Der dritte Schimpanse
wenn es dazu bereit war.
Unser letzter präziser Datensatz bezieht sich auf Schneegänse in der kanadischen Provinz Manitoba. Wie schon für den Blaureiher erläutert, kommt es auch bei Schneegänsen hauptsächlich auf die Weise zu AEV, daß ein Männchen sich einem anfangs ablehnenden Weibchen aus einem Nachbarnest, dessen Partner gerade ausgeflogen ist, nähert. Der Grund für die Abwesenheit des Männchens ist in der Regel die Suche nach Gelegenheiten, AEV zu treiben. Hier mag der Eindruck entstehen, als würde der Gänserich ebenso viel verlieren wie gewinnen, doch ist er nicht so dumm. Während das Weibchen noch Eier legt, bleibt das Männchen als Bewacher da.
(Ein nistendes Weibchen wird fünfzigmal seltener »angemacht«, wenn sein Paarungspartner zugegen ist.) Erst wenn das Eierlegen abgeschlossen und die Vaterschaft gesichert ist, begibt sich das Männchen auf die Suche nach geeigneten Partnerinnen für AEV.
Diese Vogelstudien zeigen den Vorteil einer wissenschaftlichen Beschäftigung mit dem Thema Ehebruch. Es wurden eine Reihe raffinierter Strategien aufgedeckt, mit denen Männchen versuchen, beides zu erlangen: gesicherte Vaterschaft im eigenen Nest und gleichzeitiges Aussäen ihres Samens in fremden Nestern. Zu den Strategien zählen das Werben um weibliche »Singles« als Absicherung gegen das Verlassenwerden, solange noch Zweifel an der Treue des eigenen Weibchens bestehen; das Bewachen des Weibchens während der Fruchtbarkeitsphasen; reichliches Füttern des Weibchens und häufiges Kopulieren, damit es während der eigenen Abwesenheit treu bleibt; und schließlich das Begehren des Weibchens im Nachbarnest, wenn es fruchtbar ist und das eigene Weibchen nicht mehr. Doch selbst diese eindrucksvollen Beispiele für die Anwendung wissenschaftlicher Methoden genügten nicht, um zu klären, welchen Vorteil Weibchen von AEV haben mögen, sofern überhaupt einen. Eine Antwort wäre, daß Reiher-Weibchen, die sich mit der Absicht tragen, ihren Partner zu verlassen, durch AEV mögliche neue Partner kennenlernen. Denkbar ist auch, daß Möwen-Weibchen ohne Paarungspartner in Kolonien mit Weibchenüberschuß durch VEV befruchtet werden können, um dann die Jungen mit Hilfe eines anderen Weibchens in ähnlicher Lage aufzuziehen.
Der größte Schwachpunkt dieser Studien besteht darin, daß sich die Weibchen oft anscheinend nur widerwillig an AEV beteiligen. Um ein besseres Verständnis einer aktiveren weiblichen Rolle zu gewinnen, bleibt uns deshalb keine andere Wahl, als uns mit Menschen zu beschäftigen, so komplizierte Probleme dabei auch aufgrund kultureller Unterschiede, der Vorurteile von Beobachtern und der zu befürchtenden Unzuverlässigkeit der Antworten auftreten mögen.
Untersuchungen, in denen Männer und Frauen aus verschiedenen Kulturen verglichen werden, fördern meist folgende Unterschiede zutage: Männer haben mehr Interesse an AEV als Frauen; Männer sind stärker an wechselnden Sexualpartnern interessiert als Frauen, und zwar der puren Abwechslung halber ; bei Frauen ist das Motiv für AEV eher Unzufriedenheit in der Ehe und/ oder der Wunsch nach einer neuen dauerhaften Beziehung; Männer zeigen sich beim Eingehen rein sexueller Bekanntschaften weniger wählerisch als Frauen. Bei den Hochlandbewohnern von Neuguinea zum Beispiel erklärten mir die Männer, sie suchten AEV, weil der Sex mit der eigenen Ehefrau (oder sogar mit den eigenen Ehefrauen im Falle polygamer Männer) unweigerlich langweilig werde, während der Grund für Frauen, die AEV suchen, hauptsächlich darin besteht, daß der eigene Ehemann sie sexuell nicht befriedigen kann (zum Beispiel aus Altersgründen). In den von mehreren hundert jungen Amerikanern für eine Computer-Partnervermittlung ausgefüllten Fragebogen drückten die weiblichen Teilnehmer stärkere Partnerpräferenzen aus als die männlichen, und das in fast jeder Hinsicht: Intelligenz, Status, Tanzbereitschaft, Religion, Rasse etc. Die einzige Kategorie, in der sich die Männer wählerischer zeigten, war die körperliche Attraktivität. Nach der ersten Verabredung mußten alle erneut einen Fragebogen ausfüllen, dessen Auswertung ergab, daß sich zweieinhalbmal so viele Männer wie Frauen in ihren computervermittelten Partner verliebt hatten. Das zeigt, daß die Frauen wählerischer auf mögliche Partner reagierten als die Männer.
Wir befinden uns offenbar auf schwankendem Boden, wenn wir ehrliche
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