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Der Dritte Zwilling.

Der Dritte Zwilling.

Titel: Der Dritte Zwilling. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follett
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teils mit Tinte, teils mit Schreibmaschine. Es waren ohne Zweifel Krankenblätter.
    Es konnte nur einen Grund geben, weshalb so viele Säcke ausgerechnet heute auf die Müllhalde gebracht werden sollten!
    Die Klinik hatte ihre alten Unterlagen erst heute morgen vernichtet – nur Stunden nachdem sie angerufen hatte.
    Sie ließ die Streifen auf den Boden fallen und ging. Einer der Müllmänner brüllte sie wütend an, aber sie achtete nicht auf ihn.
    Jetzt gab es keinen Zweifel mehr.
    Vor Dick Minsky blieb sie mit den Händen an den Hüften stehen. Er hatte sie belogen, deshalb war er ein nervöses Wrack. »Sie haben hier ein schändliches Geheimnis, nicht wahr?« schrie sie ihn an. »Etwas, das Sie durch die Vernichtung dieser Unterlagen zu verbergen suchen?«
    Seine Angst war unübersehbar. »Natürlich nicht«, gelang es ihm herauszuquetschen. »Ihre Unterstellung ist eine Beleidigung.«
    »Natürlich, das soll sie auch sein.« Ihr Temperament ging mit ihr durch. Sie richtete die zusammengerollte Genetico-Broschüre auf ihn, die sie immer noch in der Hand hielt. »Aber diese Untersuchung ist sehr wichtig für mich und Sie dürfen mir glauben, daß jeder, der mich darüber belügt , mich kennenlernen wird, und zwar gründlicher, als ihm lieb ist!«
    »Bitte, gehen Sie!« stieß er hervor.
    Der Wachmann faßte sie am linken Ellbogen.
    »Ich gehe. Sie brauchen mich nicht zu stützen.«
    Er ließ sie nicht los. »Kommen Sie bitte.«
    Er war ein Mann mittleren Alters mit grauem Haar und Faßbauch. In ihrer gegenwärtigen Verfassung hatte Jeannie nicht vor, sich von ihm herum dirigieren zu lassen. Mit der Rechten faßte sie den Arm, mit dem er sie hielt. Sein Bizeps war weich. »Lassen Sie bitte los«, warnte sie und drückte. Ihre Hände waren kräftig und ihr Griff fester als der der meisten Männer. Der Wachmann versuchte ihren Ellbogen weiter hin festzuhalten, doch der Schmerz wurde zu viel für ihn, und er ließ sie nach wenigen Sekunden los.
    »Danke«, sagte sie und ging weiter.
    Jetzt fühlte sie sich ein wenig besser. Sie hatte recht gehabt mit ihrer Annahme, daß die Klinik etwas mit der Sache zu tun hatte. Ihre Bemühungen, sie davon abzuhalten, etwas herauszufinden, war die bestmögliche Bestätigung, daß man hier ein brisantes Geheimnis zu verbergen hatte.
    Die Lösung des Rätsels hing mit dieser Klinik zusammen. Aber wohin führte sie diese Erkenntnis?
    Sie kehrte zu ihrem Wagen zurück, stieg jedoch nicht ein. Es war vierzehn Uhr dreißig, und sie hatte noch nicht einmal gefrühstückt. Sie war zu aufgeregt, viel zu essen, aber sie brauchte eine Tasse Kaffee. Auf der anderen Straßenseite war ein Cafe, das sauber aussah und vermutlich nicht zu teuer war. Sie überquerte die Straße und trat ein.
    Ihre Drohung gegenüber Dick Minsky war nur leeres Gerede gewesen. Es gab nichts, womit sie ihm schaden könnte. Mit ihrem Wutanfall hatte sie nichts erreicht, im Gegenteil, sie hatte sich in die Karten sehen lassen und klargemacht, daß sie wußte, daß man sie belog. Jetzt waren sie auf der Hut. Im Cafe saßen nur ein paar Studenten, die leere Teller vor sich hatten. Sie bestellte Kaffee und eine kleine Salatplatte.
    Während sie wartete, schlug sie die Broschüre aus dem Foyer der Klinik auf. Sie las:
    Die Aventine-Klinik wurde 1972 von Genetico, Inc., gegründet, als eines der ersten Forschungs-und Entwicklungszentren für menschliche ln-vitro-Konzeption - die Erschaffung von »Retortenbabys«, wie die Zeitungen es nannten.
    Und plötzlich war alles klar.

Kapitel 33

    Jane Edelsborough war Witwe, Anfang Fünfzig, eine stattliche, aber etwas unordentlich wirkende Frau, die gern lockere weite Dritte-Welt-Kleidung und Sandalen trug. Sie hatte einen bemerkenswerten IQ, was man jedoch ihrem Habitus nach nicht vermutete. Berrington fand solche Leute befremdlich. Wenn man klug ist, dachte er, warum sich dann als Idiot verkleiden? Aber die Hochschulen waren voll von solchen Personen - tatsächlich war er mit seiner gepflegten Erscheinung eher eine Ausnahme.
    Heute sah er besonders elegant aus in seiner marineblauen Leinenjacke mit passender Weste und einer feinen Pepitahose. Er begutachtete sich im Spiegel hinter der Tür, ehe er sein Büro verließ, um Jane aufzusuchen.
    Er begab sich zum Gebäude der Studentenschaft. Institutsmitglieder aßen dort selten - Berrington hatte das Haus nie auch nur betreten -, aber Jane nahm da ihren etwas späten Lunch zu sich, wie er von der geschwätzigen Sekretärin der

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