann für andere Zwecke umfunktioniert werden, bei­spielsweise zur Informationsvermittlung (eine mögliche Funktion der Cro-Magnon-Höhlenbilder mit Tiermo­tiven), als Mittel gegen Langeweile (ein echtes Problem von Zooaffen und -elefanten), zur Kanalisierung neuro­tischer Energie (ein Problem für sie wie für uns) oder nur zum Vergnügen. Auf der Nützlichkeit der Kunst zu beharren heißt nicht, ihr den genußstiftenden Charak­ter abzusprechen. Im Gegenteil : Wären wir nicht darauf

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