Der Dritte Zwilling.
immer noch an. Er blickte zurück, tief in ihre dunklen Augen. Das könnte ich ewig machen, dachte er.
Da beugte sie sich vor und hauchte ihm einen Kuß auf die Lippen. »Steve, Sie sind goldrichtig.«
Obwohl es nur ein flüchtiger Hauch von Kuß gewesen war, stand Steve danach wie unter Strom. Er fühlte sich großartig. Er wußte nicht so recht, was genau sie mit goldrichtig gemeint hatte, aber es bedeutete sicher etwas Positives.
Er würde beweisen müssen, daß ihr Vertrauen in ihn gerechtfertigt war. Jetzt begann er sich Gedanken über das Hearing zu machen. »Haben Sie eine Ahnung von den Regeln des Anhörungsverfahrens?«
Sie griff in ihre Segeltuchaktentasche und reichte ihm einen Ordner aus festem Karton.
Er überflog den Inhalt. Die Regeln waren eine Mischung aus Hochschultradition und juristischem Jargon. Zu Vergehen, aufgrund derer Mitglieder des Lehrkörpers entlassen werden konnten, gehörten Blasphemie und Sodomie, doch das Jeannie vorgeworfene war traditionell: Schimpf und Schande über die Universität zu bringen.
Das Disziplinarkomitee hatte allerdings nicht das letzte Wort: es mußte seine Empfehlung dem Senat, dem Entscheidungsgremium der Universität, vorlegen.
Es war gut, das zu wissen. Falls Jeannie morgen verlor, konnten sie sich an den Senat als Berufungsinstanz wenden. »Haben Sie eine Kopie Ihres Vertrags?« fragte Steve.
»Natürlich.« Jeannie ging zu einem kleinen Schreibtisch in der Ecke und öffnete eine Schublade. »Hier.«
Steve las ihn rasch durch. In Paragraph 12 erklärte sie sich einverstanden, die Verbindlichkeit von Entscheidungen des Universitätssenats anzuerkennen. Da wäre es schwierig, wenn sie Berufung gegen das Senatsurteil einlegen wollte.
Er kehrte zu den Bestimmungen des Disziplinarkomitees zurück. »Hier steht, daß Sie den Vorsitzenden vor der Anhörung informieren müssen, wenn Sie sich von einem Anwalt oder einer anderen Person vertreten lassen wollen.«
»Ich werde Jack Budgen sofort anrufen. Es ist jetzt zwanzig Uhr - er dürfte zu Hause sein.« Sie hob den Hörer ab.
»Warten Sie!« rief Steve. »Überlegen wir erst, wie das Gespräch aussehen soll.«
»Sie haben ja so recht. Sie denken strategisch, ich nicht.«
Steve freute sich. Der erste Rat, den er als ihr Anwalt gegeben hatte, war gut. »Dieser Mann hält Ihr weiteres Geschick in der Hand. Was können Sie mir über ihn sagen?«
»Er ist der Chefbibliothekar und mein Tennispartner.«
»Der Mann, gegen den Sie am Sonntag gespielt haben?«
»Ja. Er ist mehr Administrator als Akademiker. Ein taktisch guter Spieler, aber ich würde sagen, er hatte nie den Killerinstinkt, sich im Tennis an die Spitze zu spielen.«
»Okay, dann hat er also ein quasi konkurrierendes Verhältnis zu Ihnen?«
»Vielleicht könnte man es so nennen.«
»Also, welchen Eindruck wollen wir ihm vermitteln?« Er zählte an den Fingern ab. »Eins: Wir wollen energisch wirken und siegessicher. Sie können die Anhörung kaum erwarten. Sie sind unschuldig und
froh über die Gelegenheit, es zu beweisen, und Sie sind überzeugt, daß das Komitee unter Budgens weiser Führung die Wahrheit erkennen wird.«
»Okay.«
»Zwei: Sie sind die zuunrecht Beschuldigte. Sie sind ein schwaches, hilfloses Mädchen …«
»Machen Sie Spaß? Das glaubt kein Mensch!« Er grinste. »Gut, streichen wir das. Sie sind noch nicht lange Institutsmitglied und haben es nun mit zwei gerissenen, langjährigen Universitätsdozenten in Spitzenpositionen zu tun, die es gewöhnt sind, daß in der JFU alles nach ihrer Pfeife tanzt. Ja, Sie können sich nicht einmal einen richtigen Anwalt leisten. Ist Budgen Jude?«
»Keine Ahnung.
Möglicherweise.«
»Ich hoffe es. Angehörige von Minoritäten stellen sich eher gegen das Establishment. Drei: Die Geschichte, weshalb Berrington Sie diskreditiert, muß zur Sprache kommen., Es ist eine schockierende Story, aber sie muß erzählt werden.«
»Wie kann mir das helfen?«
»Es macht darauf aufmerksam, daß Berrington möglicherweise etwas zu verbergen hat.«
»Gut. Sonst noch was?«
»Ich glaube nicht.«
Jeannie wählte die Nummer und reichte ihm den Hörer. Steve fühlte sich doch ein wenig unsicher. Das war der erste Anruf, den er je als jemandes Verteidiger tätigte. Bitte, lieber Gott, laß mich nichts verkehrt machen!
Während er dem Freizeichen lauschte, versuchte er sich zu entsinnen, wie Jack Budgen Tennis gespielt hatte. Steve hatte sich verständlicherweise auf Jeannie
konzentriert,
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