Der Dritte Zwilling.
heraus, schalteten das Licht aus, schlössen die Tür und betraten den nächsten Raum: das Laboratorium.
Sie würden bestimmt mindestens ein bis zwei Minuten brauchen, bis sie es durchsucht hatten. Konnte sie sich indessen daran vorbeistehlen und die Treppe erreichen?
Jeannie trat hinaus auf den Korridor und schloß mit zittriger Hand ihre Bürotür.
Sie schritt den Flur entlang und mußte ihre ganze Willenskraft auf bringen, nicht zu rennen.
Als sie an der Labortür vorbeikam, konnte sie der Versuchung nicht widerstehen, rasch einen Blick hineinzuwerfen. Beide Wachmänner hatten ihr den Rücken zugewandt. Einer schaute in einen Wandschrank und der andere starrte interessiert auf eine Reihe DNS-Test-Filme auf einem Lichtkasten. Sie bemerkten sie nicht.
Nur noch wenige Meter bis zum rettenden Ausgang!
Sie ging weiter zum Ende des Korridors und öffnete die Flügeltür.
Plötzlich erklang eine Stimme: »He! Sie! Bleiben Sie stehen!«
Obwohl alles in ihr danach schrie loszulaufen, ließ sie die Tür wieder zuschwingen, drehte sich um und lächelte.
Zwei Wachleute kamen den Korridor entlang auf sie zugelaufen. Beide waren Männer Ende Fünfzig, höchstwahrscheinlich Polizisten im Ruhestand.
Ihre Kehle war wie zugeschnürt, und sie hatte Schwierigkeiten zu atmen. »Guten Abend, Gentlemen. Wie kann ich Ihnen behilflich sein?« Der Lärm der Alarmanlage übertönte das Zittern ihrer Stimme.
»Im Gebäude wurde Alarm ausgelöst«, sagte einer der Wachleute.
Als ob das nicht jeder hörte! Aber sie überging es. »Meinen Sie, daß jemand eingebrochen ist?«
»Könnte schon sein. Haben Sie was Ungewöhnliches gehört, Professor?«
Die Wachmänner hielten sie also für ein Institutsmitglied. Das war gut. »Ja, ich glaube, ich habe Glas zerbrechen hören. Ein Stockwerk über unserem, wie es schien. Sicher bin ich mir allerdings nicht.«
Die beiden Wachleute blickten einander an. »Wir werden nachsehen«, sagte der eine.
Der andere war weniger leicht abzulenken. »Darf ich fragen, was Sie in Ihrer Tasche haben?«
»Papiere.«
»Das ist wohl offensichtlich. Darf ich sie sehen?« Jeannie hatte nicht vor, sie irgendjemandem auch nur in die Hand zu geben. Sie tat, als wäre sie dazu bereit, überlegte es sich jedoch im letzten Moment anders. »Sicher«, sagte sie und zog sie aus ihrer Jackentasche. Dann faltete sie sie zusammen und schob sie wieder hinein. »Nein, lieber nicht«, murmelte sie. »Sie sind absolut vertraulich.«
»Ich muß darauf bestehen. Bei unserer Ausbildung wurden wir dar auf hingewiesen, daß Papiere ebenso wertvoll sein können wie anderes. Besonders in einem Institut wie diesem.«
»Ich habe nicht vor, Sie meine private Korrespondenz lesen zu lassen, nur weil in einem Hochschulgebäude die Alarmsirene heult.«
»In diesem Fall muß ich Sie bitten, mit mir zu unserem Chef mitzukommen.«
»Na gut«, erklärte sie sich scheinbar einverstanden, »dann treffen wir uns draußen.« Sie ging rasch rückwärts durch die Flügeltür und rannte leichtfüßig die Treppe hinunter.
Die Wachmänner rannten hinter ihr her. »Warten Sie!« Sie ließ sich in der Eingangshalle von ihnen einholen. Einer nahm ihren Arm, während der andere die Tür öffnete. Sie traten hinaus. »Sie brauchen mich nicht festzuhalten!« wehrte sie ab. »Es ist mir aber lieber.« Er keuchte von der Anstrengung, die es ihn gekostet hatte, sie die Treppe hinunter zu verfolgen.
Das hatte sie vor kurzem schon einmal erlebt. Sie faßte das Gelenk der Hand, die sie hielt und drückte fest. »Au!« heulte der Wachmann auf und ließ los. Jeannie rannte.
»He! Luder, stehenbleiben!« Wieder hetzten sie ihr nach. Sie hatten keine Chance. Sie war fündundzwanzig Jahre jünger und so fit wie ein Rennpferd. Je größer der Abstand zwischen ihnen wurde, desto geringer ihre Angst. Lachend sauste sie dahin wie der Wind. Sie verfolgten sie noch ein paar Meter, dann gaben sie auf. Jeannie blickte über die Schulter und sah die beiden keuchend und vorn übergebeugt dastehen.
Ihr Vater wartete neben dem Wagen. Sie schloß ihn auf, und beide stiegen ein.
Ohne Licht fuhr sie los.
»Es tut mir leid, Jeannie«, entschuldigte Daddy sich. »Ich dachte, wenn ich es schon nicht für mich tun kann, könnte ich es wenigstens für dich. Aber es ist sinnlos. Ich kann es nicht mehr. Ich kann nie wie der einbrechen.«
»Gut zu hören! Und ich habe, was ich wollte!«
»Ich wünschte, ich könnt’ dir ein guter Vater sein. Aber es ist wohl zu spät, jetzt
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