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Der Dritte Zwilling.

Der Dritte Zwilling.

Titel: Der Dritte Zwilling. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follett
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Wahl hat. Und das wäre verabscheuenswert, jeden anderen Mann, der sich so verhielte, würdest du verachten.
    »Geht es dir besser?« fragte er.
    »Ja …»
    »Dann geh jetzt wieder in dein eigenes Bett.«
    Sie berührte sein Gesicht und küßte ihn sanft auf den Mund. Steve hielt die Lippen fest geschlossen, strich ihr aber freundschaftlich übers Haar.
    Im Halbdunkel starrte sie ihn an. »Du bist nicht ‘arvey«, sagte sie.
    »Nein«, erwiderte er. »Ich bin nicht Harvey.«
    Einen Augenblick später war sie verschwunden - seine Erektion dagegen nicht.
    Warum bin ich nicht wie er? Weil ich anders aufgewachsen bin?
    Zum Teufel, nein!
    Ich hätte sie vögeln können. Ich hätte Harvey sein können. Ich bin nicht Harvey, weil ich nicht so sein wollte wie er. Nicht meine Eltern haben das bestimmt, sondern ich selbst. Ich bin euch dankbar für eure Hilfe, Mom und Dad - aber derjenige, der Marianne in ihr Zimmer zurückgeschickt hat, war ich. Ihr wart es nicht.
    Weder Berrington noch ihr habt aus mir das gemacht, was ich bin.
    Das war ich selbst.

MONTAG

Kapitel 61

    Steve schreckte aus dem Schlaf. Wo bin ich?
    Jemand rüttelte an seiner Schulter, ein Mann in gestreiftem Pyjama. Es war Berrington Jones. Steve war im ersten Augenblick völlig desorientiert, doch dann war ihm alles wieder klar.
    »Zieh dich bitte anständig an für die Pressekonferenz«, sagte Berrington. »Im Schrank hängt ein Hemd, das du vor ein paar Wochen hiergelassen hast. Marianne hat es gewaschen und gebügelt. Und dann komm bitte in mein Zimmer und such dir einen passenden Schlips aus. Ich leihe dir einen.« Er ging.
    Berrington spricht zu seinem Sohn wie mit einem schwierigen, ungehorsamen Kind, dachte Steve beim Aufstehen. Der unausgesprochene Satz »Widersprich mir nicht, sondern tu, was ich dir sage!« schwang in jeder Äußerung mit.
    Andererseits bedeutete dieser kurze und bündige Umgangston eine Erleichterung für Steve. Er konnte sich auf einsilbige Antworten beschränken, bei denen er nicht Gefahr lief, seine Unwissenheit zu verraten.
    Es war acht Uhr morgens. In Unterhosen ging er durch den Flur ins Bad, duschte und rasierte sich mit einem Apparat, den er im Badezimmerschrank fand. Er bewegte sich nur langsam, um das nächste risikobehaftete Gespräch mit Berrington so weit wie möglich hinaus zuzögern.
    Er wickelte sich ein Handtuch um die Hüften und betrat pflichtschuldigst
    Berringtons Schlafzimmer. Berrington war nicht da. Steve öffnete den Schrank.
    Berringtons Krawattensammlung war grandios: gestreifte, gepunktete, gemusterte, alle in schimmernder Seide - und nicht eine einzige, die der neuesten Mode entsprach. Steve suchte sich eine mit breiten horizontalen Streifen aus. Da er außerdem Unter wäsche benötigte, sah er sich auch Berringtons Boxer-Shorts an. Obwohl er viel größer war als Berrington, paßte die Taillenweite. Er entschied sich für eine einfache blaue Hose.
    Nachdem er sich angezogen hatte, nahm er alle Kraft zusammen, um für die nächste Runde seines Täuschungsmanövers gerüstet zu sein. Ein paar Stunden noch, dann war alles vorüber. Es mußte ihm gelingen, Berrington bis einige Minuten nach zwölf Uhr mittags in Sicherheit zu wiegen. Das war der Zeitpunkt, zu dem Jeannie die Pressekonferenz unterbrechen würde.
    Er holte tief Luft und ging hinaus.
    Der Geruch nach brutzelndem Speck wies ihm den Weg zur Küche. Marianne stand am Herd. Mit weit aufgerissenen Augen starrte sie Steve an. Sekundenlang schien ihn Panik zu überwältigen: Wenn Berrington ihre Miene sah, würde er sie vielleicht fragen, ob etwas nicht in Ordnung wäre - und verschreckt, wie das arme Mädchen nun einmal war, würde es ihm wahrscheinlich alles erzählen. Doch Berrington saß vor einem kleinen Fernsehapparat und verfolgte eine CNN-Sendung; außerdem war er ohnehin nicht der Typ, der an den Sorgen anderer Anteil nahm.
    Steve setzte sich an den Tisch, und Marianne schenkte ihm Kaffee und Saft ein.
    Er lächelte sie aufmunternd an, um sie zu beruhigen.
    Berrington bat mit erhobener Hand um Ruhe. Er hätte sich die Geste sparen können, denn Steve war an Smalltalk ohnehin nicht interessiert.
    Der Nachrichtensprecher auf dem Bildschirm berichtete gerade über die Genetico-Übernahme. »Michael Madigan, Vorstandsvorsitzender von Landsmann North America, sagte gestern abend, daß der Offenbarungspflicht Genüge geleistet sei und der Vertrag heute auf einer öffentlichen Pressekonferenz in Baltimore unterzeichnet wird. Im Frühhandel an

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