Der Dritte Zwilling.
werden Sie mal nicht frech!« erwiderte die Schwarze lächelnd. »Ich bin kein Mädchen!«
»Ich bin einundsiebzig - und Sie können kein Jahr älter sein als fünfundvierzig.«
»Ich bin neunundfünfzig, da fall’ ich auf so’n Quatsch nicht mehr herein.«
Er nahm ihren Arm, führte sie galant aus dem Zimmer und sagte dabei: »Hey, ich bin gleich fertig mit diesen Herrschaften. Darf ich Sie vielleicht zu einer kleinen Spritztour in meiner Limousine einladen?«
»In die vollgekotzte Kiste?« kicherte sie. »Das kommt überhaupt nicht in Frage!«
»Ich könnte sie ja reinigen lassen.«
»Ich habe einen Ehemann, der zu Hause auf mich wartet, und wenn der hören würde, was Sie hier von sich geben, dann war’ die Kotze auf Ihrer Motorhaube noch das Harmloseste, Mister Limo.«
»O weh, o weh!« Mr. Oliver hob abwehrend die Hände. »Ich habe Ihnen doch nichts antun wollen.« Er spielte den Ängstlichen, kam mit dem Rücken voran wieder ins Zimmer und schloß die Tür.
Jeannie fiel in einen Sessel. »Allmächtiger! Wir haben’s geschafft!« sagte sie.
Kapitel 60
Kaum war Steve mit dem Essen fertig, stand er auf und sagte: »Ich muß in die Falle.« Er wollte sich so schnell wie möglich auf Harveys Zimmer zurückziehen.
Wenn er allein war, konnte er nicht mehr auffliegen.
Der Herrenabend ging zu Ende. Proust trank seinen Scotch aus, und Berrington begleitete die beiden Gäste zu ihren Fahrzeugen.
Für Steve ergab sich dadurch die Chance, Jeannie anzurufen und ihr zu erzählen, was los war. Er schnappte sich das Telefon und rief die Auskunft an. Es dauerte lange, bis sich jemand meldete. Nun macht schon, beeilt euch! Als er endlich drankam, ließ er sich die Nummer des Hotels geben. Zuerst verwählte er sich und landete bei einem Restaurant. Er wählte noch einmal. Jetzt stimmte die Nummer.
»Kann ich bitte mit Dr. Jean Ferrami sprechen?« fragte er.
Als Jeannie »Hallo?« sagte, kam Berrington zurück.
»Hallo, Linda, hier ist Harvey«, sagte er.
»Steve, bist du das?«
»Ja. Du, ich hab’ mich entschlossen, hier bei meinem Vater zu übernachten. Es ist schon ein bißchen spät für die lange Fahrt.«
»Um Gottes willen, Steve, stimmt was nicht?«
»Nur was Geschäftliches, aber das kriege ich schon hin. Hattest du einen netten Tag, Liebling?«
»Wir haben ihn jetzt im Hotelzimmer. Es war nicht leicht, aber wir haben es geschafft. Eisa hat George Dassault ausfindig gemacht. Er hat versprochen, daß er kommen wird. Ihr dürftet also mindestens zu dritt sein.«
»Sehr schön. Ich gehe jetzt ins Bett. Hoffentlich sehen wir uns morgen, Liebling, okay?«
»Ich drück’ dir die Daumen.«
»Ich dir auch. Gute Nacht.«
Berrington zwinkerte ihm zu. »Heißes Häschen?«
»Warm.«
Berrington steckte sich eine Tablette in den Mund und spülte sie mit Scotch herunter. Steves Blick auf die Flasche entging ihm nicht. »Nach all dem brauche ich was zum Einschlafen.«
»Gute Nacht, Dad.«
Berrington legte Steve die Arme um die Schultern. »Gute Nacht, mein Sohn«, sagte er. »Und mach dir keine Gedanken, wir stehen das schon durch.«
Der liebt seinen mißratenen Sprößling tatsächlich, dachte Steve und empfand einen irrationalen Anflug von schlechtem Gewissen, weil er einen liebevollen Vater so skrupellos an der Nase herumführte.
Dann fiel ihm ein, daß er gar nicht wußte, wo sich sein Schlafzimmer befand.
Er verließ das Arbeitszimmer und ging einige Schritte den Gang entlang, der seiner Vermutung nach zu den Schlafräumen führte. Aber welche Tür führte in Harveys Zimmer? Ein Blick zurück verriet ihm, daß Berrington ihn vom Arbeitszimmer aus nicht sehen konnte. Kurz entschlossen öffnete er die nächste Tür, verzweifelt darum bemüht, es möglichst geräuschlos zu tun.
Sie führte in ein voll ausgestattetes Bad mit Dusche und Wanne.
Vorsichtig zog er die Tür wieder zu.
Beim nächsten Versuch erwischte er einen Schrank mit Handtüchern und Bettwäsche.
Er probierte es gegenüber. Ein großes Schlafzimmer mit einem Doppelbett und vielen Schränken präsentierte sich seinem Blick. An einem Türknopf hing ein Nadelstreifenanzug in der Plastikverpackung einer Wäscherei. Nein, einen Nadelstreifenanzug trägt Harvey bestimmt nicht. Er wollte die Tür gerade wieder leise zuziehen, als er zu seinem Schrecken unmittelbar hinter sich Berringtons Stimme hörte. »Brauchst du etwas aus meinem Zimmer?«
Steve zuckte zusammen. Er kam sich ertappt vor. Im ersten Augen blick verschlug es ihm die
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