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Der dritte Schimpanse

Der dritte Schimpanse

Titel: Der dritte Schimpanse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jared Diamond
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unser Paarungsverhalten, das ja im Idealfall auf dauerhaften Zweierbeziehungen be­ruht, eine Erfindung des Menschen. Zwergschimpansen führen uns das Gegenteil sexueller Selektivität vor Au­gen : Weibchen paaren sich der Reihe nach mit zahlrei­chen Männchen, und zudem kommt es häufig zu sexu­ellen Handlungen zwischen Weibchen sowie zwischen Männchen. Gewöhnliche Schimpansen sind nicht ganz so promiskuitiv – Beziehungen können schon mal ein paar Tage dauern –, doch nach menschlichen Maßstä-ben müssen sie allemal als promiskuitiv gelten. Im Ge­gensatz dazu sind wir sexuell viel wählerischer, da das Aufziehen eines Kindes ohne Mitwirkung des Vaters eine sehr schwere Aufgabe ist (wenigstens für Jäger und Sammler) und weil Sexualität zu einem Bestandteil des Zusammenhalts wird, durch den sich Elternpaare von anderen Männern und Frauen ihrer näheren Umge­bung unterscheiden. Eigentlich ist die Partnerwahl we­niger eine menschliche Erfindung als die Wiedererfin­dung einer Praxis vieler anderer (nominell) monogamer Tiere mit dauerhaften Paarbeziehungen, die bei unseren schimpansenähnlichen Vorfahren verlorenging. Zu die­sen wählerischen Tieren zählen viele Vogelarten sowie unser entfernter Verwandter unter den Menschenaffen,
    der Gibbon.
    In Kapitel 4 sahen wir, daß die Idealform menschli­cher Gesellschaften, bestehend aus lauter monogamen Paaren, mit einem nicht geringen Maß an außereheli­chem Sex koexistieren muß. Auch das letztere Verhalten beinhaltet die Wahl von Sexualpartnern, wobei ehebre­chende Frauen in der Regel wählerischer sind als ehe­brechende Männer. Die Wahl von Gatten und Sexual­partnern ist somit ein weiteres wichtiges Element des Menschseins, das nicht minder eng mit unserem Auf­stieg vom Schimpansenstatus verbunden ist als die so ausführlich beschriebene Veränderung des Beckenkno­chens. Im nächsten Kapitel werden wir erfahren, daß unser wählerisches Verhalten im Sexualbereich viel­leicht ausschlaggebend war für die Entstehung der mei­sten äußerlichen Unterschiede zwischen heute lebenden Menschengruppen. Das bedeutet, daß die meisten der Unterschiede im Aussehen, die wir als rassische Merk­male wahrnehmen, möglicherweise als Nebenprodukt der Schönheitsmaßstäbe entstanden, die wir unserer se­xuellen Partnerwahl zugrunde legen.
    Abgesehen von theoretischem Interesse ist die Frage un­serer Partnerwahl von großem persönlichen Gewicht. Sie beschäftigt die meisten Menschen während eines großen Teils ihres Lebens. Wer noch ungebunden ist, verbringt täglich Stunden mit Träumereien darüber, mit wem er wohl eine Beziehung oder Ehe eingehen könnte. Noch interessanter wird es, wenn wir den Geschmack unter­schiedlicher Angehöriger derselben Kultur vergleichen. Denken Sie einmal an die Männer bzw. Frauen, die Sie sexuell attraktiv finden. Wenn Sie ein Mann sind, mögen Sie dann beispielsweise lieber Blondinen oder Brünette, flachbrüstige oder dralle Frauen, groß- oder kleinäugige ? Und wenn Sie eine Frau sind, gefallen Ihnen bärtige Män­ner besser oder glattrasierte, große oder kleine, Lächeln­de oder finster dreinblickende ? Es dürfte Ihnen jedenfalls nicht einerlei sein, und bestimmt fühlen Sie sich nur von bestimmten Typen angezogen. Fast jeder von uns kennt jemanden, der sich nach einer Scheidung als neuen Ehe­partner ein genaues Abbild des ersten suchte. Ein Kolle­ge von mir probierte es mit einer ganzen Reihe schlan­ker, braunhaariger, rundgesichtiger Freundinnen, bis er schließlich die eine fand, mit der er sich verstand und die ihn heiratete. Wie Ihr persönlicher Geschmack auch sein mag, Sie haben sicher schon bemerkt, daß manche Ihrer Freunde ihn ganz und gar nicht teilen.
    Das Idealbild, dem jeder von uns nachstrebt, ist ein Beispiel für ein »Suchbild« (ein geistiges Bild, mit dem wir Objekte und Personen in unserer Umgebung ver­gleichen, um etwas rasch zu erkennen, zum Beispiel eine Perrier-Flasche zwischen all den anderen Sorten Mine­ralwasser im Supermarkt oder das eigene Kind inmitten all der anderen auf dem Spielplatz). Auf welche Weise entwickelt sich das individuelle Partner-Suchbild? Hal­ten wir Ausschau nach jemandem mit vertrautem, uns ähnelndem Aussehen, oder begeistert uns eher das Exo­tische? Würden die meisten europäischen Männer wirk­lich eine Polynesierin heiraten, wenn sie die Gelegenheit dazu hätten? Suchen wir jemanden, der uns ergänzt, so daß unsere Bedürfnisse ganz erfüllt werden?

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