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Der dritte Schimpanse

Der dritte Schimpanse

Titel: Der dritte Schimpanse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jared Diamond
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Inguschen, Kal­mücken und Karatschaier.
    Rassische und religiöse Verfolgungen bilden die letz­te Kategorie von Motiven. Ich behaupte zwar nicht, ein Kenner der Mentalität des Nationalsozialismus zu sein, vermute aber, daß die Ausrottung der Zigeuner durch die Nazis aus relativ »reiner« rassischer Motivation er­folgte, während bei der Judenvernichtung zu den religi-ösen und rassischen Motiven auch die Suche nach Sün­denböcken kam. Die Liste religiös motivierter Massaker ist fast endlos. Beispiele sind das Blutbad an der gesam­ten moslemischen und jüdischen Bevölkerung Jerusa­lems während des Ersten Kreuzzuges, als die Stadt 1099 endlich fiel, und das von französischen Katholiken in der Bartholomäusnacht im Jahre 1572 an den Hugenot­ten verübte Massaker. Rassische und religiöse Motive waren natürlich auch oft im Spiel, wenn Genozid durch den Kampf um Land oder Macht provoziert wurde oder dadurch, daß eine Minderheit als Sündenbock angese­hen wurde.
    Selbst unter Berücksichtigung all dieser Meinungsver­schiedenheiten über Definitionen und Motive bleiben noch genügend Fälle von Genozid übrig. Wir wollen nun untersuchen, wann in der Geschichte unserer Spe­zies oder davor dieses Phänomen seinen Anfang nahm.
    Stimmt es, wie so oft behauptet, daß der Mensch das einzige Tier ist, das Angehörige der eigenen Art tötet ? Der berühmte Biologe Konrad Lorenz zum Beispiel schrieb in seinem Buch Zur Naturgeschichte der Aggres­sion , die aggressiven Triebe von Tieren würden durch instinktive Hemmungen so weit in Schach gehalten, daß es nicht zur Tötung von Artgenossen komme. Im Lau­fe der menschlichen Geschichte sei dieses Gleichgewicht jedoch durch die Erfindung von Waffen zerstört wor­den, so daß unsere genetisch festgelegten Hemmungen nicht mehr ausgereicht hätten, um die neu erworbene Tötungskapazität einzudämmen. Diese Auffassung vom Menschen als einzigartigem Mörder und Außenseiter der Evolution machten sich auch Arthur Koestler und viele andere bekannte Schriftsteller zu eigen.
    Doch Untersuchungen haben in den letzten Jahrzehn­ten ergeben, daß die Tötung von Artgenossen bei vielen, wenn auch natürlich nicht bei allen Tierarten vorkommt. Die Massakrierung eines Nachbarindividuums oder ei­ner Nachbarhorde mag für ein Tier vorteilhaft sein, wenn es auf diese Weise Territorium, Nahrung oder Weibchen in seinen Besitz bringen kann. Doch Überfälle bergen auch für den Angreifer Gefahr. Vielen Tierarten man­gelt es an den physischen Voraussetzungen zum Töten von Artgenossen, und von denen, die darüber verfügen, machen nicht alle Gebrauch davon. Es mag geschmack­los erscheinen, eine Kosten-Nutzen-Analyse des Mor­dens vorzunehmen. Doch gerade sie kann uns verste­hen helfen, warum dieses Verhalten offenbar nur für be­stimmte Tierarten charakteristisch ist.
    Bei Arten, deren Mitglieder als Einzelgänger leben, handelt es sich notwendigerweise um die Tötung eines Individuums durch ein anderes. Bei gesellig lebenden Fleischfressern wie Löwen, Wölfen, Hyänen oder Amei­sen hingegen kann Mord die Form koordinierter Über­fälle einer Gruppe auf Mitglieder einer anderen haben – also von Massenmorden bzw. »Kriegen«. Die Form der Kriegführung unterscheidet sich von Art zu Art. Manchmal schonen Männchen das Leben der Weib­chen der Nachbargruppe und paaren sich mit ihnen, tö-ten die Jungen und verjagen (Languren) oder töten (Lö-wen) die Männchen, oder es werden sowohl Männchen als auch Weibchen getötet (Wölfe). Als Beispiel soll uns zunächst Hans Kruuks Bericht über einen Kampf zwi­schen zwei Hyänenrudeln im Ngorongoro-Krater von Tansania dienen:
    »Rund ein Dutzend der Scratching-Rock-Hyänen schnappten sich jedoch eines der Mungi-Männchen und bissen es überall, wo sie nur konnten – vor allem in den Bauch, die Füße und die Ohren. Das Opfer war völ­lig bedeckt von den Angreifern, die es etwa zehn Minu­ten lang traktierten … Es wurde buchstäblich auseinan­dergerissen, und als ich die Verletzungen später genauer untersuchte, sah es so aus, als seien die Ohren, Füße und Hoden abgebissen, während eine Verletzung der Wir­belsäule eine Lähmung bewirkt hatte. An den Hinter­beinen und am Bauch klafften tiefe Wunden, und über­all waren unter der Haut Blutungen zu erkennen.«
    Von besonderem Interesse für das Verständnis der Wur­zeln unseres genozidalen Verhaltens ist das Verhalten zweier unserer drei nächsten Verwandten, der Goril­las

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