Der Dritte Zwilling.
angelogen, dachte sie. Die Hoffnung auf eine Lösung des Rätsels entschwand wieder in weite Ferne. Sie war zutiefst enttäuscht und deprimiert.
Er drehte den Schirm so, daß sie ihn sehen konnte. »Habe ich die Namen richtig?« vergewisserte er sich.
»Ja.«
»Wann, glauben Sie, waren diese Frauen Patientinnen unserer Klinik?«
»Vor ungefähr dreiundzwanzig Jahren.«
Er blickte sie an. »O je.« Sein Tic war noch auffälliger. »Ich fürchte, dann haben Sie die Reise umsonst auf sich genommen.«
»Wieso?«
»Aus mancherlei Gründen bewahren wir Krankenkarteien nicht so lange auf.«
Jeannie blickte ihn durchdringend an. »Sie werfen die alten Karteien weg?«
»Wir geben sie nach zwanzig Jahren in den Reißwolf, außer der Patient hielt sich zu einem späteren Zeitpunkt erneut zu einer Behandlung in der Klinik auf, dann wird sein Krankenblatt in den Computer eingegeben.«
Ihr war nicht nur fast übel vor Enttäuschung, sie hatte auch noch kostbare Stunden vergeudet, die sie brauchte, ihre Verteidigung für morgen vorzubereiten.
»Wie seltsam, daß Mr. Ringwood mich nicht darauf aufmerksam machte, als ich gestern abend mit ihm telefonierte.«
»Das hätte er wirklich tun müssen. Vielleicht erwähnten Sie das Jahr nicht, in dem die Karteien angelegt worden waren.«
»Ich bin ganz sicher, daß ich ihm sagte, die beiden Frauen seien vor dreiundzwanzig Jahren hier behandelt worden.« Jeannie erinnerte sich, daß sie ein Jahr zu Steves Alter hinzugefügt hatte, um den richtigen Zeitpunkt hinzukriegen. »Dann verstehe ich es nicht.«
Jeannie mußte sich eingestehen, daß sie unbewußt mit einer solchen Wendung der Sache gerechnet hatte. Dick Minsky mit seiner übertriebenen Freundlichkeit und dem nervösen Blinzeln war die Karikatur eines Mannes mit einem schlechten Gewissen.
Er drehte den Monitor in seine ursprüngliche Stellung zurück. Scheinbar bedauernd sagte er: »Ich fürchte, mehr kann ich für Sie nicht tun.«
»Könnten wir mit Mr. Ringwood reden und ihn fragen, weshalb er mir nicht gesagt hat, daß die Krankenblätter vernichtet wurden?«
»Peter ist leider nicht im Dienst. Er hat sich heute Morgen krank gemeldet.«
»Welch bemerkenswerter Zufall!«
Er bemühte sich, beleidigt zu scheinen, aber das Ergebnis war eine Parodie. »Sie wollen damit doch nicht andeuten, daß wir Ihnen etwas verheimlichen.«
»Warum sollte ich das annehmen?«
»Ich habe keine Ahnung.« Er stand auf. »Ich fürchte, meine Zeit ist bemessen.«
Jeannie erhob sich und ging zur Tür. Er folgte ihr die Treppe hinunter zum Foyer.
»GutenTag«, sagte er steif. »Auf Wiedersehen.«
Draußen vor der Tür zögerte sie. Sie hatte gute Lust, sich mit jemandem anzulegen, etwas Provokatives zu tun, ihnen zu zeigen, daß sie sich nicht völlig manipulieren ließ. Sie beschloß, ein wenig herumzuschnüffeln.
Der Parkplatz stand voll von Wagen der Ärzte - neueste Cadillacs und BMWs.
Sie schlenderte um eine Seite des Gebäudes herum. Ein Schwarzer mit einem weißen Bart säuberte die Wege. Hier gab es nichts Bemerkenswertes, ja nicht einmal Interessantes. Als sie schließlich vor einer hohen Backsteinmauer stand, kehrte sie wieder um.
Durch die gläserne Flügeltür zum Foyer sah sie Dick Minsky mit dem freundlichen Mädchen von der Anmeldung reden. Er beobachtete Jeannie besorgt, als sie vorbeiging.
Als Jeannie nun in der anderen Richtung um das Haus herum schlenderte, sah sie drei Männer mit dicken Handschuhen Müll auf einen Lastwagen laden. Ich benehme mich lächerlich, schalt sich Jeannie. Wie ein Detektiv in einem Kriminalroman. Sie wollte gerade wieder umkehren, als ihr etwas Seltsames auffiel. Die Männer hoben riesige braune Plastiksäcke, als wären sie sehr leicht.
Was würde eine Klinik in den Müll werfen, das sperrig aber leicht war?
In schmälste Streifen geschnittenes Papier aus dem Reißwolf? Sie hörte Dick Minskys Stimme. Sie klang ängstlich. »Würden Sie jetzt bitte unser Grundstück verlassen, Dr. Ferrami?«
Sie drehte sich um. Er bog um die Hausecke, begleitet von einem Uniformierten, ein Wachmann zweifellos. Sie schritt rasch zu einem Stapel Säcken. »He!« brüllte Dick Minsky.
Die Müllmänner starrten sie an, aber sie ignorierte sie. Sie riß ein Loch in einen Sack, griff hinein und zog eine Handvoll des Inhalts heraus.
Sie hielt ein ganzes Büschel schmale, bräunliche Streifen dünnen Aktenkartons.
Als sie die Streifen näher betrachtete, konnte sie sehen, daß sie beschriftet waren,
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